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Verfassungsgericht spielt die Karte Zeit

11.07.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.30 Uhr) bei 1.2264, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im europäischen Handel bei 1.2333 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.35. In der Folge notiert EUR-JPY bei 97.30, während EUR-CHF bei 1.2010 oszilliert.

Die Frage ob der Euro-Rettungsschirm und Fiskalpakt verfassungskonform sind oder nicht wird voraussichtlich erst in den nächsten Monaten durch das Verfassungsgericht geklärt werden können. Das Gericht reagierte bereits auf die Bitten von Herrn Schäuble nach mehr Geschwindigkeit in der Entscheidungsfindung und erteilte ihm eine Absage mit dem Hinweis, dass die Entscheidungen des Verfassungsgerichts andere Dinge berücksichtigten als Nervosität des Marktes. Man kann also davon ausgehen, dass man sich bei der Prüfung die entsprechende Zeit nimmt …

Der Bundesbankpräsident äußerte sich zu den Erwartungen, die an eine schnelle Entscheidung zu dem Euro-Rettungsschirm und Fiskalpakts geknüpft waren.

Nachdem sich abzeichnete, dass ein schnelles Urteil nicht gefällt werden konnte und stattdessen von einer mehrmonatigen Prüfungs- und Aufnahmephase auszugehen ist, wollte Herr Weidmann auf die Bremse drücken und Erwartungen dämpfen.

"Eine schnelle Ratifizierung des Euro-Rettungsschirms und des Fiskalpakts ist keine Garantie, dass sich die Schuldenkrise nicht verschärft“ Patentlösungen oder Garantien in dieser Extremsituation sind in der Tat Wunschvorstellungen. Die Märkte würdigen schon seit Monaten keine Fakten mehr (egal ob Neuverschuldung, Gesamtverschuldung, Veränderungen in den Waren- und Dienstleistungsbilanzen usw.).

In den USA ist alles bestens - Fitch bestätigt frisch das AAA-Rating. Unabhängig der miserablen Haushaltslage und faktischen Handlungsunfähigkeit des Kongresses. Aber die Fed kauft einfach die MBS (mortgage-backed-securities) der US-Banken und die USA entledigen sich damit den Nachwirkungen der Immobilienblase…

Dieses einfallsreiche "Patentrezept“ wirkt nur leider bei uns im Euroraum nicht. Hier werden strukturelle Anpassungsprozesse von den Ratingagenturen zuerst eingefordert und im Anschluß als Grund für Herabstufungen der Länderratings herangezogen. Dabei wird in keinster Weise gewürdigt, wie diese Bremsspuren zustande kommen und dass sie im Rahmen einer fiskalischen Gesundung logisch zu erwarten sind. Solche schmerzhaften Anpassungen verdienen Vertrauen und Unterstützung statt Herabstufungen von den amerikanischen Ratingagenturen.

Besonders vor diesem Hintergrund wäre es zu begrüßen, wenn man sich selber nicht seines Handwerkszeugs beraubt und wichtige, aber beratungsintensive Verfassungsfragen über Monate in die Länge zieht. Handlungsbereitschaft hilft nicht, wenn die Fähigkeit zu agieren nicht gegeben ist…Es besteht allerdings die berechtigte Hoffnung, dass durch die juristische Aufarbeitung der Sparprogramme eine deutsche Sonderrolle in der Zukunft vermieden wird und diese Rechtssicherheit den EMS/Fiskalpakt auf eine neue Stufe hebt.

Nachdem EUR/USD Montag ein neues 2-Jahres-Tief bei 1,2225 markierte, sieht es für den Euro weiterhin düster aus. Der Blick geht momentan zur 1,2110 , da unterhalb der 1,2225-Marke keine signifikanten Unterstützungen liegen, die aus charttechnischer Sicht Luft zum Durchatmen liefern. Darunter warten zügig die 1,19 und 1,18-Marken, die im aktuellen Abwärtsstrudel nicht aus dem Auge gelassen werden dürfen …

Heute erwarten wir Daten zur US-Handelsbilanz, die sich weiterhin um -50 Mrd. USD bewegen wird und sich damit auf dem Level der zurückliegenden Monate bewegt. Spannender dürften dagegen die Äußerungen aus dem Fed-Zinsprotokoll werden, das heute Abend veröffentlicht wird. Anleger erwarten Impulse für die amerikanische Wirtschaft - die Verbalakrobatik wird zeigen, wie die Fed die aktuelle Situation - insbesondere am schwächelnden Arbeitsmarkt - bewertet.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.2620 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg !


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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