Alle Blicke richten sich auf Brüssel
28.06.2012 | Eugen Weinberg
Energie
Der anhaltende Streik in der norwegischen Ölindustrie, ein schwächerer US-Dollar und freundliche Aktienmärkte geben den Ölpreisen Unterstützung. Die enttäuschenden US-Lagerdaten sorgen allerdings dafür, dass sich die Preiszuwächse in Grenzen halten. Die streikbedingten Ausfälle der Ölproduktion in Norwegen weiten sich aus. Nach Angaben des Verbandes der Ölindustrie belaufen sich die Produktionsverluste mittlerweile auf 240 Tsd. Barrel pro Tag, was 15% der norwegischen Ölproduktion entspricht. Ein baldiges Ende des seit letzten Sonntag andauernden Ausstands ist nicht in Sicht, da die norwegische Regierung nicht in den Konflikt über das Renteneintrittsalter der 7.000 Arbeiter in der Öl- und Gasindustrie eingreifen will.
Am morgigen Freitag wollen die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter über eine Ausweitung des Streiks beraten. Die Ölkonzerne könnten dann mit einer Aussperrung reagieren, um die Regierung zum Eingreifen zu zwingen. Bislang ist es aufgrund des Streiks noch nicht zu tatsächlichen Lieferausfällen gekommen. Dies dürfte sich aber ändern, wenn der Streik weiter eskaliert. Die US-Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche um 133 Tsd. Barrel zurückgegangen und damit deutlich weniger als erwartet. Der geringe Lagerabbau ist auch deswegen enttäuschend, weil deutlich niedrigere Importe, eine gestiegene Rohölverarbeitung und eine gesunkene Ölproduktion für einen stärkeren Lagerabbau gesprochen hätten. Der US-Ölmarkt bleibt somit reichlich versorgt, was den WTI-Preis belasten sollte.
Edelmetalle
Der Fokus der Marktteilnehmer dürfte sich auf den heute beginnenden EU-Gipfel in Brüssel richten, wo die Staats- und Regierungschefs über die Schuldenkrise in der Eurozone beraten. Wir sind skeptisch, dass den Politikern diesmal der "große Wurf" gelingt, nachdem es bei zuvor 19 EU-Gipfeln seit Anfang 2010 nur zu Absichtserklärungen ohne konkrete Maßnahmen gekommen ist. Zudem wurde der "Masterplan" für die Rettung der Währungsunion von EU-Präsident van Rompuy, EU-Kommissionspräsident Barroso, Eurogruppenchef Juncker und EZB-Präsident Draghi, der im Vorfeld des Gipfels veröffentlicht wurde, bereits scharf kritisiert. Eine Einigung dürfte damit so gut wie ausgeschlossen sein, so dass Enttäuschungspotenzial besteht. Gold kann im Vorfeld des EU-Gipfels im Zuge eines schwächeren US-Dollars dennoch moderat auf rund 1.580 USD je Feinunze zulegen und die anderen Edelmetalle erholen sich heute Morgen von ihren gestrigen, teilweise massiven, Verlusten.
Platin fiel zeitweise auf ein 4-Wochentief von 1.405 USD je Feinunze, Palladium markierte mit 575 USD je Feinunze sogar den tiefsten Stand seit sieben Monaten. Der gestrige Abverkauf bei diesen beiden industriellen Edelmetallen ging nicht mit Abflüssen aus ETFs einher. Die Bestände der von Bloomberg erfassten Platin- und Palladium-ETFs zeigen sich seit Tagen stabil. Die CFTC-Statistik zur Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger, die morgen veröffentlicht wird, hat den Preisrückgang gestern noch nicht erfasst und kann daher auch keinen Aufschluss geben.
Industriemetalle
An den Metallmärkten ist es zumindest vorübergehend zu einem Stimmungsumschwung gekommen. Seit gestern können die Preise in der Breite zulegen. Unterstützt werden sie dabei von festen Aktienmärkten und einem schwächeren US-Dollar sowie besser als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten in den USA. So überraschten die Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter im Mai positiv und auch am Immobilienmarkt ist es zu weiteren Fortschritten gekommen. Der Anstieg der Metallpreise könnte jedoch schon bald wieder gebremst werden bzw. sich ins Gegenteil umkehren, sollten die hohen Erwartungen an den EU-Gipfel enttäuscht werden.
Aluminium kann sich von seinem 2-Jahrestief erholen und auf ein Wochenhoch von knapp 1.890 USD je Tonne steigen. Und dies, obwohl das Angebot weiterhin nicht eingeschränkt wird. So hat sich Rio Tinto Alcan, einer der weltweit größten Aluminiumproduzenten, in Australien mit einem staatlichen Energieversorger auf einen neuen langlaufenden Stormversorgungsvertrag, wahrscheinlich zu deutlich günstigeren Konditionen, geeinigt. Dadurch soll eine Aluminiumschmelze mit einer Produktionskapazität von 182 Tsd. Tonnen p.a., die bei den aktuellen Preisen wahrscheinlich unrentabel ist, weiter betrieben werden. Auch in China werden in manchen Provinzen die Stromgebühren gesenkt und so die Aluminiumproduktion künstlich hoch gehalten.
Agrarrohstoffe
China scheint offensichtlich das gesunkene Preisniveau auf dem Weltmarkt zu nutzen, um seine Zuckerbestände aufzufüllen. Im laufenden Erntejahr 2011/12 dürfte China laut einer Bloomberg-Umfrage 3 Mio. Tonnen Zucker importieren und damit soviel wie seit 17 Jahren nicht. Der für 2011/12 von Czarnikow erwartete Angebotsüberschuss von ca. 8 Mio. Tonnen auf dem Zuckermarkt könnte somit etwas geringer ausfallen. Gleiches gilt auch für 2012/13. Aufgrund von Regen verzögert sich die Zuckerrohrernte in Brasilien. Diese liegt in der Hauptanbauregion Center-South seit Erntebeginn im April bis Mitte Juni 28% niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Für das neue Erntejahr war nach dem ersten Rückgang seit 10 Jahren eine Erholung erwartet worden.
Zwar befinden wir uns noch zu Beginn der Erntesaison, so dass der Rückstand in den kommenden Monaten noch aufgeholt werden kann. Dennoch bestehen für die bisherigen Prognosen einer Zuckerproduktion von 33 Mio. Tonnen für Center-South Abwärtsrisiken. Erste Schätzungen gehen bereits von weniger als 30 Mio. Tonnen aus. Denn aufgrund des Wetterphänomens El Nino könnte es auch in den kommenden Monaten zu starken Regenfällen und damit zu Beeinträchtigungen bei der Pflanzenentwicklung und der Ernte kommen. Diese Nachrichten unterstützen derzeit den Zuckerpreis, welcher seit Wochenbeginn um 6% auf 21,5 US-Cents je Pfund steigen konnte.
Der anhaltende Streik in der norwegischen Ölindustrie, ein schwächerer US-Dollar und freundliche Aktienmärkte geben den Ölpreisen Unterstützung. Die enttäuschenden US-Lagerdaten sorgen allerdings dafür, dass sich die Preiszuwächse in Grenzen halten. Die streikbedingten Ausfälle der Ölproduktion in Norwegen weiten sich aus. Nach Angaben des Verbandes der Ölindustrie belaufen sich die Produktionsverluste mittlerweile auf 240 Tsd. Barrel pro Tag, was 15% der norwegischen Ölproduktion entspricht. Ein baldiges Ende des seit letzten Sonntag andauernden Ausstands ist nicht in Sicht, da die norwegische Regierung nicht in den Konflikt über das Renteneintrittsalter der 7.000 Arbeiter in der Öl- und Gasindustrie eingreifen will.
Am morgigen Freitag wollen die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter über eine Ausweitung des Streiks beraten. Die Ölkonzerne könnten dann mit einer Aussperrung reagieren, um die Regierung zum Eingreifen zu zwingen. Bislang ist es aufgrund des Streiks noch nicht zu tatsächlichen Lieferausfällen gekommen. Dies dürfte sich aber ändern, wenn der Streik weiter eskaliert. Die US-Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche um 133 Tsd. Barrel zurückgegangen und damit deutlich weniger als erwartet. Der geringe Lagerabbau ist auch deswegen enttäuschend, weil deutlich niedrigere Importe, eine gestiegene Rohölverarbeitung und eine gesunkene Ölproduktion für einen stärkeren Lagerabbau gesprochen hätten. Der US-Ölmarkt bleibt somit reichlich versorgt, was den WTI-Preis belasten sollte.
Edelmetalle
Der Fokus der Marktteilnehmer dürfte sich auf den heute beginnenden EU-Gipfel in Brüssel richten, wo die Staats- und Regierungschefs über die Schuldenkrise in der Eurozone beraten. Wir sind skeptisch, dass den Politikern diesmal der "große Wurf" gelingt, nachdem es bei zuvor 19 EU-Gipfeln seit Anfang 2010 nur zu Absichtserklärungen ohne konkrete Maßnahmen gekommen ist. Zudem wurde der "Masterplan" für die Rettung der Währungsunion von EU-Präsident van Rompuy, EU-Kommissionspräsident Barroso, Eurogruppenchef Juncker und EZB-Präsident Draghi, der im Vorfeld des Gipfels veröffentlicht wurde, bereits scharf kritisiert. Eine Einigung dürfte damit so gut wie ausgeschlossen sein, so dass Enttäuschungspotenzial besteht. Gold kann im Vorfeld des EU-Gipfels im Zuge eines schwächeren US-Dollars dennoch moderat auf rund 1.580 USD je Feinunze zulegen und die anderen Edelmetalle erholen sich heute Morgen von ihren gestrigen, teilweise massiven, Verlusten.
Platin fiel zeitweise auf ein 4-Wochentief von 1.405 USD je Feinunze, Palladium markierte mit 575 USD je Feinunze sogar den tiefsten Stand seit sieben Monaten. Der gestrige Abverkauf bei diesen beiden industriellen Edelmetallen ging nicht mit Abflüssen aus ETFs einher. Die Bestände der von Bloomberg erfassten Platin- und Palladium-ETFs zeigen sich seit Tagen stabil. Die CFTC-Statistik zur Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger, die morgen veröffentlicht wird, hat den Preisrückgang gestern noch nicht erfasst und kann daher auch keinen Aufschluss geben.
Industriemetalle
An den Metallmärkten ist es zumindest vorübergehend zu einem Stimmungsumschwung gekommen. Seit gestern können die Preise in der Breite zulegen. Unterstützt werden sie dabei von festen Aktienmärkten und einem schwächeren US-Dollar sowie besser als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten in den USA. So überraschten die Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter im Mai positiv und auch am Immobilienmarkt ist es zu weiteren Fortschritten gekommen. Der Anstieg der Metallpreise könnte jedoch schon bald wieder gebremst werden bzw. sich ins Gegenteil umkehren, sollten die hohen Erwartungen an den EU-Gipfel enttäuscht werden.
Aluminium kann sich von seinem 2-Jahrestief erholen und auf ein Wochenhoch von knapp 1.890 USD je Tonne steigen. Und dies, obwohl das Angebot weiterhin nicht eingeschränkt wird. So hat sich Rio Tinto Alcan, einer der weltweit größten Aluminiumproduzenten, in Australien mit einem staatlichen Energieversorger auf einen neuen langlaufenden Stormversorgungsvertrag, wahrscheinlich zu deutlich günstigeren Konditionen, geeinigt. Dadurch soll eine Aluminiumschmelze mit einer Produktionskapazität von 182 Tsd. Tonnen p.a., die bei den aktuellen Preisen wahrscheinlich unrentabel ist, weiter betrieben werden. Auch in China werden in manchen Provinzen die Stromgebühren gesenkt und so die Aluminiumproduktion künstlich hoch gehalten.
Agrarrohstoffe
China scheint offensichtlich das gesunkene Preisniveau auf dem Weltmarkt zu nutzen, um seine Zuckerbestände aufzufüllen. Im laufenden Erntejahr 2011/12 dürfte China laut einer Bloomberg-Umfrage 3 Mio. Tonnen Zucker importieren und damit soviel wie seit 17 Jahren nicht. Der für 2011/12 von Czarnikow erwartete Angebotsüberschuss von ca. 8 Mio. Tonnen auf dem Zuckermarkt könnte somit etwas geringer ausfallen. Gleiches gilt auch für 2012/13. Aufgrund von Regen verzögert sich die Zuckerrohrernte in Brasilien. Diese liegt in der Hauptanbauregion Center-South seit Erntebeginn im April bis Mitte Juni 28% niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Für das neue Erntejahr war nach dem ersten Rückgang seit 10 Jahren eine Erholung erwartet worden.
Zwar befinden wir uns noch zu Beginn der Erntesaison, so dass der Rückstand in den kommenden Monaten noch aufgeholt werden kann. Dennoch bestehen für die bisherigen Prognosen einer Zuckerproduktion von 33 Mio. Tonnen für Center-South Abwärtsrisiken. Erste Schätzungen gehen bereits von weniger als 30 Mio. Tonnen aus. Denn aufgrund des Wetterphänomens El Nino könnte es auch in den kommenden Monaten zu starken Regenfällen und damit zu Beeinträchtigungen bei der Pflanzenentwicklung und der Ernte kommen. Diese Nachrichten unterstützen derzeit den Zuckerpreis, welcher seit Wochenbeginn um 6% auf 21,5 US-Cents je Pfund steigen konnte.