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Wohin treibt die Finanzkrise?

19.07.2010  |  Prof. Dr. Eberhard Hamer
- Seite 5 -
  • Billiges Geld bedeutet aber mehr Geld und mehr Geld bedeutet immer Inflation. In den USA schon bald und in Europa etwas später werden wir jedenfalls mit Inflation rechnen müssen. Die Amerikaner (Stieglitz) empfehlen diesen Weg schon lange, weil die USA schon zweimal nach zwei Weltkriegen durch Inflation aus Schuldenkrisen herausgewachsen sind. Wir in Europa dagegen fürchten die Inflation wegen ihrer Umverteilungswirkungen (von Geldwerten in Sachwerte) und weil sie bei Steigerungen zu leicht in die Währungsreform umkippt. Dennoch werden wir unter dem Druck der USA sowie mit dem eröffneten Geldmengenmissbrauch der EZB künftig auch in Europa mit verstärkter Inflation rechnen müssen.

  • Einig sind sich alle Politiker, dass unsere Regierungen und Staaten von der Finanzindustrie erpresst worden sind, insbesondere von der US-Hochfinanz. Jetzt zeigt sich wie recht Brzezinski hat, wenn er darauf hinweist, dass die US-Administration von der Hochfinanz gegängelt werde und sie ihrerseits wiederum die Vasallenvölker nach deren Weisung zu leiten habe (1). Wir haben also inzwischen durch das Wachsen der Finanzindustrie eine Umkehr der traditionellen Machtverhältnisse: Nicht mehr die Politik beherrscht die Wirtschaft, sondern die Finanzindustrie und die Konzerne beherrschen die Politik. Diesen verhängnisvollen Systemwechsel gilt es umzukehren. Die Politik muss wieder die Regeln für die Finanzindustrie setzen, die Kontrolle übernehmen und die Finanzexzesse zu verhindern in der Lage sein.

    Darüber sind sich fast alle einig, nur streiten sich vor allem Amerikaner und Europäer über die Möglichkeiten dazu: Unser Finanzminister will eine Finanztransaktionssteuer, um jederzeit einen Fonds aufzubauen, aus dem kranke Zusammenbrüche und Missbräuche refinanziert werden können. Der Wirtschaftsminister Brüderle führt mit Recht gegen diesen Plan seines Finanzkollegen an, dass damit praktisch wieder der Konsument belastet würde (wie bei einer Mehrwertsteuer) und die Finanzgeschäfte nur verlagert würden, wenn nicht alle wichtigen Länder der Welt gleiches beschließen. Solange also die von ihrer Finanzindustrie gesteuerte amerikanische Regierung nicht mitmachen darf, bleibt dieser Lösungsweg geschlossen.

    Mit Recht hat Deutschland den Handel mit Derivaten und Leerverkäufen verboten. Auch diese Maßnahme wird aber von der US-Finanz torpediert, weil sie ihrer Regierung ein gleiches Verbot nicht erlaubt.

    Vorgeschlagen wurde schließlich, dass die Banken ihr Eigenkapital verstärken und in einen Fonds einzahlen müssten, welcher in Notfällen statt des Staates Hilfe leisten kann. Eine ähnliche Regelung wird auch von der US-Regierung eingeführt. Sie wirkt aber nicht kurz-, sondern allenfalls langfristig, ist also kein kurzfristiger Lösungsweg.

    Die Finanzwissenschaft schlägt vor, dass künftig Überschuldungs- oder Liquiditätsschwierigkeiten der Banken zu Insolvenz oder staatlicher Übernahme führen sollten, damit nicht wie bei der ersten Bankenkrise die Aktionäre ungeschoren davon kommen, sondern zuerst den Schaden tragen müssen. Ob aber eine solche richtige Maßnahme gegen die Weltvormacht der US-Hochfinanz durchsetzbar ist, bleibt fraglich. Immerhin haben bereits in der ersten Krise ehemalige Angestellte dieser Hochfinanz (US-Finanzminister Paulson) den Aktionären die Verluste ersparen und diese dem Steuerzahler auferlegen können. Gleiches war auch der Trick mit der staatlichen Griechenlandhilfe: Bankenverluste auf die Steuerzahler abzuwälzen.

Es gibt also zwar viele praktische Möglichkeiten zur Lösung der derzeitigen Finanzkrise in der privaten oder der öffentlichen Finanzwirtschaft, nur schade, dass nicht alle politisch bzw. gegen die Macht der Hochfinanz durchsetzbar sind. Insofern reduzieren sich die durchsetzbaren, praktischen Lösungsmöglichkeiten auf nur wenige.


Prognose der Krisenentwicklung

Die bisherigen Lösungsansätze zur Lösung der Weltfinanzblase haben selbst in der ersten Weltfinanzkrise nicht ausgereicht, um das Krisenpotenzial zu beseitigen. Mehr als die Hälfte der Giftmüllprodukte und die öffentlichen Verschuldungen, insbesondere in den USA bleiben ungelöst und sind noch zu korrigieren.

Wir müssen also mit einer zweiten Krisenstufe rechnen ("double dip").

Eine nächste drastische Korrektur ist beim Dollar überfällig. Das Vertrauen in den Dollar ist wegen des Massenmissbrauchs durch die FED und durch die amerikanischen Großbanken erschüttert. Zur Zeit wird der Dollar nur noch akzeptiert, weil die Amerikaner eine Euro-Krise herbeigeführt und damit auch das Vertrauen in den Euro erschüttert haben. Dieses Ablenkungsmanöver hilft aber nicht lange. Die USA sind nicht nur überschuldet, sondern ihnen droht auch Zahlungsunfähigkeit. Immerhin brauchen die USA wegen ihrer internationalen Kriegs- und Importverpflichtungen mehr als 360 Mrd. Dollar Zufluss aus der Welt bzw. Geldschwemme aus der FED, um überhaupt zahlungsfähig zu bleiben. Gerät dies ins Stocken, ist Insolvenz und wohl eine Währungsreform fällig.

Allerdings haben die USA schon zweimal Großkrisen ihres Landes durch Beteiligung an Weltkriegen durch Verkauf von Kriegsproduktion und das anschließende Einziehen der Kriegsbeute (deutsches Gold, deutsche Patente, Besatzungskosten) zu wieder wirtschaftlichem Aufstieg nutzen können. Dies könnte die derzeitige Regierung verführen, das gleiche Mittel auch jetzt zu versuchen. Immerhin sind alle Kriegsvorbereitungen gegen den Iran bereits getroffen, fehlt es nur noch an einem 11. September.

Eine an sich zwangsläufige Währungsreform in den USA könnte also durch Krieg noch etwas verzögert werden, käme dann aber um so stärker.

In Europa haben wir die erste Bankenkrise glimpflich - wenn auch kostspielig - überstanden und könnten auf gutem Korrekturwege sein, wenn nicht die Griechenland-Krise die Politiker zum zweiten Mal dazu verführt hätte, Bankenschulden für die Steuerzahler zu übernehmen sowie eine gegenseitige Haftung in der EU für marode Staaten zu übernehmen (Transferunion). Diese unverantwortlichsten finanzpolitischen Maßnahmen sind in den letzten Monaten geschehen. Wir haben in einem Land den Staatsbankrott aufgeschoben und abgelöst, aber damit in weiteren Ländern einen Verschuldungsgrad herbeigeführt, der durch Sparen oder Inflation möglicherweise nicht mehr beherrschbar ist.

Jetzt zeigt sich, dass die angebliche "europäische Solidarität" zur Ausbeutung der Fleißigen durch die Faulen, der Soliden durch die Unsoliden und der Rechtschaffenen durch die Kriminellen missbraucht wird. Es könnte sein, dass daran die Eurozone teilweise oder ganz platzt, vielleicht sogar die Europäische Union.

Hätte man Griechenland sich durch Insolvenz (Staatsbankrott) abwickeln lassen, wäre dies der solidere, einfachere und billigste Weg gewesen. Die hektische Betriebsamkeit unserer Politiker hat das Problem nicht gelöst, sondern nur den Schaden von den Banken auf den Steuerzahler überwälzt, - zumeist für uns Deutsche. Wir werden also in den nächsten zwei Jahren in Europa dramatische Finanzauseinandersetzungen erleben, möglicherweise mit oder im Anschluss an die USA auch eine Euro-Währungsreform.

Vielleicht ist aber eine kurze und schmerzhafte Operation wie eine Währungsreform immer noch besser und billiger als eine längere Inflations- und Krisenphase. Eine Währungsreform könnte uns sogar eine sonst kommende Rezession oder gar Depression ersparen.


© Prof. Dr. Eberhard Hamer
www.mittelstandsinstitut-niedersachsen.de



(1) vgl. Brzezinski, Die Einzige Weltmacht



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