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Interview mit H.-J. Bocker: Wie geht´s weiter Herr Professor? (Teil1/2)

12.08.2010  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
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Frage: Es wird vielfach behauptet, wir befänden uns am Ende der Finanzkrise. Teilen Sie diese Ansicht?

Prof. Dr. H.-J. Bocker: Es ist dieselbe Art der Stimmen von Realitätsverweigerern, die im August 1939 noch weltweit lautstark verkündeten: "Ewiger Friede in unseren Zeiten ist garantiert". (Am 1. September begann dann der 2. Weltkrieg.) Die Krise in unserer Zeit hat noch nicht einmal begonnen. Bisher gab es kaum spürbare Vorbeben. Man sehe sich nur die übervollen Restaurants, Supermärkte, Autobahnen, Flugzeuge, Fernzüge, Kaufhäuser, Kühlschränke, Freudenhäuser, Arztpraxen, Apotheken, Tierheime, Kurheime, Altersheime, Discos und Parkplätze an. Nur der Scheinwohlstand auf Kredit verleitet zu dieser aberwitzigen Ansicht vom glorreichen Krisenende.


Frage: Wieso eigentlich?

Prof. Dr. H.-J. Bocker: Weil nicht ein einziges der dieser "Vorkrise" zugrundeliegenden Fundamental-Probleme auf den sich jagenden "Gipfeln" angesprochen, geschweige denn gelöst wurde. Kein Ende der Dauerkriege ist in Sicht. Die Schulden- und Derivateberge wachsen munter weiter und man gipfelt ebenso munter weiter vor sich hin. Die Schulden wären zu gerade noch machbaren Raten nur über Jahrhunderte hinweg abzahlbar.

Die Banken sind immer noch - bzw. schon wieder - tief in risikoreiche Scheingeschäfte ohne jede Wertschöpfung verstrickt und zahlen sich selbst gewaltige Boni und Gehälter. Alle Verluste trägt der Steuerzahler, mögliche Gewinne werden einbehalten. Gab es je Schöneres? Die Bankbilanzen werden weiter legal gefälscht und Giftpapiere entweder aus der Bilanz über "Zweckgesellschaften" herausgehalten oder schlicht der Zentralbank überreicht. Diese druckt weiter Geld wie gehabt, oder noch billiger, erzeugt auf Knopfdruck Digitalgeld in astronomischen Quantitäten, denn ansonsten bräche das System gleich zusammen.

Die durch nichts ausser bröckelndem Vertrauen gedeckten US Gesamt-Staatschulden, seien sie verzinslich oder zinslos, sind etwa doppelt so hoch wie die gesamte Wirtschaftsleistung aller 194 Länder der Welt in einem Jahr und der Derivatemarkt ist seinerseits ungefähr 22 Mal so groß. Diese eine Million Milliarden Dollar plus Schuldenberg kann durch nichts und niemand zurückgezahlt werden.

Um ein solches Derivate-Volumen aufzubringen müsste die gesamte Welt 22 Jahre arbeiten, ohne die zwischenzeitlich auflaufenden wie auch die bestehende Schulden zu berücksichtigen. Um diese auf Null zu bringen, dürften - abhängig von der Höhe der Ratenzahlungen - viele Jahrzehnte oder auch einige Jahrhunderte vergehen. Jede machbare und vernünftige Lösung scheidet angesichts dieser Zahlen aus. Sie ist so unmöglich, wie einer Qualle Knochen einzusetzen, dem Papst die Bibel zu verbieten oder ein einjähriges Drillingspaar zu Nobelpreisträgern zu machen.


Frage: Aber der Stresstest beweist doch, dass die Banken viel sicherer sind als vor der Krise?

Prof. Dr. H.-J. Bocker: Wohl kaum. Das sind typische Verzweiflungstaten eines zusammenbruchreifen Systems. Man beruhigt die Massen mit erfundenen Scheinproblemen, indem man beispielsweise solche Kabarett-Vorstellungen wie den "Stresstest für Banken" kreiert. Ausser den Lachmuskeln wird hierbei allerdings nichts gestresst. Hier wurde, genau wie in den bankrotten Planwirtschaften und deren "Statistiken" manipuliert, weggelassen, falsch berechnet, vorgetäuscht, das herrliche System hochgelobt und gelogen dass sich selbst jahrhundertealte Eichenbalken biegen.

Ein kritischer Kommentator fragte: Alles in Butter oder alles Käse? Er kam zu dem Schluss, dass der Käse nach Wochen in der grellen Schuldensonne, schon gewaltig stinkt, nicht nur riecht. Die Banken sind genau so krank wie vorher und nichts hat sich geändert. Um die Glaubwürdigkeit zu zementieren, hat man sogar einige unwichtige Institutionen "durchfallen" lassen. Ja, sowas! Aber was tut man nicht alles, um das Leben der Todkranken auf den Intensivstationen der Finanzkrankenhäuser um noch einige Tage oder Wochen zu verlängern?


Frage: Aber es gibt doch zumindest Lösungsansätze, oder?

Prof. Dr. H.-J. Bocker: Das könnte man so sehen. Amerika führt weiter schmutzige Kriege und bereitet neue vor. Man hofft dort auf fallende Arbeitslosenzahlen und Aufschwung der kümmernden Konjunktur in einer hochtourig laufenden Kriegswirtschaft. Nachdem die Finanz-Rettungsspritzen nahezu wirkungslos verpufften, muss nun endlich eine "richtige Lösung" her.

Die Politikerkaste praktiziert weltweit weiter Volksbeglückung auf Pump. Manche dieser "Führer" haben leider den Habitus von Küchenschaben. Die Regierungen stützen nach wie vor mit diversen Konjunkturprogrammen, Hilfspaketen und "Garantien" in drei- oder vierstelligen Milliardenbeträgen abwechselnd die Wirtschaft oder neuerdings ganze souveräne Länder, und vor allem aber ihre Lieblinge, die Banken. Diese - zumindest die Großen unter ihnen - geniessen also den Sozialstaat als eine Art superprivilegierte Hartz 4–Empfänger auf höchster Ebene, die niemals untergehen können.




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