Wohin treibt die Finanzkrise?
19.07.2010 | Prof. Dr. Eberhard Hamer
- Seite 4 -
- Bleibt als letzte finanzpolitische Korrekturmöglichkeit zwischen ausgeuferter Geldmenge und geringerer Gütermenge die Anpassung über Entwertung, also Inflation oder Währungsreform zur Staatssanierung.
Inflation hat den großen Vorteil, dass sie schleichend kommt und entscheidenden Gruppen hilft, vor allem dem Staat mit wachsenden Steuereinnahmen und Entwertung seiner Altschulden. Auch den Unternehmen hilft sie, soweit sie Preissteigerungen durchsetzen können. Dass die Einkommensbezieher und Rentner dabei verlieren, merken sie erst verzögert.
Die Problematik der Inflation liegt aber darin, dass sie bei den inzwischen übermäßig verschuldeten Ländern nicht kurzfristig hilft, sondern erst mittelfristig. Man braucht schon eine Inflation im zweistelligen Bereich, um etwa die USA oder die Mittelmeerstaaten von ihren heutigen Schulden fühlbar zu entlasten. 3, 4 oder 5 Prozent reicht dafür nicht mehr. Damit wird aber zugleich das Währungsgefüge gestört und teilweise aufgelöst. Auch international bedeutet Inflation Umlenkung von Warenströmen und Währungen. Wird die Inflation stärker, ist sie häufig auch nicht mehr beherrschbar, wird sie zur galoppierenden Inflation, die immer in Währungsreform mündet. Inflation ist also keine Dauersanierung, wie sie sein müsste, wenn sie das Verschuldungsproblem wirklich lösen sollte.
Nur eine Währungsreform würde kurzfristig die Staatsschulden nachhaltig reduzieren können. In den meisten Fällen wurde deshalb nach Kriegen oder nach Mißwirtschaft eine Staatsentschuldung durch Währungsreform zu korrigieren versucht. Die Geschichte der Währungsreformen ist hundertfach, also üblich.
Eine Währungsreform hätte den theoretischen Vorteil, dass sie sofort wirkt, dass sie bei Verlierern und Gewinnern steuerbar ist und dass sie eine Rezession oder Depression erspart, weil es nach Abwertung gleich weitergeht.
Vor allem ist eine Währungsreform auch die letzte theoretische Sanierungsmöglichkeit einer Staatsüberschuldung, wenn alle anderen Mittel entweder versagen oder politisch versperrt sind.
Praktische Lösungsalternativen
Da weltweit und auch bei uns die Realwirtschaft noch weitgehend in Ordnung, also von der Krise kaum erfasst ist, müssen sich die konkreten Lösungen nur auf die beiden Sektoren
- der privaten Finanzwirtschaft und
- der öffentlichen Finanzen
konzentrieren. Beide Bereiche sind durch die amerikanische Geldflutung aufgebläht. In beiden Bereichen muss die Geldblase korrigiert, müssen Geldmenge und Gütermenge wieder harmonisiert werden.
Dazu stehen folgende praktische Lösungen im Vordergrund:
a. Korrektur der Finanzmärkte
- Hauptschuldiger an der Geldmengenexplosion ist die private Federal Reserve Bank, die zeigt, dass eine private Zentralbank mit Geldausgaberecht zu missbrauchsanfällig ist, um den Geldwert konstant zu halten. Die Federal Reserve Bank muss deshalb verstaatlicht werden, muss eine neutrale, nur dem Geldwert verpflichtete Organisation werden, wie dies früher die Deutsche Bundesbank jahrzehntelang vorbildlich gewesen ist.
- Eigentlich sollte die Europäische Zentralbank ebenso stabil und politisch unabhängig dem Geldwert verpflichtet bleiben wie die Bundesbank. Ihre Unabhängigkeit wird zur Zeit auf amerikanischen Druck von der Frankreich-Conection (Trichet/Sarkozy) bedroht, welche die bankpolitischen Entscheidungen ihrer Politik unterordnen und mit Hilfe der Griechenland-Krise durch Kredite (750 Mrd. Euro) und durch EZB-Ankauf wertloser Griechenlandanleihen (40 Mrd. Euro) die Euro-Stabilität unterminieren und vor allem die Unabhängigkeit der Eurobank beseitigen wollen. Eigentlich müsste ein lautstarker Protest dagegen durch ganz Europa gehen, um diese verhängnisvolle Entwicklung zu stoppen.
- Zur Lösung der öffentlichen Schulden haben die Amerikaner und Europäer unterschiedliche Wege: Die Amerikaner betreiben weiter ungehemmte Geldmengenvermehrung, die Europäer wollen durch Sparen die öffentlichen Haushalte wieder sanieren. Der amerikanische Finanzminister hat jedoch wütend das Ende des europäischen Sparens von Schäuble verlangt. Europa solle auf Geldmengenvermehrung - also Inflation - einschwenken, um den Euro nicht stabiler als den Dollar zu halten. Es wird spannend sein, ob die Europäer der Supermacht wieder gehorchen oder ihren eigenen - richtigeren - Weg zu gehen wagen.
- Wie weit allerdings öffentliches Sparen überhaupt möglich ist, bleibt praktisch zweifelhaft. Bisher sind alle demokratischen Regierungen, welche ernsthaft sparen wollten, abgewählt worden. Auch der griechische Finanzminister hat nach den Bevölkerungsprotesten inzwischen das Ende des Sparprogramms verkündet. Der eigentlich richtige Weg öffentlicher Haushaltsreduzierung zur Geldmengenverminderung ist also nur theoretisch möglich, praktisch nicht ernsthaft politisch durchsetzbar.
- Würde jetzt schon Inflation ausbrechen, müssten die Zinsen stark steigen und würde dies viele öffentliche Haushalte durch Zinsausgaben strangulieren. Wir werden also damit rechnen müssen, dass die Zentralbanken vorerst noch weiter billiges Geld mit niedrigen Zinsen schaffen, um die öffentlichen Haushalte noch finanzierbar zu halten.