Suche
 
Folgen Sie uns auf:

USA weiterhin im konsumtiven Schuldenrausch, aber ohne Konsequenzen …

03.07.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.56 Uhr) bei 1.2600, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im europäischen Handel bei 1.2667 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.75. In der Folge notiert EUR-JPY bei 100.50, während EUR-CHF bei 1.2014 oszilliert.

Laut der US-Treasury stellt sich die verfassungskonforme Neuverschuldung (Public Debt) per Ultimo Juni nach 9 Monaten des laufenden Fiskaljahres auf 1.066 Mrd. USD. Die USA steuern auf das Jahr hochgerechnet auf eine Neuverschuldung in Höhe von 9,2% des BIP zu. Die Gesamtverschuldung stellt sich per 29. Juni 2012 auf 15.856,4 Mrd. USD oder auf 102,5% des BIP.

Diese Neuverschuldung entspricht circa der 3 fachen Staatsverschuldung Griechenlands. Nun mag es nicht opportun sein, Griechenland mit den USA bezüglich der Größe der Volkswirtschaft zu vergleichen. Gleichwohl soll dieser Vergleich verdeutlichen, dass die USA sich den eigenen Realitäten nicht stellen. Im Gegensatz zu Griechenland gibt es in den USA keine Reformen, die diesen Begriff verdienen.

Mangels Reformen in den USA kommt es dort zu einer primär konsumtiven Tendenz in der Neuverschuldung. Dank der Reformen in Griechenland ergibt sich dort durchaus eine investive Tendenz. Das wird unter anderem deutlich bei dem Blick auf den Primärhaushalt. Die Daten stammen vom IWF. Wir haben uns erlaubt, die Daten der gesamten als kritisch begutachteten Länder beizufügen und den Gewinnerländern am Devisenmarkt (USA, Japan, UK) gegenüberzustellen, um zu verdeutlichen, wie "antiautoritär" Märkte derzeit "Realitäten" diskontieren.

Open in new window


Intern diskutieren wir als Konsequenz den Begriff "Markteffizienztheorie". Sie können hoffentlich einen morgendlichen Spaß verstehen, oder?

Finnland bemüht sich die positiven Tendenzen für die Eurozone zu konterkarieren. In der Folge der Verlautbarung aus Helsinki verlor der Euro circa 1 Cent. "Chapeau" - hier entwickelt sich ein Stück Kontinuität aus Helsinki heraus. Nennen wir es schmerzliches "Friendly Fire".

Wir bemühen uns um den ganzen Zusammenhang und bedienen uns des Reuters Artikels mit Anmerkungen in "Blau". Der Eindruck, dass die Reaktion Finnlands einen primär innenpolitischen Hintergrund hat, dominiert.

(Reuters) Die auf dem EU-Gipfel mühsam ausgehandelte Rettungsstrategie für die klammen Euro-Staaten Italien und Spanien steht bereits wieder in Frage. Das ist von Reuters verbal scharf geschossen und überzeichnet. Die finnische Regierung machte am Montag nur drei Tage nach dem Brüsseler Beschluss deutlich, dass sie ein Veto gegen Staatsanleihekäufe durch den Europäischen Rettungsfonds ESM einlegen will. "Finnland hält das für einen ineffizienten Weg, um die Märkte zu stabilisieren", betonte ein Regierungsvertreter in Helsinki. Wir erlauben uns, festzustellen, dass Finnland offensichtlich europäische Staatsanleihemärkte für die Spekulation berechenbar gestalten will. Damit wird eine Ineffizienz der Verteidigung gegen unangemessene Spekulation durch Helsinki befördert. Wir empfehlen den Damen und Herren in Finnland einen Blick auf die Primärhaushalte und die Frage, welche westliche Wirtschaftsregion sachlich Zukunft schafft und damit verteidigt werden sollte.

Auch die Niederlande äußerten sich kritisch, wollen allerdings von Fall zu Fall entscheiden. Das klingt doch gleich eleganter, es ist aber ebenso klug wie die Einlassungen aus Helsinki. Der EU-Gipfel hatte mit Blick auf Anleihekäufe der Euro-Rettungsfonds beschlossen, bestehende Instrumente "flexibler und effizienter" zu nutzen und mit einer europäischen Aufsicht den Weg in Richtung Bankenunion zu gehen. Exakt …

Für den Kauf von Bonds überschuldeter Länder ist im ESM-Führungsgremium Einstimmigkeit nötig. Ein finnisches Nein würde somit das Vorhaben torpedieren, wenngleich es einen Ausweg gibt: Sollten Europäische Zentralbank und EU-Kommission die Lage als Notfall beurteilen, kann der Fonds auch lediglich mit der Zustimmung von 85 Prozent handeln. Also ist die Berechenbarkeit für die Spekulation doch nicht wie zuvor.


Werfen wir einen Blick auf die gestern veröffentlichten Wirtschaftsdaten:

Der Markit Einkaufsmanagerindex für den produzierenden Sektor stellte sich per Juni auf 45,1 Punkte nach zuvor 44,8 Zählern bei dem vorläufigen Wert. Diese Zunahme ist marginal und ist unerheblich. Meine kritische Haltung zu der Datenqualität von "Markit" halte ich absolut aufrecht. Das gilt um so mehr, als dass der Index für das Vereinigte Königreich sportlich von 45,9 auf 48,6 Punkte zulegt, obwohl es eine ausgemachte Kontraktion im produzierenden Gewerbe des UK seit Ende letzten Jahres gibt.

Die Arbeitslosenrate der Eurozone legte per Berichtsmonat Mai von zuvor 11,0% auf 11,1% zu. Die Situation ist prekär. Die Notwendigkeit einer anderen Gangart in der Eurokrisenpolitik wird auch an dieser Entwicklung deutlich.

Open in new window


Der US “ISM-Manufacturing Index“ per Juni enttäuschte auf voller Linie. Der Index brach unerwartet von zuvor 53,5 auf 49,7 Zähler ein und markierte das tiefste Ergebnis seit .Juli 2009. Die Prognose lag bei 52,0 Zählern. Insbesondere der Auftragsindex kollabierte von zuvor 60,1 auf 47,8 Punkte.

Open in new window


Die US-Bauausgaben setzten dagegen positive Akzente. Per Mai stellte sich eine Zunahme um 0,9% (Prognose 0,2%) nach zuvor 0,6% (revidiert von 0,3%) ein. Der Blick auf den Chart belegt, dass sich die Erholung fortsetzt, aber das Niveau immer noch weit unterdurchschnittlich ist.

Open in new window


Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst einnachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.2820 – 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"