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War es das für die Eurozone und den Euro?

27.06.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (08.05 Uhr) bei 1.2495, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im europäischen Handel bei 1.2530 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 99.25, während EUR-CHF bei 1.2010 oszilliert.

Wir haben uns an dieser Stelle in den letzten 30 Monaten im Forex Report bemüht, sachlich den Krisenprozess zu begleiten und nicht solitär nur die negativen Seiten der Eurodefizitkrise zu beleuchten.

Der Forex Report war und ist eine der ganz wenigen Ausnahmen, der sich auch mit den Erfolgen der Reformpolitik der Eurozone auseinandersetzte und nicht die Erfolge ignorierte oder gar zerredete. Diese Erfolge waren und sind imposamt. Das gilt für die Entwicklung der Defizite der Waren- und Dienstleistungsbilanz der Reformländer, die maßgeblich über wachsende Exporte Ausdruck einer Gesundung der Geschäftsmodelle sind:

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Wir haben belegt, dass Griechenland sehr wohl Reformen umgesetzt hat. Wir haben belegt, dass es ansonsten bei einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um 12% in zwei Jahren nicht zu einer Reduktion der Neuverschuldung von 15,4% auf 9,1% des BIP (offizielles Ziel 7,6%, Verfehlung um 3,5 Mrd. Euro per 2011) hätte kommen können. Damit haben wir belegt, dass die Medienlandschaft als auch Protagonisten meiner Branche mindestens oberflächlich agierten und dafür sorgten, dass Vertrauensaufbau und Kapitalzuflüsse nach Griechenland im Keim erstickt wurden.

Wir haben bei dem Reformland Italien darauf verwiesen, dass es dort in diesem Jahr eine Neuverschuldung von 1,5% - 2,0% des BIP geben wird (D 1,2%, USA, Japan und UK zwischen 8% - 10%), dass Italien das größte Staatsvermögen in der Eurozone hat, dass der Aufbau der Schuldendynamik in Italien seit 1999, dem Start des Euros, im Vergleich zu Deutschland und den USA als unausgeprägt gelten muss (Italien +6%, Deutschland +30%, USA +50% des BIP).

Wir haben darauf verwiesen, dass in der Eurozone das größte Reformprogramm in der Historie der Industrienationen umgesetzt wird und damit das Potentialwachstum mittel- und langfristig erhöht wird (Erhöhung des Potentialwachstums um 15% - 20% auf nächsten 10 Jahre), sofern die Inegrität der Eurozone nicht beschädigt würde.

Wir erlaubten uns, dazulegen, dass die Unterschiede zu den USA und Japan massiv sind. Die Neuverschuldung in der Eurozone hat durch die Reformpolitik eine investive Tendenz, während die Neuverschuldungen in den USA und Japan mangels Reformen eine konsumtive Tendenz aufweisen.

Der Erfolg lässt sich auch an der Neuverschuldung der gesamten Eurozone darlegen. Per 2012 soll laut IWF und OECD die Neuverschuldung bei 3,0% -3,2% des BIP liegen. In den USA, Japan und UK werden Werte zwischen 8% -10% auf der Agenda stehen. Das Thema der struktuellen Haushaltsdefizite hatten wir aufgenommen, das selbst von Martin Feldstein (Harvard) thematisiert wurde, aber von "uns“ ins der Eurozone sträflich vernachlässigt wurde., wel es nicht in den "Euo-Bashing“-Kurs passte.

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Bezüglich der deutschen Position haben wir deutlich gemacht, dass die Eurozone das Rückgrat der Deutschen Wirtschaft ist. Entsprechend mahnten wir einen politischen Umgang an, der dieser Tatsache Rechnung trägt.

Wir haben vor Vorfestlegungen der deutschen Politik gewarnt. Übrigens alle Vorfestlegungen wurden ultimativ nicht eingehalten. Durch den späten Rückzug der deutschen Position hatten die Maßnahmen dann jedoch eine unterproportionale Traktion. So weit - so gut oder so schlecht …

Wir sind im Endpielmodus um die Eurozone. Gestern hörten wir eine erneute Vorfestlegung seitens der deutschen Bundeskanzlerin. Diese erneute Vorfestlegung ist Ausdruck keiner Lernkurve in der deutschen Politik.

Merkel schließt gesamtschuldnerische Haftung in Europa aus

Berlin, 26. Jun (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine gemeinsame Haftung für Schulden in Europa ausgeschlossen. In einer FDP-Fraktionssitzung sagte sie Kanzlerin am Dienstag in Berlin nach Teilnehmerangaben, eine gesamtschuldnerische Haftung werde es nicht geben - "so lange ich lebe". Merkel habe deutlich gemacht, dass es nicht einmal in Deutschland nach 60 Jahren eine gemeinschaftliche Haftung gebe und sie diese auch in Europa nicht sehe.

Wir nehmen diese Einlassung zur Kenntnis und konstatieren, dass damit die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ausgangs der Eurodefizitkrise trotz der strukturellen Erfolge, die medial totgeschwiegen werden, deutlich minimiert ist. Fakt ist, dass damit sogar eine Krönungstheorie mit dem Eurobond als Abschluss der politsichen Integration unter Frau Dr. Merkel ausgeschlossen ist. Diese Äußerung ist implizit und voraussichtlich ungewollt eine Aufforderung an die internationalen Märkte, der Eurozone den Rücken zu kehren. Märkte sind in der Lage, eigene Realitäten zu schaffen.

Das Krisenmanagement der Eurozone der letzten 30 Monate ermöglichte über EFSF und ESM die Finanzierung der öffentlichen Haushalte der Problemländer. Der Weg nur partieller Solidarität verhinderte jedoch, dass der Realwirtschaft die notwendigen Mittel für angemessenes Wachstum zur Verfügung gestellt wurden, da die Risikoaversion über die Finanzmärkte die Wirtschaftssubjekte der Realwirtschaft in einer Art Starre verhaftete. Damit wurde das mangelnde Wachstum zur Achillesferse der Zielerreichung bei den öffentlichen Defiziten der Problemländer.

Dieser Zusammenhang ist in wesentlich Hauptstädten der Eurozone offensichtlich noch nicht bewusst geworden. Wir sagte Herr Feldstein so treffend. "Die Eurozone hat maßgeblcih konjunkturell bedingte Defizite!“ "Food for thought!“

War es das für die Eurozone und den Euro? - Die Antwort ist noch offen. Gestern Nachmittag haben sich die Gewichte jedoch klar in Richtung eines negativen Ausgangs verschoben.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein nachhaltiges Überwinden des Widerstandsfelds bei 1.2820 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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