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Euro weiter schwach - Lieber Herr Rehn… jetzt wird’s bunt…

24.08.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2640 (07.35 Uhr), nachdem am Freitag im asiatischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2621 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 84.95. In der Folge notiert EUR-JPY bei 107.35 während EUR-CHF bei 1.3155 oszilliert.

Bevor wir mit der Aufarbeitung der letzten 24 Stunden beginnen, gilt es die erste Berechnung des deutschen BIP per 2. Quartal 2010 zu würdigen.

Wir machen das auch aus dem Grund, da diesen sensationellen Daten bisher weder am Devisenmarkt noch am Aktienmarkt eine angemessene Würdigung erfahren haben. Stellen Sie sich bitte vor, daß es sich hier um positiv überraschende US-Daten handelte. Was für ein Ballyhoo wäre uns dann wohl serviert worden …?

Per 2. Quartal 2010 ergab sich laut erster detaillierter Berechnung eine Zunahme des BIP im Quartalsvergleich um 2,2% und im Jahresvergleich um 4,1%. Damit wurden die Ergebnisse der ersten Schätzung bestätigt. Werfen wir einen Blick auf die Komponenten:

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Die Daten belegen die Breite des Aufschwungs in Deutschland. Es ist schon bemerkenswert, daß diese überraschend positiven Daten mit so viel Mißachtung belegt werden.

In diesem Kontext bedarf es auch einer Replik an EU-Kommissar Rehn, der sich gestern vor den Kameras von Bloomberg zu dem zu erwartenden Wachstum der Eurozone einließ.

EU Kommissar Rehn sagte, das schwächere Wachstum in China, Indien und anderen asiatischen Ländern hätte einen ernsthaften negativen Einfluß auf das europäische Wachstum (Quelle IDEA).

Herr Rehn impliziert mit seiner Einlassung einen dramatischen Einbruch Asiens, da ja ernsthaft negative Einflüsse für Europa erwartet werden. Ist das wirklich so?

So ist der normale Wachstumsclip in Indien bei 6,5% - 7,5%, zuletzt war er bei 8,6%. Wenn das Wachstumstempo auf 7,0% - 7,5% fallen sollte, soll das ein Problem für das Wachstum der Eurozone darstellen?

In China ist mit Ankündigung der Regierung der Wachstumsclip des 1. Quartals von knapp 12% auf gut 10% gesunken. Vielleicht geht er auch noch auf 9% zurück. Das soll das Wachstum in Europa gefährden?

Dieses Wachstum aus Asien heraus ist zusätzliche Nachfrage von dem bereits erhöhten Niveau aus den Vorquartalen!

Derartige Einlassungen der Qualität Rehns sind unsachlich und emotionalisieren.

Sinnvoll wäre es, wenn Herr Rehn es begrüßen würde, daß Asien, anders als die USA in der Vergangenheit, Risiken aus potentiellen Übertreibungen rechtzeitig erkennt und frei nach dem deutschen "Stabilitäts-und Wachstumsgesetz von 1967" ein verstetigendes Management im Wachstum implementiert und damit Asiens internationaler Verantwortung in unbestechlicher Manier nachkommt.

Eine Abschwächung in den USA und Unruhe an Staatsanleihemärkten könnte ebenso zur Sorge in Europa werden.

Ja, das könnte sein. Glücklicherweise haben die USA ja nur noch einen Anteil von circa 18% der Weltwirtschaft im Gegensatz zu den stabilen Schwellenländern mit circa 50%, so daß US-Schwäche mit nur Wachstum bei 0% oder 1% Europa nicht wirklich gefährden kann.

Die Unruhe an unseren Staatsanleihemärkten hält an. Spanien mit circa 60% Staatsverschuldung wird immer noch gemieden und die USA mit 92% sind gesucht. Die Stabilisierungserfolge der Eurozone werden in bockiger Manier ignoriert. So etwas passiert übrigens, wenn man sich selbst schwach redet, Herr Rehn! Chapeau …

Das europäische Wachstum werde im zweiten Halbjahr voraussichtlich an Dynamik verlieren. Das ist nicht auszuschließen Herr Rehn. Es ist aber immer noch deutlich besser, als die Erwartungen der EU im Frühjahr, oder? Gute Entwicklungen sollte man nicht schlecht reden. Sie wissen doch, daß Psychologie in der Wirtschaft eine nicht unwesentliche Ingredienz darstellt!

Wir erlauben uns hier noch einmal zu dem Thema Zyklen Stellung zu nehmen:
  • Die globale Lagerhaltung (80% der WW) ist nach wie vor höchst unzureichend (Durchschnittsbetrachtung - Rückmeldungen aus Unternehmen zu diesen Themen erwünscht).

  • Der internationale Investitionsgüterzyklus steht nach 18 monatiger Pause von Sommer 2008 bis Ende 2009/Anfang 2010 in den Kinderschuhen (70% der WW)

  • und der Konsumzyklus springt in circa 65% der Weltwirtschaft dank einer besseren Beschäftigungslage an und erhöht die Aggregatnachfrage.

Ja Herr Rehn und Sie sind skeptisch … und vielleicht ist der Euro auch deswegen weiterhin in schwacher Verfassung.

Gestern stand der "Chicago Fed National Activity Index" per Juli auf der Agenda. Der Index legte von zuvor -0,70 auf 0,00 Punkte zu.

Der aussagefähigere Dreimonatsdurchschnitt sank von -0,12 auf -0,17 Zähler. Damit bewegt sich der Index deutlich oberhalb der als kritisch definierten Marke von -0,70 Punkten, bei der von einem beginnendem Rezessionsrisiko gesprochen wird.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2500 - 1.2930 eröffnet neue Dynamik.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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