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Licht und Schatten wechseln sich ab - Märkte richtungslos

29.05.2012  |  Eugen Weinberg
"Und täglich grüßt das Murmeltier" würde die aktuelle Nachrichtenlage an den Finanzmärkten gut beschreiben: Die Sorgen um die Schuldenproblematik in der Eurozone - mal sind das die Umfragewerte zu den Wahlen in Griechenland, mal die Bankenprobleme in Spanien, mal die mangelnden Wachstumsperspektiven Italiens - beschäftigen die Märkte seit Jahr und Tag. Kein Wunder also, dass sich der Markt an diese Nachrichten mittlerweile gewöhnt hat und nicht mehr mit starken Rückgängen reagiert. Aber auch wenn viele Risiken wohl bekannt sind, heißt das noch lange nicht, dass diese bereits ausreichend eingepreist sind. Der übergelagerte Trend bleibt abwärts gerichtet, so lange eine klare gemeinsame Strategie und ein Konzept fehlen.


Energie

Die externen Faktoren halten den Ölmarkt weiter fest im Griff. Aus unserer Sicht dürfte der Markt im Vorfeld des OPEC-Treffens, der Gespräche über das Atomprogramm Irans und der Wahlen in Griechenland Mitte Juni eher richtungslos bleiben. Es gibt Risiken sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite, die sich nahezu ausgleichen. Der stärkste Treiber bleibt aber die Angst, weshalb ein erneuter Preisrückgang eher wahrscheinlich ist. Die Anleger haben in der Woche zum 22. Mai die Netto-Long-Positionen bei WTI an der NYMEX auf den niedrigsten Stand seit September 2010 reduziert. Auch die Netto-Longs der Spekulanten bei Brentöl an der ICE gingen zurück. Vor allem kehren die Anleger, die zuvor von steigenden Ölpreisen ausgingen, dem Ölmarkt den Rücken. Die gegenwärtige "Bereinigung" des Marktes ist langfristig positiv anzusehen, wobei der zu erwartende Preisanstieg in der zweiten Jahreshälfte nachhaltiger sein dürfte, weil die Anleger nicht mehr ganz so euphorisch gestimmt sind.

Die Situation bei Erdgas ist das genaue Spiegelbild des Ölmarktes: Hier haben die Anleger ihre Netto-Short-Positionen auf das niedrigste Niveau seit Juni 2011 reduziert, d.h. sie sind nicht mehr so skeptisch bzgl. der Perspektiven von Erdgas gestimmt. Die Höhe der Netto-Shorts mit knapp 60 Tsd. Kontrakten bleibt aber hoch. Wir sehen noch keine Wende am Gasmarkt, denn die Gefahr, dass die US-Lagerkapazitätsgrenzen im Herbst erreicht werden, bleibt hoch.


Edelmetalle

Gold kann sich zwar von seinem Tief Mitte letzter Woche etwas erholen, bleibt jedoch mit knapp 1.580 USD je Feinunze auf einem relativ niedrigen Niveau. Der Preis wird vom anhaltend festen US-Dollar weiter in Schach gehalten. In Anbetracht der jüngsten negativen Nachrichten aus der Eurozone dürfte die US-Währung gegenüber dem Euro weiter aufwerten, was Gold zusetzen sollte. Derzeit belasten die Probleme in Spanien, die offensichtlich größer sind als bislang angenommen. Die Zentralregierung will jetzt mit aller Kraft verhindern, dass eine Regionalregierung oder eine Bank zusammenbricht. Inwiefern Spanien dies jedoch ohne externe Finanzhilfe stemmen kann, ist fraglich.

Zudem ziehen sich die spekulativen Finanzinvestoren weiter aus dem Goldmarkt zurück und üben somit ebenfalls Druck auf den Preis aus. In der Woche zum 22. Mai wurden die Netto-Long-Positionen die dritte Woche in Folge reduziert und befinden sich mit 74,6 Tsd. Kontrakten mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit Dezember 2008. Dass Gold zuletzt allerdings auch durch eine schwache physische Nachfrage belastet wurde, wird durch Aussagen der Bombay Bullion Association deutlich. Denn diese rechnet für Mai in Indien mit Goldimporten im Umfang von nur 50-60 Tonnen, nach 102 Tonnen im Jahr zuvor.


Industriemetalle

Auch feste asiatische Aktienmärkte können den Metallpreisen heute Morgen kaum nennenswerte positive Impulse geben. Die chinesische Regierung erwägt zur Unterstützung der heimischen Wirtschaft die Auflage weiterer Stimulierungsmaßnahmen, was grundsätzlich positiv zu sehen ist, insbesondere für die Metalle. Diese handeln dennoch weiter auf relativ niedrigen Niveaus. Kupfer hat sich zwar von seinem 4½-Monatstief Mitte letzter Woche leicht erholt, bleibt mit rund 7.700 USD je Tonne jedoch weiterhin relativ günstig.

Starker Wind bläst dem roten Metall seitens der spekulativen Finanzinvestoren entgegen. Denn diese haben gemäß CFTC-Statistik in der Woche zum 22. Mai ihre Netto-Long-Positionen die dritte Woche in Folge reduziert - und zwar so stark, dass zum ersten Mal seit 4½ Monaten per saldo wieder Netto-Short-Positionen bestanden. Dies ist vor allem auf eine starke Ausweitung der Short-Positionen zurückzuführen, die mit 34,4 Tsd. Kontrakten den höchsten Wert seit Beginn der Datenreihe Mitte 2006 erreicht haben. Somit waren die spekulativen Finanzinvestoren maßgeblich für den Preisrückgang von Kupfer in den letzten Wochen verantwortlich. Solange sich die Marktstimmung nicht aufhellt, dürften die Metallpreise weiter unter Druck stehen.

In Ermangelung metallspezifischer Fundamentaldaten dürfte sich der Fokus der Marktteilnehmer diese Woche auf Konjunkturdaten aus China und den USA richten, die am Freitag veröffentlicht werden.

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Agrarrohstoffe

Die neuesten CFTC-Daten zeigen, dass ein Meinungsumschwung zu starken Umschichtungen in der Positionierung der spekulativen Finanzanleger geführt hat. In der Berichtswoche zum 22. Mai kehrten die spekulativen Anleger am Weizenmarkt ihre Netto-Short-Position in eine Netto-Long-Position um. Zum ersten Mal seit September letzten Jahres setzen sie also wieder mehrheitlich auf einen Preisanstieg. Mit ihrer Positionsumkehr von 55,4 Tsd. Kontrakten netto-short in eine Netto-Long-Position von 3,9 Tsd. Kontrakten dürften die Anleger nicht unwesentlich zum massiven Preisanstieg von 18% bei Weizen zwischen dem 14. und 21. Mai beigetragen haben. Ausgelöst wurde der Stimmungsumschwung durch dauernde Abwärtsrevisionen der Pflanzenqualität in wichtigen US-Anbaugebieten und Bedenken wegen möglicher Auswirkungen von Trockenheit auch in verschiedenen anderen Teilen der Welt.

Unterstützt wurde die skeptischere Einschätzung inzwischen vom International Grains Council, das seine Ernteerwartung für 2012/13 um 5 Mio. Tonnen nach unten korrigierte. Allerdings konnte der Weizenpreis in Chicago das Niveau von über 700 US-Cents je Scheffel nicht halten und hat inzwischen wieder auf 678 US-Cents nachgegeben. Dabei reagiert der Markt sensibel auf gegensätzliche Meldungen wie Frostgefahren im Norden der US Plains und Kanada sowie verstärkte Nachfrage nach US-Weizen bei abebbendem Angebot aus der Schwarzmeerregion (preissteigernd) bzw. Regenfälle in Südrussland und Australien (preissenkend).




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