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Bernanke sorgt kurzzeitig für Verstimmung

18.07.2012  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentpreis handelt am Morgen unterhalb von 104 USD je Barrel und notiert damit einen US-Dollar niedriger als vor der gestrigen Bernanke-Rede. Der Fed-Vorsitzende hatte Erwartungen an eine weitere quantitative Lockerung der US-Geldpolitik gedämpft und damit die Rohölpreise unter Druck gesetzt. Brent wird außerdem durch Daten des Beratungsunternehmens Petrologistics belastet, wonach China im Juli eine Rekordmenge von knapp 600 Tsd. Barrel Rohöl pro Tag aus dem Iran importieren soll. Das entspricht mehr als der Hälfte der derzeitigen iranischen Ölexporte und dürfte den Ölmarkt kurzfristig entspannen, da China nicht auf alternative Anbieter zurückgreifen muss, um seinen Ölbedarf zu decken. Dank der chinesischen Käufe ist der Iran in der Lage, seine Ölexporte bei 1,1 Mio. Barrel pro Tag weitgehend stabil zu halten.

Das Verhalten Chinas, größere Mengen iranisches Öl gegen beträchtliche Preiszugeständnisse abzunehmen, könnte zu neuen Spannungen mit dem Westen führen. Ende Juni hatten die USA China für sechs Monate von den Sanktionen ausgenommen. Dieses Thema könnte im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen wieder auf die Agenda rücken, sollte China seine Öllieferungen aus dem Iran in den kommenden Monaten nicht deutlich reduzieren. WTI kann sich unterstützt durch den vom API berichteten Rückgang der US-Rohöllagerbestände um 2 Mio. Barrel bei knapp 89 USD je Barrel behaupten. Dafür sind allerdings die Destillatevorräte deutlich gestiegen. Die offiziellen Lagerdaten des US-Energieministeriums dürften heute ein ähnliches Bild zeigen, da die US-Raffinerien derzeit mehr Rohöl verarbeiten als benötigt wird. Somit kommt es lediglich zu einer Verschiebung der Lagerbestände von Rohöl zu Ölprodukten. An der generellen Überversorgung ändert sich dagegen wenig.


Edelmetalle

Gold kam gestern im Zuge der Anhörung des Vorsitzenden der US-Notenbank Fed, Ben Bernanke, vor dem US-Senat unter Druck und handelt heute Morgen weitgehend unverändert auf dem niedrigeren Niveau bei rund 1.580 USD je Feinunze. Ein ähnliches Reaktionsmuster war bereits bei der letzten Bernanke-Anhörung am 29. Februar zu beobachten. Nach eher schlechten US-Konjunkturdaten im Vorfeld war die Erwartung entstanden, dass Bernanke deutlichere Andeutungen in Richtung "QE3" macht. Bernanke wiederholte aber lediglich die Formulierung des letzten Fed-Sitzungsprotokolls vom 20. Juni, woraufhin der US-Dollar mit deutlichen Zuwächsen reagierte, was den Goldpreis belastete. Im Endeffekt behält sich die Fed aber alle Optionen für "QE3" offen.

Heute folgt die Anhörung von Bernanke vor dem US-Repräsentantenhaus, bei der es allerdings keine neuen Erkenntnisse geben dürfte. Auch wenn Gold von dieser Seite her kurzfristig keine Unterstützung erhalten wird, sollte das gelbe Edelmetall aufgrund der nach wie vor zahlreichen Risiken gefragt bleiben. Daneben sprechen niedrige bzw. negative Realzinsen klar für einen höheren Goldpreis. Dieses Bild wurde durch die gestrigen Inflationsdaten in den USA bestätigt, denen zufolge die Inflationsrate weiterhin über den Nominalzinsen liegt.

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Industriemetalle

In China ist die Stahlproduktion gemäß Daten des Nationalen Statistikbüros im Juni im Vergleich zum Vorjahr zwar um 0,6% auf 60,2 Mio. Tonnen gestiegen. Im Vergleich zum Vormonat entspricht dies jedoch einem Rückgang um 1,7% und stellt zugleich den niedrigsten Wert seit vier Monaten dar. Noch ist es allerdings zu früh, von einer Trendwende zu sprechen, da die chinesischen Stahlhersteller nach wie vor eher mit Preissenkungen als mit Produktionskürzungen auf die schwache Nachfrage reagieren. So hat Baosteel, einer der größten Stahlhersteller des Landes, für August seine Preise den zweiten Monat in Folge gesenkt. Andere Stahlproduzenten dürften bald folgen.

Auch in der EU sieht die Lage offensichtlich schlechter aus als bislang gedacht. So geht der europäische Stahlverband Eurofer davon aus, dass die augenscheinliche Stahlnachfrage im ersten Halbjahr 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 9% zurückgegangen ist. In der zweiten Jahreshälfte soll sich die Nachfrage auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres stabilisieren. Erst ab dem zweiten Quartal 2013 erwartet Eurofer eine Erholung. Im Gegensatz zu ihren chinesischen Wettbewerbern haben die europäischen Stahlproduzenten in den letzten Wochen und Monaten ihre Produktion aber schon deutlich gedrosselt. Dennoch gibt sowohl der Preis für warmgewalzten Stahl in Europa als auch der Preis für LME-Stahl weiter nach. Ohne eine Erholung der Nachfrage dürften diese auch unter Druck bleiben.


Agrarrohstoffe

Die Dürreperiode in den USA sorgt weiterhin für Preisauftrieb am Getreidemarkt. Zwar sind für die nächste Woche vereinzelte Regenfälle angekündigt, doch erwarten Wetterdienste, dass die Hitzewelle bis in den August anhält. Marktbeobachter rechnen bereits mit weiteren Abwärtsrevisionen bei der US-Maisernte auf weniger als 300 Mio. Tonnen. Dies wäre nochmals 10% weniger als die bereits stark gekürzte Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums und die niedrigste Erntemenge seit 2006/2007.

Auch bei der weltweiten Weizenernte sind weitere Abwärtskorrekturen des USDA zu erwarten. So liegt die Prognose für die australische Weizenernte mit 26 Mio. Tonnen noch immer um 2 Mio. Tonnen höher als die des staatlichen australischen Prognoseinstituts ABARES. Auch für Russland könnte die Prognose noch zu optimistisch sein. Während das USDA Exporte von 16 Mio. Tonnen erwartet, sieht das Analysehaus SovEcon nur ein Exportpotenzial von 10 Mio. Tonnen. Angesichts dieser negativen Nachrichten ist die jüngste Anhebung der Ernteerwartung in Deutschland durch den Deutschen Raiffeisenverband um 600.000 Tonnen auf 21,9 Mio. Tonnen ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem könnte der viele Regen in Westeuropa die Erntequalität beeinträchtigen. Von daher überrascht nicht, dass der europäische Weizenpreis mit 269 EUR je Tonne ein 14-Monatshoch markierte.




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