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BIP enttäuscht nicht nur per 2. Quartal 2010 in den USA …

02.08.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.3085 (07.30 Uhr), nachdem am Freitag im europäischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2981 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 86.55. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.25 während EUR-CHF bei 1.3605 oszilliert.

Bevor wir uns den aktuellen BIP-Daten zu wenden, gilt es einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Nach jüngsten Revisionen (BEA) ergibt sich aus den USA ein Bild einer stärkeren Rezession, als bisher angenommen. Es ist interessant, daß uns jetzt diese Erkenntnis erleuchten darf und nicht schon früher die Märkte bewegte. Alte Nachrichten werden weitaus weniger stark diskontiert als die Daten, die Zeitnähe haben. Auch dieser Umstand belegt, daß unsere Skepsis bezüglich der US-Datenqualität nicht notwendig unbegründet ist. "Food for thought!"

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Das US-BIP stellte sich per 2. Quartal nach Berechnungen des BEA auf 2,4% Wachstum in der annualisierten Darstellung. Die Prognose von 2,5% wurde damit knapp verfehlt.
  • Der private Lageraufbau machte circa 1% des Wachstums aus.

  • Der Außenhandel lieferte eine deutliche Belastung in Höhe von -2,8% in der annualisierten Darstellung. Implizit belegt diese Tatsache, daß unsere These eines strukturellen Handelsbilanzdefizits in der Größenordnung von 25 - 30 Mrd. USD pro Monat sachlich korrekt ist.

  • Uns erfreut, daß der Investitionszyklus zu greifen beginnt. Hier ergab sich eine Zunahme um 19,1% auf annualisierter Basis und ein Wachstumsimpuls in Höhe von gut 2% für das BIP.

  • Die öffentliche Hand steigerte ihren wirtschaftlichen Einsatz erheblich und steuerte als Resultat 0,9% zum Wachstum bei.

Das Problem der US-Wirtschaft bleibt, daß selbsttragendes Wachstum nicht im erforderlichen Maße gegeben ist.

Die Einlassungen von Alan Greenspan sind diesbezüglich hilfreich. Selten stimmten wir dem alten Herrn zu. Seine Altersweisheit scheint sich nun (endlich) durchzusetzen. Alan Greenspan sagte, daß sich die abschwächende US-Wirtschaft wie eine „Quasi Rezession“ anfühle. Die Wirtschaft könnte erneut schrumpfen, falls die Hauspreise sinken würden. Die Erholung sei bisher nur bei großen Banken, großen Unternehmen und den hohen Einkommensklassen angekommen. Wir stellen dazu fest: Eine Nation, in der nur die Großkopferten profitieren, ist eine Nation, deren gesellschaftliches Gleichgewicht verloren geht. Das ist wiederum die Voraussetzung für den Verlust politischer Stabilität.

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Der Einkaufsmanagerindex aus Chicago setzte für den USD positive Akzente. Überraschend kam es zu einem Anstieg von zuvor 59,1 auf 62,3 Punkte. Analysten hatten einen Rückgang auf 56,0 Zähler erwartet.

Alles wesentlichen Subindices bestätigten die verbesserte Lage. Das galt vor allen Dingen für den Auftragsindex, der von 59,1 auf 64,6 Punkte zulegte. Aber auch die Zunahme des Beschäftigungsindex von 54,2 auf 56,6 Zähler konnte überzeugen.

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Das US-Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan verbesserte sich im finalen Wert per Juli von zuvor 66,5 (vorläufiger Wert per Juli) auf 67,8 Punkte. Die Prognose war bei 67,0 Punkten angesiedelt.

Die Freude ob dieses Resultats darf jedoch nur kurz auflodern. Fakt ist, daß es per Juli einen Einbruch von zuvor 76,0 auf nun 67,8 und nicht nur 67,0 oder 66,5 Punkte gab. Das kann nicht wirklich erfreuen und schon gar nicht überzeugen, daß der US-Konsum zu einem belastbaren Wachstumsträger wird.

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Die erste Schätzung der Verbraucherpreise der Eurozone per Juli lieferte einen Anstieg im Jahresvergleich um 1,7% nach zuvor 1,4%.

Für die EZB dürfte diese Entwicklung durchaus "interessant" sein. Nachdem die konjunkturellen Stabprojektionen der EZB latent nach oben angepaßt werden mußten und sich offensichtlich ein anderer Inflationsdruck ergibt, als erwartet (im Juli 2008 hat sich die EZB übrigens nicht solitär nach der Kerninflation ausgerichtet März 2008 2,0%, Juli 2008 1,7% und Zinserhöhung per Juli 2008 von 4,00% auf 4,25% zum Unzeitpunkt, wir kritisierten die EZB seinerzeit sachlich aber vernehmbar!), sind wir gespannt, mit welchen Argumenten nun diese Entwicklung weiter ignoriert wird und wie das Qualitätsniveau der Prognose gehoben werden soll …. Wer hier Kritik ob der Zinspolitik heraushören will, der darf das …

Fakt ist, daß sich innerhalb der letzten 13 Monate ein Anstieg der Verbraucherpreise von -0,7% auf +1,7% ergeben hat. Das sind markige 2,4% Veränderung, die mit einem stabilen Reposatz bei 1% "atmen". "Food for thought!"

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Die Arbeitslosenrate lieferte in der Eurozone per Juni keine Überraschung. Es bleibt den Erwartungen entsprechend bei 10%. Damit verharrt die Quote auf dem höchsten Stand seit 12 Jahren.

Hier ist ein Bild markanter Disparität gegeben. Deutschland gibt bezüglich Veränderung das Paradepferd mit 7%, Frankreich kommt nicht in Tritt mit 10%, Italien trippelt mit 8,5% in die richtige Richtung und Spanien macht sich fraglos sportlich gut bei der Fußball WM, in Wimbledon, bei der Tour de France oder in der Formel 1, versäumt es aber mit 20% Arbeitslosigkeit dieses sportliche Momentum sinnvoll in ökonomischen Vortrieb umzusetzen.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2500-1.2550 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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