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Klartext zum aktuellen "Konjunkturblues" und der aufkommenden Deflationsdebatte!

05.07.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2545 (07.45 Uhr), nachdem im europäischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2611 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 87.95. In der Folge notiert EUR-JPY bei 110.35, während EUR-CHF bei 1.3350 oszilliert.

Bevor wir uns auf die Daten stürzen, ist es bezüglich der aktuellen Diskussionen am Finanzmarkt geboten, Stellung zu beziehen. Am Markt wird eine Abgleiten der Weltwirtschaft diskutiert. In der Presse wird Deflation thematisiert.

Der Blick auf die Fakten fällt eindeutig aus. Einkaufsmanagerindices sind in den letzten beiden Monaten im Expansion andeutenden Bereich leicht rückläufig, nachdem sie zuvor 12 Monate lang auf zum Teil extreme Höhen vorschnellten. Läßt sich daraus ein Fall konstruieren, daß die Weltwirtschaft abrupt abkühlt, was der Aktienmarkt und die Rohstoffmärkte in hektischer Manier einzupreisen beginnen, oder handelt es sich um eine Entwicklung, die eine Verstetigung des Aufschwungs ohne Übertreibungen andeutet? Werfen wir einen Blick auf den Frühindikator der OECD (Industrienationen und großen Schwellenländer). Dieser Index bewegt sich auf dem höchsten Niveau seit 25 Jahren. Dieser Indexstand belegt, daß die Diskussion, die hier geführt wird, ansatzweise absurd ist. Das gilt um so mehr, als daß die Lager unverändert knapp bestückt sind und der Investitionsgüterzyklus gerade beginnt, Traktion zu entwickeln, nachdem hier 2 Jahre lang nichts Wesentliches passierte (=historische Anomalie!).

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Kommen wir zum Thema Deflation. Um hier eine Übersicht zu gewinnen, schauen wir auf die Preisentwicklung (CPI) der letzten 12 Monate in Chinas boomender Wirtschaft und in der US-Wirtschaft, die aktuell Schwächesignale trotz massiver Wachstumssubvention von circa 12% (10% öffentliches Defizit und 2% real negativer Zins=Kaufkraft Burn Rate) des BIP aussendet.

China:
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USA:
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Hier ist feststellbar, daß es in den letzten 12 Monaten zu einem deutlichen Preisanstieg gekommen ist, der in den USA über die letzten fünf Monate eine leicht rückläufige Tendenz aufweist.

Um das Bild zu arrondieren, schauen wir auf die Erzeugerpreisindices dieser beiden Länder:

China:
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USA:
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Hier ist das Wechselbad in die Deflation und dann zuletzt zurück in die Inflation noch dramatischer als bei den Verbraucherpreisen. Die beiden dargestellten Charts belegen, daß das Niveau des Preisauftriebs keine akute Debatte über Deflation auch nur in Ansätzen zuläßt!

Sowohl in der Entwicklung der Verbraucher- als auch der Erzeugerpreise ergeben sich in den USA zuletzt leichte Entspannungssignale bei dem Anstieg der Preisinflation im Jahresvergleich. Bezüglich der strukturellen US-Schwächen (Luft aus Blasen lassen hat deflationäres Potential ) ist das auch nicht verwunderlich. Die USA sind die Ausnahme und nicht die Regel in der Weltwirtschaft.

Fakt ist, daß die Schwellenländer mit einem dynamischen Wachstum von 6%-8% circa 50% der Weltwirtschaft ausmachen, 25% der Weltwirtschaft durch stabile Industrie- und Rohstoffländer mit einem Wachstumsclip zwischen 1%-3% definiert sind und die USA weniger als 20% Anteil an der Weltwirtschaft mit aktuell sklerotischem Wachstum haben.

Vor diesem Hintergrund macht es keinen Sinn, sich bezüglich der Inflations-/Deflationsdebatte nach den USA auszurichten, sondern es ist sachlich angemessen sich an dem 50% Anteil mit dynamischem Wachstum als auch 25% Anteil solider Industrienationen zu orientieren! Eine derartige Betrachtung fördert die Inflations- und nicht die Deflationsdebatte!

Wenden wir uns den Veröffentlichungen des letzten Freitags zu:

Die Erzeugerpreise der Eurozone legten per Mai im Monatsvergleich um 0,3% zu. Im Jahresvergleich stellte sich eine Zunahme um 3,1% nach zuvor 2,8% ein. Der Blick auf den Chart verdeutlicht, daß eine Deflationsdebatte vollkommen unangemessen ist. Fakt ist, daß während der letzten 12 Monate ein Preisanstieg von circa 11% (-8% auf +3%) zu verzeichnen war.

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Die Arbeitslosenrate der Eurozone lieferte eine kleine positive Überraschung per Mai. Es kam nicht zu einem vom markt erwarteten Wert von 10,1%, sondern es waren schlußendlich nur 10%. Auch der Vormonatswert wurde von 10,1% auf 10,0% revidiert.

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Die US-Arbeitsmarktdaten per Juni waren auf ersten Blick ambivalent, sie konnten auf zweiten Blick nicht überzeugen.

Die Quote sank unerwartet von 9,7% auf 9,5%. Dahinter verbirgt sich jedoch lediglich die Annahme, daß sich weniger Menschen um Arbeit bemühten (-652.000). Damit sank die Partizipationsrate mit 64,7% auf den niedrigsten Stand seit Januar 2010 (Positive Entwicklung am US-Arbeitsmarkt ab Februar 2010). Mithin steht kein positiver Beschäftigungseffekt für den Rückgang der Quote.

Die Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft sank in den USA per Juni um -125.000. Die Prognose lag bei -110.000.

Die zwischenzeitlich positive Tendenz am US-Arbeitsmarkt läßt sich zu wesentlichen Teilen auf die Volksbefragung zurückführen. Im Berichtsmonat wurden 225.000 Jobs, die im Rahmen der Volksbefragung geschaffen wurden, wieder aufgelöst.

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Der Auftragseingang der US-Industrie enttäuschte per Berichtsmonat mai mit einem nicht erwarteten Rückgang um -1,4%. Erwartet war lediglich ein Minus in Höhe von -0,5%. Der Vormonatswert wurde von +1,2% auf 1,0%.

Losgelöst von diesem Rückgang verdeutlich der Chart, daß im Jahresvergleich immer noch Zuwächse im Dunstkreis von 15% zu verzeichnen sind. Ergo ist dieser erste Rückgang auf Monatsbasis seit August 2009 nicht überzubewerten.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD leicht favorisiert. Ein Überwinden des Widerstands bei 1.2670 - 1.2700 eröffnet erhöhte Aufwärtsdynamik. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2080 - 1.2110 neutralisiert den leicht positiven Bias.


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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