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Stresstest ohne negative Überraschungen - IFO überrascht positiv!

26.07.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2915 (07.30 Uhr), nachdem im europäischen Handel am Freitag zunächst Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2965 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 87.55. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.10 während EUR-CHF bei 1.3615 oszilliert.

In dem europäischen Bankenstresstest haben lediglich 7 von insgesamt 91 Banken den Stresstest verfehlt, auch bei hohen Belastungen eine Kernkapitalquote von 6% zu erhalten.

Dieser Erfolg kommt nicht ganz unerwartet. Die europäischen Banken wurden in den letzten 12 Monaten zu Teilen rekonfiguriert, sofern das erforderlich war. Eigenkapitalspritzen (Cobank), Verstaatlichung (HRE), "Bad Bank" oder Ankaufsprogramme der Zentralbanken für ABS und Südeuropas Staatsanleihen waren die Mittel, durch die die Banken im Vorwege so entlastet wurden, daß ultimativ gar kein anderes Resultat zu erwarten war.

Von einigen Seiten der Analysten-/Volkswirtzunft ergab sich Kritik, daß es sich hier um eine Inszenierung handelte. Diese Sichtweise ist unsachlich. Fakt ist, daß die Stressszenarien realistisch waren, ob es sich dabei um Ausfallwahrscheinlichkeiten bei diversen Staatsanleihen handelte oder ein adverses konjunkturelles Gesamtbild unterstellt wurde. Mithin liefert der Test in der Tat zusätzliche Erkenntnisse, die die Funktionalität der internationalen Geldmärkte positiv beeinflussen sollte.

Fraglos gibt es jedoch auch Schwächen bei diesem Test. Der Begriff Kernkapital wird in Europa nicht vollkommen homogen gelebt. Der Aspekt Handels-/Bankbuch läßt die eine oder andere Frage offen. Die Banken, die keine Staatshilfe in Anspruch genommen haben, schneiden in diesem Test nicht so gut ab, wie die Sünder von gestern. Diese Einlassungen implizieren, daß nicht nur eine absolute Lesart, sondern auch eine relative Lesart erforderlich ist, diesen Test angemessen zu diskontieren.

Unter den bei dem Stresstest gescheiterten Banken war erwartungsgemäß die deutsche HRE (verstaatlicht = kein systemisches Risiko). Die griechische ATE-Bank erreichte gleichfalls nicht das Klassenziel. Fünf "Cajas" aus Spanien konnten ebenso nicht überzeugen. Mit sieben gescheiterten Banken ergab sich ein positives Gesamtbild. Die Erwartungshaltung des Marktes war skeptischer.

Darüber hinaus ist anzumerken, daß die positive und für viele überraschende Entwicklung der Konjunktur die Fallszenarien des Stresstests sukzessive unwahrscheinlicher macht. Fokussiert man sich insbesondere auf diesen Aspekt, wird deutlich, daß das systemische Risiko weiter rückläufig ist.

Der internationale Geldmarkt ist hier förmlich aufgefordert nach den entlastenden öffentlichen Hilfen seine Verweigerungshaltung aufzugeben, um damit die profunde konjunkturelle Erholung nicht zu gefährden, sondern verantwortungsvoll die volkswirtschaftliche Funktion zu leben.

Der deutsche IFO-Index setzte am Freitag das signifikanteste positive Konjunktursignal der letzten Woche. Der Index legte vollkommen unerwartet von zuvor 101,8 auf 106,2 Punkte zu und markierte damit den höchsten Stand seit Mitte 2007. Analysten hatten eine magere Zunahme auf 102,0 Zähler unterstellt.

Die Bewertung der aktuellen Lage stellte sich auf 106,8 nach zuvor 101,2 Punkten. Die Erwartungskomponente stellte sich auf 105,5 nach 102,5 Zählern. Damit hat die Erwartungskomponente das höchste Niveau seit Beginn dieser Datenreihe 1991 erreicht.

Mit anderen Worten steht der Index auf einem vergleichbaren Niveau, als die deutsche Konjunkturparty überschwappte und die überwiegende Mehrzahl der Kollegen nahezu euphorisch den Zyklus abfeierte.

Das ist heute anders. Nicht Freude ob der profunden Entwicklung war am Freitag der maßgebliche Tenor, sondern Skepsis ob der weiteren Entwicklung. Diese Skepsis obwaltet seit Beginn der Erholung Mitte 2009. Mit anderen Worten haben viele Kollegen den gesamten Aufschwung seit Mitte 2009 mit Skepsis begleitet und die Dynamik vollständig unterschätzt. Sie waren euphorisch, als es galt nüchtern zu sein und sind skeptisch, als es profund losging. "Food for thought!"

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2500-1.2550 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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