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Euro im Dunstkreis der 1.30 - US-Daten können nicht überzeugen!

27.07.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2995 (07.00 Uhr), nachdem im asiatischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3017 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 87.00. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.05 während EUR-CHF bei 1.3645 oszilliert.

Frau Yellen (San Francisco Fed) schrieb in einem Brief an US-Senator Shelby, daß sie der Überzeugung ist, daß es riskant wäre, die langfristigen Inflationsziele der Fed auf 4% anzuheben. Regulierung und nicht Geldpolitik sollte die erste Verteidigungslinie gegen systemisches Risiko darstellen.

Wir stimmen ihr zu 100% zu. Die Politik versucht immer wieder, Wege einzuschlagen, die schnelle Lösungen eines Problems bringen und dabei ein potentiell größeres Problem zu schaffen, das aber erst zeitversetzt erkennbar würde. Hier gilt es ohne "wenn und aber" den Anfängen zu wehren. Danke Frau Yellen!

Wenden wir uns kurz Herrn Juncker zu. Wir verweisen auf die Rubrik "Letzte Nachrichten" und greifen lediglich seine Einlassung zu der konjunkturellen Erholung auf.
  • Er sieht die Erholung - das ist gut!
  • Er beschreibt die Erholung als fragil - das ist erstaunlich.

Wir wollen hier nicht die Aufteilung der Weltwirtschaft erneut im Detail aufnehmen. Aber dieser Umstand, daß 75% der Weltwirtschaft hohes oder stabiles Wachstum produzieren ist offensichtlich noch nicht in Luxemburg angekommen.

Ebenso ist dort offensichtlich nicht angekommen, daß der Lagerzyklus noch unverändert rund läuft, weil Lager immer noch nicht ausreichend bestückt sind, daß der Investitionsgüterzyklus gerade erst anspringt und daß der Konsumzyklus im Nachgang besser als bisher erwartet aussieht!

Um an dieser Stelle "Butter bei die Fische" zu packen, werfen wir einen Blick auf den heute morgen veröffentlichten deutschen GfK Konsumklimaindex per August. Der deutsche GfK Konsumklimaindex lieferte per Berichtsmonat August überraschend einen Anstieg von zuvor 3,6 (revidiert von 3,5) auf 3,9 Punkte. Die Prognose lag bei 3,5 Punkten. Die Konjunkturerwartungen erhöhten sich per Juli von 5,5 auf 36,8 Punkte. Die Einkommenserwartungen legten von 8,2 auf 29,1 Zähler zu. Die Anschaffungsneigung sank dagegen leicht von 30,4 auf 27,9 Punkte. Das ist natürlich alles verdammt fragil oder?

Nein, ich halte mich nicht an meine Ankündigung, nur diese eine Einlassung Herrn Junckers zu thematisieren.

Es gibt eine zweite Einlassung, die Aufmerksamkeit verlangt. Juncker sagte in seiner Funktion als Chef der EU-Gruppe und der EU-Finanzminister: "Anders als die USA oder Japan gäbe es in Europa keine Alternative zu der fiskalischen Konsolidierung."
  • Will er damit sagen, daß fiskalische Konsolidierung nur in der Eurozone erforderlich ist, weil nur dort ökonomische Gesetze gelten?

  • Verringern überbordende Staatsdefizite nicht vielleicht auch in den USA oder Japan Potentialwachstum?

  • Sind öffentliche Schulden gar in den USA und Japan tolle Sachen, nur in der Eurozone nicht?

  • Unterwirft Herr Juncker sich damit dem lateinischen Ausspruch "Quod licet jovi, non licet bovi" (was dem Jupiter erlaubt, ist dem Rindvieh nicht längst nicht erlaubt) und stellt Europa damit auf das Niveau des "Bovi" und die USA und Japan auf das Niveau des "Jovi"?

Es täte uns in Europa sehr gut, wenn wir etwas mehr Selbstbewußtsein und bezüglich der umgesetzten Stabilitätspolitik Sendungsbewußtsein entwickeln würden.

Kommen wir zu den gestrigen Veröffentlichungen aus den USA. In der Gesamtheit ergab sich hier kein überzeugendes Bild. Im Gegenteil wird deutlich, daß die US-Wirtschaft in den letzten Monaten keine selbstragenden Elemente der Konjunkturbelebung entwickeln konnte.

Der "Chicago Fed National Activity Index" sank per Juni von zuvor +0,31 (revidiert von +0,21) auf -0,63 Punkte. Dieser Index ist ein Sammelindex aus 85 Einzelindices der US-Wirtschaft. Mithin ist er sehr breit angelegt und hat von daher auch erhebliche Aussagekraft.

Der aktuelle Indexstand bei -0,63 Punkten nähert sich der Marke von -0,70, die laut Definition das Thema zunehmendes Rezessionsrisiko beschreibt. Bevor wir nun aber das Kind mit dem Bade ausschütten, ist es wichtig anzumerken, daß der Dreimonatsdurchschnitt als wesentlicher betrachtet wird. Hier ist die Entwicklung weniger dramatisch. Dieser Wert sank von +0,31 auf -0,05 Punkte. Gleichwohl ist das Ergebnis nicht erfreulich und belegt, daß unsere skeptische Haltung zur US-Wirtschaft sachlich angemessen ist.

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Der Absatz neuer Wohnimmobilien per Juni wurde gestern in den USA gefeiert. Es kam zu einem unerwarteten Anstieg um 23,6% von zuvor 267.000 auf 330.000. Die Prognose lag bei 320.000 Objekten auf annualisierter Basis. Auf ersten Blick kann das überzeugen vom Zahlenwerk der Prozentrechnung her überzeugen.

Der zweite Blick sieht jedoch ernüchternd aus. Der Vormonatswert wurde von 300.000 auf 267.000 massiv nach unten revidiert. Per Mai wurde damit ein neuer historischer Tiefstwert dieser Datenreihe kreiert!

Wenn man sich die Zweimonatsperiode anschaut, wurde die Konsensusprognose der abgesetzten Immobilien klar verfehlt. Per Mai ergab sich ein Absatz in Höhe von 22.250 und per Juni von 26.667 (annualisierte Werte jeweils geteilt durch 12), also insgesamt ein Absatz in der Zweimonatsperiode von 48.917 Objekten. Erwartet war für die Zweimonatsperiode ein Gesamtabsatz in Höhe von (Basis 300.000 + 320.0000= 620.000 geteilt durch 12) 51.667 Objekten.

Sie sehen, alles ist relativ .... und das ist relativ schlecht, insbesondere im historischen Kontext!

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2500-1.2550 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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