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Erst einmal Bullard - Eurodaten überraschen positiv - Deutschlands ...

30.07.2010  |  Folker Hellmeyer
Erst einmal Bullard - Eurodaten überraschen positiv - Deutschlands Arbeitsmarkt läuft!

Der Euro eröffnet heute bei 1.3065 (07.35 Uhr), nachdem gestern im europäischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3106 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 86.50. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.00 während EUR-CHF bei 1.3590 oszilliert.

Fed Präsident Bullard hat als Maßnahme, eine Deflationsfalle nach Machart Japans zu verhindern, vorgeschlagen, vermehrt US-Staatsanleihen seitens der Fed zu erwerben.

Derartige Aktionen haben drei Effekte:
  • Aus langfristiger Kapitalanlage wird im Finanzsystem kurzfristige Liquidität. So etwas kann der Wirtschaft helfen, wenn die "Pferde saufen wollen". Wenn die "Pferde nicht saufen wollen", verbleibt diese Liqudität vagabundierend an den Finanzmärkten und findet nicht den Weg in die Realwirtschaft. Es würden in dem letzteren Fall Risiken einer Fehlbewertung wirtschaftlicher Aktiva gegeben sein. In dieser Dekade hatten die USA ja bereits zweimal ein Problem an dieser Front erlebt und dann in den Rest der Welt verlagert - danke. Offensichtlich sind die Lernkurven in den Eliten nicht sehr ausgeprägt.

  • Kommen wir zu dem zweiten Effekt. Mit derartigen Ankaufprogrammen läßt sich der langfristige Zins steuern. Hier wird implizit offenbar, daß das Gerede über freie Mäkte in den USA Geschwätz darstellt. Die bewußte und in den letzten jahren latente Preismanipulation des Kapitalmarktzinses ist ein Mittel der Zentralbankpolitik in den USA.

  • Der dritte Effekt liegt darin, daß über eine derartige Aktivität der Zentralbank ein Krisenszenario in der Refinanzierung des US-Staats vereitelt werden kann. Fakt ist, daß damit der Zins der US-Treasuries kein Gradmesser der Bonität der USA ist, sondern Ausdruck einer bewußten Steuerung der Fed als verlängertem Arm der US-Politik. Hier wird offenbar, daß die USA, die an jeder Ecke der Weltwirtschaft freie Märkte zu ihren Gunsten einfordern, selber im Zweifelsfall nicht bereit sind, zu liefern. Wir dürfen den Begriff "bigott" an dieser Stelle diskutieren.

In diesem Zusammenhang muß auch die EZB thematisiert werden. Sie hat bis zu dem Südeuropa Debakel in diesem Jahr sich dieser Ausrichtung der Zentralbankpolitik a la Fed, BoE oder BoJ seit ihrem Bestehen fern gehalten. Damit hatte sie ohnehin einen Sonderstatus, der ihre Qualität unterstrich.

Die EZB hat Anfang Mai begonnen, aus einer drohenden Infarktsituation heraus Staatsanleihen diverser Länder der Eurozone aufzukaufen , um Verkettungseffekte nach dem Muster Lehmans zu verhindern.

Es ging um Marktstabilität, die aufgrund aggressiver und sachlich nicht gebotener Spekulation (siehe Spanien Staatsbankrott bei 60% Staatsverschuldung, aber auch GR/Treasury Aktuell aus 02/2010 …) nachhaltig gefährdet war. Die EZB zieht sich derzeit aus diesen Aktionen sukzessive zurück.

Der qualitative Unterschied zu der Fed könnte nicht größer sein! Chapeau und ein klares „Danke“ an die EZB. Finanzinfarkten vorzubeugen und dabei die primäre Aufgabe der echten Stabilität nicht aus dem Auge zu verlieren, zeichnet die EZB aus.

Hier gibt es einen klaren Grund, ein Stück weit stolz auf die EZB zu sein und nicht an der Zukunftsfähigkeit zu zweifeln!

Ganz im Gegenteil zeigt gerade die Aktivität der EZB, der EU-Kommission als auch der Politik in diesem Jahr, daß Europa fähig zu markanten Reformen ist und Zukunftsfähigkeit generiert. Hätte ich Ihnen vor drei Jahren prognostiziert, was in diesen Reformen aktuell umgesetzt wird, hätten sie mich als Phantasten abgetan und sich vermeintlich wichtigeren Dingen zugewendet, oder? "Food for thought!"

Herr Fisher als Präsident der Fed Dallas betonte, daß sowohl Inflation als auch Deflation nicht zugelassen würden. Das nehmen wir zur Kenntnis und erlauben uns folgende Frage. Was belegen folgende Daten?

Wir haben uns erlaubt, die Verbraucherpreisberechnung auf Basis der statistischen Erfassungsmethoden von 1990 Von John Williams beizufügen (Shadow Governement Statistics). Unter der Boskin-Kommission wurde nach 1990 das Messverfahren so umgestellt, daß Inflation zu Gunsten des Staates weichgezeichnet wurde. Vor diesem Hintergrund ist der Exodus des US-Mittestands im Zeitverlauf der letzten 20 Jahre übrigens gut erklärbar!
  • US-Verbraucherpreise +1,1% (Juni)
  • US-Verbraucherpreise (SGS/Basis 1990)) +4,2% (Juni)
  • US-Erzeugerpreise +2,7% (Juni)
  • US-Importpreise + 4,5% (Juni)

Ist das Inflation oder Deflation Herr Fisher?

Der Strom positiver Daten hält aus der Eurozone an. Damit unterscheidet sich die Situation von der der USA immer erkennbarer. Bisher ist die Diskontierung am internationalen Finanzmarkt ob Südeuropa/Irland und der Konjunkturlage als äußerst verhalten zu klassifizieren.

Das gilt sowohl für den Devisenmarkt als auch den Aktienmarkt (DAX, EuroStoxx50) insbesondere bezüglich der Eigenkapitalbewertung (Kurs/Buchwertverhältnis bei circa 140% des Eigenkapitals versus S&P 500 bei 210% = "Food for thought") aber auch bezüglich des KGV und der Dividendenrenditen, die zum Teil in D und EU spektakulär sind.

Der deutsche Arbeitsmarktbericht per Juli lieferte die vom Finanzmarkt erwartete Verbesserung. Die Arbeitslosenquote sank von 7,7% auf 7,6%. Saisonal bereinigt waren 20.000 Menschen weniger arbeitslos als im Vormonat. Damit stellt sich die Anzahl der Arbeitslosen auf 3.211.000 nach zuvor 3.231.000.

Es kam den 13. Monat in Folge zu einer verbesserten Lage am deutschen Arbeitsmarkt. An dieser Stelle betonen wir, daß diese Entwicklung vom "Mainstream" nicht ansatzweise erwartet wurde. Der "Mainstream" hüllt sich weiter in Skepsis, was beispielsweise am deutschen Aktienmarkt deutlich ablesbar ist.

Auch der Blick auf die Entwicklung der Kurzarbeit ist erfrischend. Hier sind gestern die Daten für Mai veröffentlicht worden. Mit anderen Worten ist die positive Arbeitsmarktentwicklung per Juni und Juli hier nicht inkludiert. Von April auf Mai verringerte sich die Kurzarbeit von 589.000 auf 481.000. In der Spitze waren hier Größenordnungen jenseits der 1,5 Mio. gegeben.

Die Wahrscheinlichkeit, daß der Konsumzyklus im zweiten Halbjahr 2010 neben dem absehbar nicht beendeten Lagerzyklus und dem gerade erst einsetzenden Investitionsgüterzyklus (siehe Treasury Aktuell per Februar zum Investitionsgüterzyklus) positive Wachstumsbeiträge liefert, nimmt deutlich zu. Ergo ergibt sich ein potentieller dreigliedriger Fächer, der Wachstumsimpulse liefern kann und voraussichtlich auch liefern wird (80% Konfidenz).

Ob dieses Szenario geeignet ist, prononcierte Skepsis der aktuellen Machart bezüglich der zukünftigen Konjunkturlage zu rechtfertigen, überlassen wir Ihrem sensiblen Gespür!

Wir verneinen grundsätzlich nicht, daß das immense Wachstumstempo des 2. Quartals 2010 weder national noch international gehalten werden kann. Aber diejenigen, die dieses Wachstum nicht prognostizierten, zerreden jetzt das voraussichtlich etwas schwächere aber dennoch nachhaltige und historisch gesehen hohe und befriedigende Wachstum, das in den kommenden Quartalen anstehen wird. Das ist absurd.

Im Gegenteil wäre eine Fortsetzung des Wachstumstempos des 2. Quartals im weiteren Verlauf des Jahres eher geeignet, Überhitzungserscheinungen zu provozieren, die die Nachhaltigkeit des Aufschwungs mittel-langfristig gefährden könnten.

Ich schließe bezüglich des thematisierten dreigliedrigen Fächers als Impulsgeber des Wachstums positive Überraschungen gegenüber der aktuellen Erwartungshaltung im Wachstum übrigens nicht aus! Die hanseatische Zurückhaltung, die den Bremern vollkommen zu Recht zugeschrieben wird, erfordert Understatement und damit genau die Wortwahl des vorangegangenen Satzes.

Genießen wir den beigefügten Chart, der über den Rückgang der deutschen Arbeitslosigkeit informiert und einen historischen Kontext herstellt und halten einen Moment inne.

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Wenden wir uns damit dem "Economic Sentiment Index" der Eurozone per Berichtsmonat Juli zu. Hier sollte es zu einem Anstieg von 98,7 auf 99,0 Punkte kommen. Tatsächlich stellte sich eine Zunahme auf 101,3 Zähler ein. Damit wurde der höchste Wert seit März 2008 markiert.

Darüber hinaus wurde der Vormonatswert von 98,7 auf 99,0 Punkte angehoben. Auch hier wird deutlich, daß der Markt die Erholung der Eurozone unterschätzt.

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Die US-Arbeitslosenerstanträge stellten sich per Berichtswoche 24. Juli 2010 auf 457.000 nach 468.000 (revidiert von 464.000). Die Prognose lag bei 459.000. Diese Daten liefern keine neuen Erkenntnisse. Das Bild am US-Arbeitsmarkt bleibt wenig überzeugend. Belebungstendenzen der Machart Deutschlands sind nicht erkennbar.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2500-1.2550 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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