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Kurze Verschnaufpause am US-Unabhängigkeitstag

04.07.2012  |  Eugen Weinberg
Wir haben in den vergangenen Wochen stets darauf hingewiesen, dass die Rohstoffmärkte vor allem wegen psychologischer und weniger fundamentaler Gründe unter Druck geraten sind. Denn bewertungstechnisch haben die Rohstoffpreise schon lange sehr viele Wirtschaftsrisiken eskomptiert. Dennoch war die "Eurokrise“ das alleinbestimmende Thema an den Märkten, das vor allem Unsicherheit und Angst geschürt und die Handlungen der Marktteilnehmer gelähmt hat.

Zwar weisen viele Analysten zurzeit zurecht darauf hin, dass die Krise noch lange nicht vorbei ist und die Entscheidungen vom letzten EU-Gipfel sie womöglich langfristig sogar weiter verschärfen könnten. Allerdings hat der Gipfel wichtige psychologische Signale gesendet, in dem man die Einigkeit der Euro-Regierungschefs, den Schulterschluss und die Bereitschaft, unkonventionelle Wege zu gehen, gezeigt hat. Damit soll das psychologische "Trauma“ des Marktes geheilt werden, was durchaus längerfristg steigende Preise zur Konsequenz haben könnte.


Energie

Seit Wochen haben wir gemahnt, dass der Ölmarkt nur die Nachfrageschwäche wahrgenommen und die Angebotsrisiken völlig außer Acht gelassen hat. Nun rücken aber diese Risiken in den Fokus und werden als Erklärung für die Preisstärke herangezogen. Insbesondere die Situation rund um den Iran sorgt für Unruhe - seit 1. Juli gilt das Verbot für die iranischen Ölexporte nach Europa und die US-Sanktionen, während der Iran damit droht, die wichtigste Arterie für Öltransporte, die Straße von Hormus, zu sperren. Es gilt aber auch: Diese Faktoren hatten schon vor einer Woche ihre Gültigkeit und der Unterschied besteht in der aktuellen Aufhellung der Marktstimmung. Der Markt sollte sich nun verstärkt nach den Fundamentaldaten richten und auch der Liquiditätssituation mehr Aufmerksamkeit schenken.


Edelmetalle

Auch der Goldpreis legte gestern im Zuge der allgemeinen Erholung bei Rohstoffen zu, wobei der Preiszuwachs mit 1,3% eher unterdurchschnittlich ausfiel. Nicht nur die Kurzfristspekulanten trugen zum Goldpreisanstieg bei. Vielmehr haben eher langfristig orientierte Investoren Gold gekauft. Die Gold-ETFs haben laut Bloomberg gestern Zuflüsse von 4,6 Tonnen verzeichnet und somit ihre Bestände auf einen Rekordwert von über 2.412 Tonnen ausgeweitet. Schon im Juni, einem sehr schwachen Monat für Rohstoffe, gab es bei den Gold-ETFs Zuflüsse von 37 Tonnen. Wir interpretieren die Zuflüsse, die wohl unabhängig vom allgemeinen Rohstoffmarktumfeld stattfinden, klar als Stärke. Dies dürfte eine gute Basis für den von uns erwarteten nachhaltigen langfristigen Preisanstieg bieten.

Stärker als Gold legten die anderen Edelmetalle zu: Silber verteuerte sich um 2,8%, Platin und Palladium stiegen um 2,3% bzw. 3,8%. Die beiden letztgenannten dürften zusätzlich von überraschend guten Autoabsatzzahlen in den USA unterstützt worden sein. Die saisonal bereinigte annualisierte Verkaufsrate ist im Juni im Vergleich zum Vorjahr um 22% auf 14,05 Mio. Stück gestiegen. Platin und Palladium werden hauptsächlich in der Herstellung von Autokatalysatoren verwendet. Dass der US-Markt stark benzinlastig ist, dürfte den stärkeren Preisanstieg bei Palladium erklären. Wir räumen beiden Metallen noch einiges Potenzial ein.

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Industriemetalle

Neben den Energieträgern profitierten gestern vor allem die Industriemetalle vom Stimmungsumschwung am Rohstoffmarkt. Der Index der Londoner Metallbörse, LMEX, stieg um 2,8% auf ein 6-Wochenhoch von 3.328 Punkten. Für die letzten drei Handelstage, also seit dem EU-Gipfel, steht ein Plus von 6,3% zu Buche. Besonders hervorzuheben ist die Preisentwicklung von Aluminium. Das Leichtmetall verteuerte sich gestern in der Spitze um 4,5% auf ein 3-Wochenhoch von knapp 2.000 USD je Tonne. Von seinem 2-Jahrestief Ende Juni ist Aluminium innerhalb von nur vier Handelstagen um fast 9% bzw. 160 USD je Tonne gestiegen und wies damit in dieser Beobachtungsperiode mit die beste Preisentwicklung von allen Rohstoffen auf.

Angetrieben wurde Aluminium u.a. von den stark gestiegenen Ölpreisen, zu denen das Leichtmetall langfristig eine hohe Korrelation aufweist. Durch den jüngsten Preisanstieg ist es allerdings unwahrscheinlicher geworden, dass es kurzfristig zu den dringend benötigten Produktionskürzungen kommt, um die hohen Angebotsüberschüsse abzubauen, da der Kostendruck dadurch etwas abgenommen hat. Auch die nach wie vor hohe physische Prämie, die von Konsumenten insbesondere in Europa und Asien auf den LME-Preis gezahlt wird, entlastet die Aluminiumschmelzer etwas. Obwohl es heute Morgen zu Gewinnmitnahmen kommt, gehen wir davon aus, dass sich die Preisrallye in den nächsten Tagen fortsetzt und gestehen Aluminium sowie den anderen Metallen deutliches Preispotenzial zu.


Agrarrohstoffe

Für fast alle Agrarrohstoffe ging es gestern im Preis bergauf. Besonders stark legten wieder die Getreide zu. Weizen schloss um 3,7% höher bei 782 US-Cents je Scheffel, Mais um 3,8% höher bei 718 US-Cents je Scheffel. Bei den Getreiden werden weiterhin die Folgen der Trockenheit in den USA und Russland diskutiert. Das russische Analysehaus SovEcon hat seine Prognose für die Weizenernte von bisher gut 50 Mio. Tonnen auf 48,5 Mio. Tonnen nach 56 Mio. Tonnen im Vorjahr reduziert, andere Schätzungen liegen noch darunter.

Auch Arabica-Kaffee konnte gestern nach einem Anstieg um 3,3% erstmals seit Anfang Mai wieder die Marke von 180 US-Cents je Pfund nehmen. Hier führen starke Regenfälle in Brasilien - in den Hauptanbaugebieten betrug die Niederschlagsmenge im Juni das Fünffache des langjährigen Durchschnitts - zur kritischeren Einschätzung der Kaffeeernte hinsichtlich Menge und Qualität. Auf der Nachfrageseite kommen Impulse von der an den Märkten erwarteten weiteren geldpolitischen Lockerung hinzu. Als Genussmittel reagiert Kaffee sensibler auf konjunkturelle Schwankungen als viele Grundnahrungsmittel. Aus den gleichen Gründen legte gestern auch Rohzucker um 2,8% auf ein Zwei-Monats-Hoch von knapp 22 US-Cents je Pfund zu. Der Oktober-Kontrakt stieg dabei stärker an als der März-Kontrakt, da sich die verzögerte Verfügbarkeit des brasilianischen Angebots stärker am kürzeren Ende niederschlägt.



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