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Wohin treibt die Finanzkrise?

19.07.2010  |  Prof. Dr. Eberhard Hamer
- Seite 3 -
1. Marktwirtschaftliche Lösungen
  • Sind Banken überschuldet oder haben sie unsolide oder faule Papiere, so müssten sie nach Marktgesetzen abwerten abschreiben, ausbuchen, notfalls Insolvenz anmelden. In diesen Fällen bleibt der Schaden vor allem bei den Eigentümern der Banken, darüber hinaus aber auch bei ihren Gläubigern dieser Banken.

    Genau dies war der Grund, weshalb in der Bankenkrise die internationalen Großbanken nicht marktwirtschaftlich abgewickelt werden durften: Die dahinterstehenden Eigentümer (Hochfinanz) wollten die Verluste nicht tragen, hatten aber andererseits über die von ihr gesteuerten Regierungen so große politische Macht, dass sie in der Lage waren, eine Lösung nicht zu eigenen Lasten, sondern zu fremden Lasten durchzusetzen.

    Allerdings ist die Sanierung der internationalen Spekulationsbanken noch nicht vorbei. Wir haben etwa noch die Hälfte ihrer Giftmüllprodukte zu entsorgen bzw. in Badbanks geparkt, so dass sie unter Marktgesetzen auch im nächsten Jahrzehnt erheblichen Abschreibungsbedarf - also Verluste - hätten.

  • Wenn Staaten überschuldet sind und keine Kredite mehr bekommen können, müssen sie nach Marktgesetzen Staatsbankrott erklären. Der Staat wird dann seine Kredite nicht mehr zurückzahlen bzw. sie entweder langfristig einfrieren oder die Gläubiger zwingen, auf große Teile ihrer Kredite zu verzichten, so dass der Staat mit der Restschuld und den geringeren Zinsen wieder liquide wird. Staatsbankrott ist also immer Verlust für die Gläubiger. Genau dies war der Grund, weshalb Griechenland keinen Staatsbankrott machen durfte.

    Gläubiger waren nämlich wiederum die gleichen internationalen Spekulationsbanken (insbesondere Goldman-Sachs), welche schon bei der ersten privaten Bankenkrise ihre Verluste dem Steuerzahler zuschieben konnten. Sie haben nun auch in der Griechenland-Krise politisch dafür gesorgt, dass nicht sie als Gläubigerbanken die Verluste tragen mussten, sondern dass die europäischen Regierungen aus "europäischer Solidarität" angeblich Griechenland retten - in Wirklichkeit aber wiederum die Banken retten und deren Verluste übernehmen mussten. Merkel hat sich verzweifelt gewehrt, ist aber unter dem Druck des Politbüros in Brüssel und nach Anruf durch den amerikanischen Präsidenten eingeknickt. Der Bundespräsident wurde gezwungen, ohne Prüfung sofort das Schuldenpaket zu unterzeichnen und ist wohl aus Scham darüber zurückgetreten.


2. Verwaltungswirtschaftliche Lösungen

Wenn der private Sektor nicht bluten soll, muss der öffentliche Sektor bluten, muss die Krise verwaltungswirtschaftlich bekämpft werden. Bei der ersten Bankenkrise konnte das Eingreifen der Staaten immerhin einen kurzfristigen Crash verhindern, hat sich die Überlegung als richtig erwiesen, dass Staatsgarantien die notwendigen marktwirtschaftlichen Korrekturen zumindest über längere Zeit strecken, also Zeit gewinnen können. So sind in etwa zwei Jahren auch etwa die Hälfte der faulen Finanzprodukte durch private und öffentliche Abschreibungen vernichtet worden, hat die Korrekturkraft des Marktes zögerlich, aber doch gewirkt.
  • Man mag darüber streiten, ob es überhaupt zu verantworten und langfristig rentabel gewesen ist, internationale Banken wie z.B. die HRE (Hypo Real Estate Bank) auf öffentliche Kosten zu retten, um ihren Eigentümern - der US-Hochfinanz - die vollen Verluste zu ersparen und Zeit für die Restrukturierung zu gewinnen. Die endgültige Antwort dazu wird vom weiteren Verlauf der zweiten Krisenphase abhängen.

  • Haben die Staaten aber einmal die Verluste der privaten Banken übernommen und/oder sich selbst zu stark verschuldet, kommen sie auch um eigene Sanierung nicht herum. Soll dies nicht marktwirtschaftlich (Staatsbankrott) geschehen, muss es verwaltungswirtschaftlich gelöst werden. Dazu gibt es theoretisch wiederum nur zwei Möglichkeiten:

    Abbau der Staatsverschuldung durch Haushaltssanierung. Diese wiederum kann durch Erhöhung der Einnahmen (Abgaben) und/oder durch Verminderung der Ausgaben geschehen.

    Theoretisch wird es nicht viele zusätzliche Einnahmepositionen geben, weil die meisten Staaten bereits an der Toleranzgrenze der Belastung ihrer Bürger stehen. Es gibt aber viele Ausgabepositionen, bei denen theoretisch gespart werden könnte. Man könnte z.B. die staatlichen Aufgaben reduzieren, z.B. Zehntausende öffentlicher "Beauftragte" mit ihren Behörden entlassen; man könnte durch Streichen von Subventionen sogar Nutzen bewirken (z.B. Bergbau-Subventionen). Immer haben die Staaten in der Krise auch die öffentlichen Gehälter reduziert. Auch dies wäre eine mögliche Sanierungsmaßnahme.

    In Griechenland müssten sogar die Hälfte der öffentlichen Diener entlassen werden, weil sie erst durch die jetzige Regierung ohne Aufgabe, ohne Arbeitsplatz und ohne Sinn eingestellt worden sind. Vor allem aber könnte man bei den Sozialleistungen kürzen. Warum müssen wir im Gegensatz zu anderen Demokratien jeden Immigranten ohne Arbeit sofort mit Sozialleistungen verwöhnen? Und warum zahlen wir Sozialleistungen lebenslang und sogar in mehreren Generationen? Denkt man an die Zeit nach dem Krieg, in welcher wir uns durch Fleiß und Sparen wieder hochgearbeitet haben, wäre also auch diese theoretische Möglichkeit heute gegeben. Ob sie allerdings gesellschaftlich und politisch möglich ist, bleibt fraglich.

    Die Möglichkeit eines Sanierens durch Sparen ist aber auch nicht ohne Folgewirkungen. Würde z.B. Griechenland die ungeheuer hohe Verschuldung allein durch Sparen überstehen wollen, würde das Land sofort in die tiefste Konjunkturkrise seiner Geschichte verfallen, würde außerdem seine Depression auf seine Außenhandelspartner abstrahlen, würde vor allem diese Depression wegen der Höhe der Schulden mehr als ein Jahrzehnt dauern - eine Vorstellung, die irreal erscheint.

    Würden sogar mehrere Staaten sich durch Sparen aus ihrer Verschuldung befreien müssen, bedeutete dies z.B. in Europa eine um sich greifende langfristige Rezession oder sogar Depression. Dies würde wiederum bedeuten, dass große Bevölkerungsschichten verarmen würden und dass entsprechende Existenznot einen Bürgerkrieg wahrscheinlich machen würde, was keine demokratische Regierung aushalten kann. Wer nämlich als demokratische Regierung spart, fliegt aus dem Amt. Dies ist immer schon so gewesen, wird also von demokratischen Regierungen deshalb auch nicht mehr ernsthaft versucht. Der Finanzminister von Griechenland hat schon signalisiert, dass er seine Sparschwüre brechen und keine weiteren Sparbemühungen machen wolle.





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