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Euro teilweise freundlich, mindestens aber stabil!

07.07.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2595 (07.45 Uhr), nachdem im US-Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2661 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 87.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 110.15, während EUR-CHF bei 1.3375 oszilliert.

Der Euro tendiert derzeit freundlich bis stabil, ohne nachhaltiges frisches Momentum zu entwickeln.

Es wird immer deutlicher, daß sich eine markante Divergenz zwischen den starken europäischen Ländern und den USA ergibt.

Die US-Konjunktur hängt weiter an der vollen Dosis der Konjunkturbelebung (circa 12% Input via 10% Budgetdefizit und 2% real negativem Zins = Kaufkraft Burn Rate) und schwächt sich in der positiven Dynamik trotz dieser Maßnahmen sogar wieder deutlicher ab.

Daran wird offenbar, daß die USA eben nicht primär mit zyklischen, sondern vielmehr mit strukturellen Problemen belastet sind.

Strukturell verändert sich jedoch in den USA so gut wie gar nichts (z. B. in den Problemfeldern der Leistungsbilanz, Budgetdefizit, Finanzlage der Bundesstaaten, Komposition der Volkswirtschaft) ganz im Gegenteil zu der Eurozone, wo schwache Strukturen nachhaltig adressiert werden, um nachhaltige Zukunftsfähigkeit zu generieren (siehe aktuelle Daten zu Griechenland).

Die sich deutlich abzeichnende Schwäche der US-Konjunktur verunsichert derzeit die Finanzmärkte. Rezessions- und Deflationsängste kursieren in der Folge. Hier gilt es, inne zu halten und den aktuellen Status einer realistischen Betrachtung zuzuführen:
  • Die USA sind nicht mehr die Konjunkturlokomotive der Weltwirtschaft. Das wurde in der Erholung per 2009 deutlich. Diese Rolle fällt China und den Schwellenländern zu. Die USA stellen einen der letzten Waggons des Konjunkturzugs. US-Daten entsprechend hohe Indikatorbedeutung zuzumessen, ist sachlich unangemessen und damit mehr als ambitioniert.

  • Die Schwellenländer stellen circa 50% der Weltwirtschaft mit einem Wachstumsclip zwischen 6% - 8% pro Jahr bei einer ausgeprägten Unabhängigkeit vom westlichen Finanzsystem (1. Motor der Weltwirtschaft).

  • 25% der Weltwirtschaft sind durch starke Industrienationen (Kanada, Australien, Deutschland, Skandinavien …) mit einem Wachstumsclip zwischen 1,5% - 3% definiert (2. Motor der Weltwirtschaft).

  • Die US-Konjunktur nimmt über ihr produzierendes Gewerbe (Anteil circa 10% des BIP) an dem globalen Aufschwung teil. Die Binnenwirtschaft hinkt in den USA hinterher (1. Beiboot der Weltwirtschaft).

  • Übrigens 3% der Weltwirtschaft werden derzeit in Europa neu konfiguriert, um verläßliche Wachstumspartner von morgen zu sein.

  • Chinas leichte Konjunkturabkühlung ist für die Weltwirtschaft das Beste, das passieren kann. Bei einem Wachstumsclip von zuletzt circa 12% des BIP bestünden Überhitzungsgefahren bei Beibehalten dieses Tempos, die regelmäßig in Krisen münden. Die sich aktuell abzeichnende Abkühlung in Richtung 10% Wachstum des BIP entschärft dieses Überhitzungsrisiko und sollte nicht ansatzweise als Indikator einer nachhaltigen Trendwende der Weltwirtschaft interpretiert werden, sondern setzt die Voraussetzung für ein vermindertes Krisenrisiko in einer wesentlichen Keimzelle der Weltwirtschaft.

Dieser kleine Datenpotpourri sollte ausreichen, die von den USA und China angeblich ausgehenden Rezessionsängste für die Weltwirtschaft im Kern zu entkräften. Gleiches gilt für die aufkeimenden Deflationsängste wankelmütiger Finanzmarktteilnehmer.

Bleiben wir bei dem Thema US-Binnenwirtschaft. Schauen wir auf den folgenden Chart vom "Contrary Investor" bezüglich der Investitionen in die US-Wohnungsbauwirtschaft.

Im ersten Quartal 2010 ergab sich das niedrigste Investitionsniveau in der Aufzeichnung dieser Datenreihe. Diese Situation ist schlicht weg und ergreifend prekär, mehr nicht, weniger auch nicht. Diese Datenreihe belegt, daß dieses Modul Wohnungswirtschaft in den USA auf absehbare Zeit ein massiver Belastungsfaktor bleiben wird, der in die Bereiche des privaten Konsums hineinwirkt (70% des US-BIP). Aus derartigen Umständen oder Facetten der US-Wirtschaft Attraktivität des USD abzuleiten, überlassen wir anderen Protagonisten der Finanzanalyse.

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Wenden wir uns dem ISM-Index für den Dienstleistungssektor per Juni zu. Hier stellte sich ein unerwarteter Rückgang von zuvor 55,4 auf 53,8 Punkte ein. Die Prognose lag bei 55,0 Zählern. Bevor wir uns weiter mit diesen Daten beschäftigen, ist es wesentlich festzustellen, daß damit auch im Juni im Dienstleistungssektor solider Zuwachs auf der Agenda stand. Mit rezessiven Tendenzen haben diese Daten nichts zu tun! Lediglich die Dynamik des Wachstums fällt geringer aus!

Die Subindices spiegelten den Rückgang des Index. Der Index der Geschäftsaktivität sank von 61,1 auf 58,1 Punkte. Der Auftragsindex verlor von 57,1 auf 54,4 Zähler. Der Beschäftigungsindex sank von 50,4 auf 49,7 Punkte.

Der Blick auf den langfristigen Chart verdeutlicht, daß das aktuelle Niveau nicht als kritisch interpretiert werden kann.

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Der Blick auf den kurzfristigen Chart der letzten zwei Jahre belegt den fulminanten Anstieg des Index von Tiefpunkten bei 37 Zählern auf in der Spitze 55,4 Punkte.

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Aus dem aktuellen Rückgang Munition für globale Rezessionsängste herbeizuzaubern, überlassen wir anderen Teilnehmern am Finanzmarkt.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD leicht favorisiert. Ein Überwinden des Widerstands bei 1.2670 - 1.2700 eröffnet erhöhte Aufwärtsdynamik. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2080 - 1.2110 neutralisiert den leicht positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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