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Eurozone läuft kraftvoll - Hoppla, Bernanke in unserem Fahrwasser …

03.08.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.3175 (07.05 Uhr), nachdem im US-Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3195 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 86.40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.85 während EUR-CHF bei 1.3670 oszilliert.

Die Eurozone setzt mit vielen Daten in den letzten Tagen am laufenden Meter positive Akzente und unterstreicht damit, daß einerseits insbesondere die exportstarken Länder voll im Konzert der Weltwirtschaft und des jetzt anspringenden Investitionsgüterzyklus mitspielen und andererseits die Restrukturierung der Reformländer sehr gut voranschreitet.

Dabei spielt der positive Trend der Weltwirtschaft fraglos eine entspannende und fördernde Rolle. Grundsätzlich funktionieren Reformen vor dem Hintergrund einer starken Weltkonjunktur besser, als im Abschwung, in dem sie prozyklisch die Krisenlage verschärfen. Es ist erfreulich, daß diese Entwicklungen auch am Devisenmarkt honoriert werden.

Es handelt sich um eine Weltwirtschaft, die von der Reserve Bank of Australia als oberhalb des Trends wachsend interpretiert wird. Das gilt definitiv für das 2. Quartal 2010. Für das 3. Quartal 2010 steht in einer Gesamtbetrachtung voraussichtlich eine leichte Abkühlung der Weltwirtschaft ins Haus.

Im Fall China wurde/wird diese Abkühlung bewußt durch die Politik herbeigeführt. Daraus ein Krisenszenario abzuleiten, verbietet sich förmlich. Im Fall der USA ist die Abschwächung strukturell bedingt. Indien ist beispielsweise nicht betroffen. Auch andere Regionen sind weiter stabil oder legen sogar an Tempo zu.

Fakt ist, daß sich ein dreifächriger Impulsgeber in der Weltwirtschaft zeigt. Der Lagerzyklus ist für viele Länder nicht beendet. Der Investitionsgüterzyklus beginnt gerade erst zart zu greifen und bedingt durch bessere Beschäftigung ergibt sich in 60% - 70% der Weltwirtschaft die Chance auf einen verstärkten Konsumzyklus. Das ist eine profunde Ausgangslage, in der konjunktureller Opportunismus nicht ansatzweise erkennbar ist.

Mit anderen Worten ist eine individuelle Würdigung der Konjunkturlage in den jeweiligen Ländern erforderlich, um zu einer belastbaren Gesamtprognose zu gelangen.

Die leichte Abkühlung der Konjunkturlage der Weltwirtschaft ist bitter notwendig, um Überhitzungserscheinungen zu vermeiden, die den Aufschwung unter mittel- und langfristigen Gesichtspunkten gefährden könnten. Eine Rezessionsdebatte auf dieser Basis loszutreten, ist absurd.

Wenden wir uns der gestrigen Veröffentlichung des Einkaufsmanagerindex der Eurozone per Juli zu. Die Schätzung bei 56,5 Punkten wurde mit 56,7 Punkten noch einmal übertroffen. Der Index stand im Vormonat bei "nur" 55,6 Punkten.

Der deutsche Index wies mit 61,2 nach zuvor 58,4 Zählern ein Niveau aus, das eher für Boom als hohes Wachstum steht.

Aber auch die Indices aus Frankreichs mit 53,9 oder aus Italien mit 54,4 Punkten signalisieren solide Expansion.

Spanien reüssiert mit 51,6 nach 51,2 Zählern. Selbst Griechenland konnte an Boden gewinnen. Hier kam es zu einem Anstieg von 42,2 auf 45,3 Punkte. Damit nähert sich Griechenland der neutralen Zone bei 50 Punkten an.

Im Gegensatz zu dem europäischen Einkaufsmanagerindex ergab sich in den USA eine entgegen gesetzte Tendenz im ISM-Index per Juli. Dieser Index sank von zuvor 56,2 auf 55,5 Punkte. Die bei 54,1 Zählern angesiedelte Konsensusprognose wurde jedoch deutlich überboten.

Der Index impliziert weiterhin solides Wachstum in diesem Sektor der US-Wirtschaft, der eng mit der Weltwirtschaft verzahnt ist. Die schwachen Sektoren der US-Wirtschaft bleiben die durch die Binnenwirtschaft bestimmten Felder.

Die Subindices lieferten folgende Ergebnisse. Der Produktionsindex sank von 61,4 auf 57,0 Punkte. Der Auftragsindex ging von 58,5 auf 53,5 Zähler zurück, während der Beschäftigungsindex von 57,8 auf 58,6 Punkte zulegte.

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Die US-Bauausgaben sanken per Juni nicht erwartungsgemäß um -0,5%, sondern legten überraschend um 0,1% zu. Die Freude ob dieser Entwicklung wurde jedoch durch die Revision des Vormonatswerts von -0,2% auf -1,0% neutralisiert. Als Zweimonatsergebnis stellte sich sogar auf aggregierten Basis eine Verfehlung der Konsensusprognose um -0,2% ein.

Hilfreich ist auch ein Blick auf den Jahresvergleich. Gegenüber Juni 2009 stellt sich ein Rückgang um -7,9% ein. Diese Branche (Binnenwirtschaft) ist weiterhin in markanter Krisenverfassung.

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Kommen wir zu Ben Bernanke. Es kommt nur selten vor, daß sich die Sichtweisen Ben Bernankes und der des "Forex Report" gleichen oder zumindest ähneln. Das war gestern der Fall und bedarf dann auch einer Kommentierung. Herr Bernanke äußerte sich wie folgt:

"Die Fed müsse weiterhin sicherstellen, daß die US-Wirtschaft die Geldpolitik erfährt, die die Unterstützung liefert, die notwendig ist. Man müsse vorsichtig sein, die Verschärfung der Fiskalpolitik zu schnell umzusetzen. Die Wirtschaft sei weiterhin in einer ziemlich schwachen Verfassung".

Hier gibt Bernanke unumwunden zu, daß eine fortgesetzte Subventionierung erforderlich ist. Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen die Stimuli zurückgefahren werden, können sich die USA diesen "Luxus" nicht leisten. Der US-Wirtschaft mangelt es an selbsttragenden Kräften. Die Sichtweise Bernankes deckt sich exakt mit unserer Analyse. Wir sehen in diesem Umstand keinen Tatbestand, der der Attraktivität des USD förderlich sein könnte.

Wir verweisen darauf, daß die Probleme der USA und des USD eben nicht primär zyklischer, sondern vor allen Dingen struktureller Natur sind.

Einige Häuser befleißigen sich in ihrer Analyse immer wieder, darauf zu verweisen, daß die US-Wirtschaft stärker wächst als die Wirtschaft der Eurozone, um potentielle Stärke des USD zu rechtfertigen. Das mag ja auf ersten Blick charmant sein und stimmig wirken, insbesondere hinsichtlich der Art und Weise wie die USA kreative Statistik betreiben.

Dieser Ansatz, sich solitär auf den "Output" (Wirtschaftsleistung) zu kaprizieren, ist jedoch "ambitioniert" und läßt wesentliche Ansätze qualitativ hochwertiger Analyse vermissen. Es kommt nicht nur auf den "Output" an, sondern ebenso auf den "Input", um ein Urteil über die Nachhaltigkeit und die Qualität des "Output" zu inkludieren.


Werfen wir einen Blick auf die Fakten
:


• Die USA leisten sich ein Budgetdefizit in Höhe von 10% des BIP, um 2% - 3% Wachstum des BIP angreifbarer Qualität zu forcieren (wir lassen den real negativen Zins aus der Betrachtung heraus).

• Die Eurozone wird in Richtung 5% Defizit und 1,5 Wachstum tendieren.


Was ist denn nun besser?

• 7% des BIP zu verbrennen und nichts zu reformieren

• oder 3,5% des BIP zu verlieren und sich dabei erfolgreich zu restrukturieren?

Die Antwort überlasse ich Ihnen!

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2700-1.2730 neutralisiert den positiven Bias.


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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