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Erst Bosomworth, jetzt Stiglitz - Bremer LB und IWF bei Griechenland in einem...

08.09.2010  |  Folker Hellmeyer
Erst Bosomworth, jetzt Stiglitz - Bremer LB und IWF bei Griechenland in einem Boot

Der Euro eröffnet heute bei 1.2710 (07.35 Uhr), nachdem im heutigen asiatischen Handel die Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2677 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 83.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 106.10 während EUR-CHF bei 1.2825 oszilliert.

Es ist immer wieder erstaunlich, was einige Zeitgenossen aus der Zauberkiste "dummer Ideen" hervorholen, um damit Zeitgeist, mindestens aber Marktideologie zu prägen.

Erinnern Sie sich an die Phase in der zweiten Hälfte der 90er Jahre, als die USA im Washingtoner Budget (nie in der verfassungskonformen Darstellung) Haushaltsüberschüsse in der Clinton Präsidentschaft hatten? Seinerzeit wurden uns in "Old Europe" die Leviten gelesen, daß wir keine Ahnung hätten und nicht unsere Hausaufgaben machten. Die USA glänzten ob dieser Entwicklung!

Aktuell gibt es nur zwei Länder, die nicht ihre Hausaufgaben in der Haushaltspolitik machen, die USA und Japan. In beiden Ländern delektiert man sich an dem Honig der "Finanzkosmetik, ohne auch nur den Begriff Reform in Ansätzen zu strapazieren. Die halbtoten Geschäftsmodelle werden weiter geritten, die Pferde werden gedopt! Defizite sind dazu gerade das rechte Mittel. Der aktuelle Stand per 03.09.2010 in den USA liegt im am 30. September endenden Fiskaljahr per gestern bei mehr als 1.525 Mrd. USD oder circa 10,5% des BIP:

Nachdem uns in Europa in der zweiten Hälfte der 90er Jahre bezüglich mangelnder Haushaltskonsolidierung von den vermeintlichen Eliten der USA die Leviten gelesen wurden, ergibt sich jetzt erneut eine Lektion, die Europa erteilt wird, aber mit exakt umgekehrten Vorzeichen.

Hier ergibt sich also ein markanter Bruch der Sichtweise. Da nun verantwortungsloser Neuverschuldung das Wort geredet wird, nehmen wir diese Einlassungen als Versuch eines Medienspins wahr.

Herr Stiglitz , Nobelpreisträger, behauptet, daß Europa mit der Sparpolitik eine falsche Richtung eingeschlagen hätte. Wenn wir weiter Sparanstrengungen vornehmen würden, hätte das systemische Folgen für ganz Europa. Der Fall Irland würde beweisen, daß Sparprogramme kein neues Vertrauen des Marktes begründen würden.

Hoppla, Herr Stiglitz. Die Bewertung der CDS Irlands sind Spielball von zum größten Teil Spekulanten mit New Yorker oder Londoner Hintergrund. Sie Schlingel , das müßten Sie doch gerade wissen! So weit zur aktuellen Bewertung Irlands.

Wenn Sie, Herr Stiglitz, davon sprechen, daß die Sparpolitik Europas systemische Konsequenzen hätte, widerspreche ich Ihnen nicht. Sie hat positive systemische Konsequenzen. Eine fortgesetzte Politik der weiteren aggressiven Verschuldung hätte negative Konsequenzen, da sie das Potentialwachstum gefährden würde. Das müßte doch selbst ein Gewinner des Nobelpreises kognitiv erfassen können, oder?

Der Eindruck entsteht, daß die vermeintlichen Eliten der USA eine nicht unmaßgebliche Beliebigkeit der Argumentation pflegen, die darauf abzielt, selbst unverantwortliches finanzielles Gebaren der USA über "Medienspin" rein zu waschen und damit frei von Marktkonsequenzen zu stellen.

Gestern Bosomworth von PIMCO, heute Herr Stiglitz. Wer wird uns wohl morgen präsentiert? Die Flut dieser angreifbaren Statements impliziert, daß es derzeit wohl gute Gründe gibt, von der Situation in den USA abzulenken. "Food for thought!"

Es ist höchste Zeit, daß wir uns in der Eurozone nicht weiter von diesen Spindoktoren vorführen lassen und wieder Selbstbewußtsein entwickeln und damit unsere Interessen nicht im "Outlet-Store" der US-Interessen verscherbeln!

Wenden wir uns dem IWF zu. es kommt nicht häufig vor, daß wir in diesem Team auf vollste Übereinstimmung mit dem IWF verweisen können.

Zunächst möchten wir Ihnen einen Chart des IWF präsentieren. Es wird eine Prognose des voraussichtlichen Staatsdefizits per 2015 in hellblau abgebildet. In Dunkelblau ist das nach Berechnung des IWF mögliche maximale Potential der Staatsverschuldung dargelegt. Diese Darstellung steht in einem diametralen Widerspruch zu den Einlassungen von Herrn Bosomworth von Pimco. Es wird deutlich, daß Griechenland bei derzeit circa 120% Staatsverschuldung und voraussichtlich 160% per 2015 nicht am Ende der Möglichkeiten steht. Nach unserer Ansicht sollten die Reformen bis dahin so viel Traktion entwickeln, den Trend schon vor 2015 zu drehen!

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Die Daten zu Irland und Spanien bedürfen keiner weiteren Kommentierung. Die Finanzluft ist da, um die Reformen umzusetzen. Das Thema Staatsbankrott ist absurd! Wir haben jeden Grund in Europa auf diese Reformen stolz zu sein.

Wir sollten uns auf keinen Fall diese Politik ausreden lassen und noch weniger sollten wir der Spekulation aus London und New York den Raum geben, diese Reformen über Angriffe auf die Eurozone zu unterminieren.

Fakt ist, daß wir mit diesen harten Reformen Zukunft für die kommende Generation Europas schaffen. Jede andere Verhaltensweise wäre schlicht weg und ergreifend verantwortungslos!

Nicht nur dieser Chart des IWF ist bezüglich des Themas Staatsdefizite eine wahre Freude. Vielmehr gibt es noch eine "IMF Staff Position Note" vom 1. September 2010 mit dem Titel "Defaullt in Today’s Advanced Economies: Unnecessary, Undesirable, and Unlikely" Wir fügen dieses Papier als zusätzliche PDF-Datei bei und empfehlen die Lektüre wärmstens, um gegenüber den Freunden aus London und New York angemessen gewappnet zu sein! Als Kurzfassung für den Schnellleser bieten wir die Schlußfolgerungen aus diesem Papier an:

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Gestern enttäuschte der Auftragseingang der deutschen Industrie per Berichtsmonat Juli. Die Erwartungen einer Zunahme um 0,5% im Monatsvergleich konnten nicht erfüllt werden. Es kam zu einem Rückgang um -2,2%.

Hintergrund waren Volatilitäten bei Großaufträgen. Der Vormonatswert wurde von +3,2% auf +3,6% nach oben revidiert. Der Blick auf das Zweimonatsergebnis erscheint bezüglich des Themas Großaufträge Sinn stiftender zu sein.

Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 17,6% nach zuvor 24,5%. In den kommenden Monaten werden die Ergebnisse im Jahresvergleich in der Tendenz bezüglich der Basiseffekte (Vorjahresstand/Krisenerholung) deutlich rückläufig sein.

Der Blick auf den Chart verdeutlicht, daß in dieser Zahlenreihe Volatilitäten häufiger vorkommen.

Diesbezüglich ist eine Glättung auf Zweimonatssicht eine Ziel gerichtete Methode, um das Thema volatile Großaufträge zu nivellieren oder zu neutralisieren.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2580 - 1.2610 negiert den positiven Bias.


Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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