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Lebensversicherungen - Fels in der Brandung oder drohender Kollaps?

09.09.2010  |  Frank Amann
Neben Banken, Bausparkassen und Fondsgesellschaften sind Lebensversicherungsgesellschaften als bedeutende "Kapitalsammelstellen" in Deutschland seit Jahrzehnten fest etabliert. Millionen Bundesbürger vertrauen ihnen wesentliche Teile ihres Sparvermögens an.

Ein Blick zurück: Bis Anfang der 90er Jahre boten Lebensversicherungsgesellschaften vor allem sogenannte Kapitallebensversicherungen an. Der Begriff "Kapital" sollte den Schwerpunkt dieser Produktart verdeutlichen, nämlich Kapital anzusparen. Kapitallebensversicherungen waren also mehr ein Sparplan mit Versicherungsschutz, denn eine Versicherung im ursprünglichen Sinn. Es gab jedoch schon immer reine (Risiko-)Lebensversicherungstarife ohne Kapitalansammlung. Diese waren (und sind) für Versicherungsgesellschaften und Vermittler jedoch weniger lukrativ, da sich mit den Kapital-Produkten wesentlich höhere Gewinne bzw. Provisionen erzielen ließen.

Ab Anfang der 90er Jahre gewannen dann die Privaten Rentenversicherungen und Fondsgebundenen Lebensversicherungen an Bedeutung und sollten der klassischen Kapitallebensversicherung sukzessive den Rang ablaufen. Die private Rentenversicherung funktioniert im Grunde genommen jedoch nicht viel anders als eine Kapitallebensversicherung, sie beinhaltet i.d.R. jedoch keinen Todesfallschutz, der über die Rückerstattung der Beiträge im Todesfall hinausgeht und stellt grundsätzlich zum Ablauf eine (garantierte) Rente in Aussicht (die jedoch zumeist auch als Einmalzahlung - wie bei der Kapitalversicherung - abgerufen werden kann).

Die Fondsgebundene Lebens-/Rentenversicherung hingegen ist jedoch etwas grundsätzlich anderes. Hier werden die Spargelder, die an die Versicherung fließen, nicht von der Versicherung selbst, sondern von Investmentgesellschaften verwaltet. Die Versicherungsgesellschaft stellt also lediglich das juristische und logistische Vehikel für den Ansparprozeß und deckt die versicherungsmäßigen Risiken ab, die Verwaltung des "Spartopfes" ist jedoch an eine oder mehrere Investmentgesellschaften ausgelagert. Hier könnte man nun fragen, warum man überhaupt über den Umweg einer Versicherung in Fonds investieren sollte. Doch damit wären wir bereits bei einem wesentlichen Faktor der bundesdeutschen Lebensversicherungs(erfolgs)geschichte:


Die steuerliche Förderung!

Für bis zum 31.12.2004 abgeschlossene Verträge waren nämlich unter bestimmten Voraussetzungen jegliche Erträge, die innerhalb einer Lebens-/Rentenversicherung entstanden, vollständig steuerfrei! Sogar die Beiträge waren innerhalb bestimmter Grenzen als Sonderausgaben abzugsfähig (dies galt/gilt jedoch nicht bei den Fondsgebundenen Lebens-/Rentenversicherungen).

Es war im wesentlichen die Kombination aus gewünschter Sicherheit der Sparer, staatlicher Förderung (Steuervorteile), ein attraktives Provisionssystem (für die Vermittler), der Mangel an Alternativen und die bundesrepublikanische Wachstumsgeschichte an sich, die den Erfolg der Lebensversicherungsgesellschaften begründeten und gegen alle Kritik immun scheinen ließen. Der gelegentlich von sogenannten Verbraucherschützern monierte Mangel an Transparenz und die Renditenschwäche berührte weder Gesellschaften noch Vermittler und Verbraucher sonderlich; zu dominant waren die Vorteile bzw. die Marktmacht der Anbieter.

Aber: Das war einmal. Zwischenzeitlich steht die Lebensversicherungsbranche vor einem Bündel von Herausforderungen und Problemen, die beileibe nicht nur mit der jüngsten Finanz- und Wirtschaftkrise zu tun haben, sondern deren Ursachen wesentlich tiefer liegen. Nachfolgende Ausführungen mögen dazu beitragen, einige erhellende Erkenntnisse über den tatsächlichen Zustand der Lebensversicherungsbranche und der mittel- bis langfristigen Sicherheit der dort für die Versicherten verwalteten Gelder zu vermitteln.

Es versteht sich von selbst, daß die Lebensversicherungsbranche, samt ihren zahlreichen Lobbyisten (und Aufsichtsräten - nicht selten übrigens Politiker aus allen Lagern) ein hohes Interesse daran hat, ihr "Fels in der Brandung-Image" zu wahren und Szenarien von einem etwaigen Niedergang der Branche kategorisch zu widersprechen.

Auch der Staat und die Versicherungsaufsicht befinden sich mit Sicherheit nicht auf der Seite derer, die die Branche allzu hart kritisieren; schließlich erfüllen die Lebensversicherer im heutigen Geld- und Schuldensystem eine wichtige Funktion; sie sind mit die größten Staatsfinanzierer, d.h. mit dem Geld ihrer Sparer kaufen die Lebensversicherer zu großen Teilen (Staats-)Anleihen. Lebensversicherer werden daher als systemrelevant betrachtet. Ob beim Untergang der Hypo Real Estate (HRE) - diverse Lebensversicherer hatten z.B. erhebliche Pfandbriefpositionen der HRE im Portfolio - oder der drohenden Zahlungsunfähigkeit Griechenlands und anderer Südländer: Ausfälle von derartigen Anleihen/Schuldverschreibungen würden auch und insbesondere die Versicherungsgesellschaften (und somit ihre Sparer) hart treffen.


Damit wären wir beim Problem Nr. 1:

Lebensversicherer halten den Löwenanteil ihrer Versichertengelder in Anleihen und sind letztlich darauf angewiesen, daß die an Gläubiger verschiedenster Art (Staaten, Banken und Unternehmen) verliehenen Gelder auch wieder zu 100% zurückgezahlt werden, um die Garantie, die sie gegenüber ihren eigenen Versicherten ausgesprochen haben, auch langfristig tatsächlich halten zu können. Es bedarf wenig hellseherischer Fähigkeiten, festzustellen, daß es eine erhebliche Zahl an Staaten und auch Institutionen gibt/geben wird, die wohl nicht in der Lage sein werden, ihre Schulden zu 100% zurückzuzahlen.

Dies bedeutet auch, daß sämtliche Rettungsmaßnahmen der Staaten(-gemeinschaft) zur Rettung von überschuldeten Staaten und Banken darauf abzielten, daß Lebensversicherungen ihren Stabilitätsanspruch (zumindest vorerst) halten konnten. Es könnten aber andere Zeiten bevorstehen; in einer Presseveröffentlichung des Kanzleramts im Zusammenhang mit einem möglichen Insolvenzplan für überschuldete Staaten (vom 12. Juli 2010) heißt es:

Neben privaten Investoren - Banken, Fonds und Versicherungen, aber auch Kleinanleger - sollen im Gegenzug auch die Schuldenländer selbst höhere Lasten tragen und unter bestimmten Umständen sogar Mitbestimmungsrechte an eine Art Insolvenzverwalter abtreten.




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