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Fed sorgt für Ernüchterung - Ölpreis fällt auf 18-Monatstief

21.06.2012  |  Eugen Weinberg
Heute findet auf der Nordhalbkugel die Sommersonnenwende statt, der längste Tag des Jahres. Noch keine Wende ist dagegen am Rohstoffmarkt in Sicht. Die Wirtschaftsdaten enttäuschen und seitens der Zentralbanken sind kurzfristig keine massiven Stützungsmaßnahmen zu erwarten. Zwar hat gestern die US-Fed die sog. "Operation Twist“ um 267 Milliarden USD aufgestockt und um sechs Monate verlängert. In diesem Monat läuft das vorherige Programm in Höhe von 400 Milliarden USD aus. Da jedoch einige Marktteilnehmer im Vorfeld der Sitzung mit einer neuen Runde der quantitativen Lockerung, d.h. eines Aufkaufs von Staatsanleihen durch die Fed gerechnet hatten, fiel die Reaktion enttäuschend aus. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass die Zentralbanken weiter eine sehr lockere Geldpolitik betreiben und sich Rohstoffe als Sachwerte seitens der Anleger zunehmender Beliebtheit erfreuen werden.


Energie

Der Brentölpreis fällt am Morgen auf ein 18-Monatstief von 92 USD je Barrel. Der WTI-Preis handelt sogar nur noch knapp über der Marke von 80 USD je Barrel. Für Ernüchterung sorgten gestern die Lagerdaten des US-Energieministeriums. Die US-Rohöllagerbestände sind in der Vorwoche unerwartet um 2,9 Mio. Barrel auf den höchsten Stand seit knapp 22 Jahren gestiegen. Angesichts einer sehr hohen Raffinerieauslastung wäre eigentlich ein Lagerabbau bei Rohöl zu erwarten gewesen. Dass dem nicht so war, lag an deutlich höheren Rohölimporten und einer gestiegenen US-Ölproduktion. Letztere erreichte mit 6,4 Mio. Barrel pro Tag den höchsten Stand seit Januar 1999. Dies steht auch einem Rückgang der Ölvorräte in Cushing entgegen, welche zuletzt wieder um 360 Tsd. Barrel stiegen. Die Vorräte an Ölprodukten sind ebenfalls gestiegen, was sich mit der hohen Raffinerieproduktion und mit einer geringeren Nachfrage erklärt. Im Gegensatz zu den Ölvorräten befinden sich die Benzin- und Destillatebestände aber weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Angesichts der negativen Marktstimmung und des Überangebots dürfte der Druck auf die Ölpreise anhalten. Es liegt nun an Saudi-Arabien und den anderen OPEC-Mitgliedern, das Überangebot zurückzuführen, um den Preisverfall zu stoppen.


Edelmetalle

Gold ist gestern erstmals seit acht Tagen kurzfristig unter 1.600 USD gefallen. Zwei Faktoren waren u.E. vor allem dafür verantwortlich: Zum einen wurde am Nachmittag eine Regierungsbildung unter der Führung der Nea Dimokratia aus Griechenland vermeldet. Damit ging die teilweise hohe Unsicherheit zurück und die Nachfrage nach dem "sicheren Hafen" Gold ließ nach. Zum anderen wurden die im Vorfeld hohen Erwartungen an die US-Notenbank Fed ausgepreist. Zwar sollen die US-Leitzinsen bis Ende 2014 auf dem sehr niedrigen Niveau bleiben, ein „QE3“ bleibt jedoch aus. Aber auch ohne unkonventionelle Geldpolitik stützen die Zentralbanken derzeit Gold, z.B. in dem sie ihre Währungsreserven diversifizieren und weiter Gold kaufen. So hat laut Interfax die russische Zentralbank ihre Goldbestände im Mai um 500 Tsd. auf 29,3 Mio. Unzen aufgestockt.


Industriemetalle

Die Metallpreise stehen weiterhin unter Druck, nachdem die US-Notenbank Fed Hoffnungen auf ein "QE3" enttäuscht hat. Aluminium fällt heute Morgen zum ersten Mal seit zwei Jahren unter die Marke von 1.900 USD je Tonne. Der anhaltend hohe Angebotsüberschuss - gut 624 Tsd. Tonnen in den ersten vier Monaten des Jahres gemäß den neuesten Daten von WBMS - und der fallende Ölpreis dürften einer merklichen Preiserholung entgegenstehen. Ähnlich verhält es sich bei Nickel. Daten der International Nickel Study Group (INSG) zufolge übertraf im April das Angebot die Nachfrage den zehnten Monat in Folge. Für das Gesamtjahr erwartet die INSG aufgrund der Inbetriebnahme neuer Minenprojekte und der Ausweitung bestehender Produktionskapazitäten einen Angebotsüberschuss von 50 Tsd. Tonnen, was ebenfalls auf dem Preis lasten sollte.

Am globalen Kupfermarkt hat sich die Angebotssituation in den letzten Monaten dagegen merklich angespannt. Gemäß WBMS-Daten wies der Kupfermarkt von Januar bis April ein Angebotsdefizit von fast 277 Tsd. Tonnen auf. Zur selben Zeit im Vorjahr bestand noch ein Überschuss von gut 170 Tsd. Tonnen. Daten der International Copper Study Group (ICSG) zufolge, die allerdings mit einem Monat Verzögerung veröffentlicht werden, bestand allein im März ein Defizit von 135 Tsd. Tonnen. Neben strukturellen Problemen auf der Angebotsseite deutet dies auch auf eine anhaltend robuste Nachfrage hin. Rein fundamental betrachtet sollte der Kupferpreis am besten von allen Industriemetallen unterstützt sein.

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Agrarrohstoffe

China hat im Mai deutlich mehr Getreide und Sojabohnen importiert als im Vormonat. Dies deutet darauf hin, dass China den Preisrückgang genutzt hat, um seine Bestände aufzustocken. Die Weizenimporte haben sich auf 557,6 Tsd. Tonnen nahezu verdoppelt, die Maisimporte auf 116,4 Tsd. Tonnen sogar versiebenfacht, wobei der Aprilwert ungewöhnlich niedrig war und die monatlichen Importe zuvor deutlich höher lagen. Die Sojabohnenimporte stiegen im Mai um 8% auf 5,278 Mio. Tonnen, was dem höchsten Monatswert seit November 2011 entspricht. Seit Jahresbeginn hat China 23,4 Mio. Tonnen Sojabohnen importiert und damit gut 20% mehr als im Vorjahr.

Bei Baumwolle blieben die Importe im Mai mit gut 500 Tsd. Tonnen auf einem konstant hohen Niveau. Seit Jahresbeginn belaufen sich die Baumwolleinfuhren auf 2,6 Mio. Tonnen, was einer Verdopplung gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. China ist damit auch an den Agrarmärkten ein preisstabilisierender Faktor. Dies gilt in beide Richtungen. Der Preisrückgang um mehr als 10% bei Baumwolle seit gestern kann möglicherweise darauf zurückzuführen sein, dass China einen Teil seiner zuvor bestellten Lieferungen wieder verkauft hat, um vom deutlich gestiegenen Preisniveau zu profitieren. Aufschluss hierüber können unter Umständen die heutigen Exportdaten des US-Landwirtschaftsministeriums geben.




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