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Politik weiter aktiv - Europäische Wirtschaft bricht weiter ein - Handlungsdruck wächst

31.07.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.48 Uhr) bei 1.2280, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2226 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.25. In der Folge notiert EUR-JPY bei 96.05, während EUR-CHF bei 1.2013 oszilliert.

Die Politik bleibt aktiv. Das Treffen Schäuble/Geithner lieferte keine wirklichen Neuigkeiten für die Medien. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und sein US-Kollege Timothy Geithner haben sich zuversichtlich über den Erfolg der Reformanstrengungen in den Euro-Ländern geäußert. Es sei notwendig, alle zur Bewältigung der Finanz- und Vertrauenskrise erforderlichen Reformen zu vereinbaren und umzusetzen, erklärten Schäuble und Geithner nach einem Treffen am Montag auf der Insel Sylt. Deutschland und die USA würden mit ihren Partnern weiter eng zusammenarbeiten, um die Wirtschaft in der Welt und in Europa zu stabilisieren.

Genau diesen Text durften wir erwarten. Aus den USA offerierte die Einlassung Präsident Obamas tiefere Einsichten in das Gespräch Schäuble/Geithner. Obama sagte, dass man in der Eurozone entscheidende Schritte gehen müsse. Was sind entscheidende Schritte. Es sind andere Schritte als bisher.

Zu dieser Diskussion liefert die wie gewöhnlich gut informierte Süddeutsche Zeitung Hintergrundinformationen. Der Euroschutzschirm soll ohne Limit durch eine Banklizenz aktiv werden können. Die Unterstützung dieses Ansatzes würde innerhalb der Eurozone, aber auch im EZB-Rat deutlich zunehmen, heißt es in der SZ.

In der Tat ist diese Variante charmant. Unberechenbarkeit des ESM würde die unsachliche Spekulation gegen die Reformländer beenden helfen. Damit wäre auch die ökonomische Paralyse der Reformländer beendet.

Die latente Spekulation gegen diese Länder führt zu einer konjunkturellen Ausdörrung, obwohl die Grundlagen für Investitionen durch die Reformen latent verbessert werden. Wenn wir in der Eurozone nicht in Kürze umfassend aktiv werden, riskieren wir, die strukturell reformierte Eurozone über die fiskalischen Folgen der Rezession zu verlieren.

Es ist ernüchternd, wie viel ökonomischer Sachverstand diesbezüglich in Deutschland gegeben ist. Pragmatismus ist in der Krise angesagt - nicht orthodoxe Ordnungspolitik. Die deutsche Position, maßgeblich dank unserer Freunde in München und der FDP, ist wesentlich für die Vergemeinschaftung der Folgen der Krise verantwortlich, die ein Vielfaches des bisherigen Interventionsvolumens ausmacht.

Die Fokussierung auf die Vergemeinschaftung der Schulden ist vergleichbar mit einer Fokussierung auf eine Grippe und der Ignoranz gegenüber einer Krebserkrankung.

Diesbezüglich sind die Einlassungen seitens der CSU gegenüber Herrn Juncker mehr als ambitioniert. Ich frage die Verantwortlichen der CSU, ob bisher öffentlich einmal über die Reformerfolge gesprochen wurde, die es wert sind geschützt zu werden, weil sie markant sind, oder ob die latente Ignoranz der Reformerfolge durch die Münchner Kamarilla den "Freunden" in London und NY latent in die Karten spielt? Was ist die Agenda in München? Der Zerfall der Eurozone träfe den Standort Bayern massiv. Ist dieser Ansatz Schutz der Steuerzahler und Bürger?

Werfen wir eine Blick auf die einknickende Konjunktur in der Eurozone, um klar zu machen, dass die Zeit abläuft, übrigens dann auch für Deutschland (knapp 70% der Exporte des Mittelstands gehen in Eurozone). Genügend Firmen haben in den letzten Tagen diesbezüglich gewarnt. Der Europäische Geschäftsklimaindex sank per Juli unerwartet stark von zuvor -0,95 auf -1,27 Punkte. Die Prognose lag bei -1,05 Zählern. Damit wurde der tiefste Wert seit Oktober 2009 markiert.

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Der "Economic Sentiment" Index brach gleichfalls stärker als erwartet von zuvor 89,9 auf 87,9 Punkte ein. Die Prognose lag bei 88,7 Zählern. Hier wurde der schwächste Wert seit September 2009 erreicht.

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Entsprechendes gilt für das „Industrial Sentiment“. Hier ergab sich ein Rückgang von -12,7 auf -15,0 Punkte. Hier wurde der tiefste Wert seit Dezember 2009 markiert.

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Die schwache konjunkturelle Entwicklung der Eurozone ist korreliert mit den aggressivsten Spekulationen gegen einen Wirtschaftsraum in der Finanzhistorie. Die Spekulation aus London und NY verkennt alle Reformerfolge und „feiert“ die größten Sünder der Defizitpolitik, USA und Japan an den Finanzmärkten (= Fehlallokation des Produktionsfaktors Kapital wie Cash Burn Rate …) Deutschland hat die Möglichkeit und meines Erachtens die historische Verantwortung, das europäische Schicksal innerhalb kürzester Zeit zu drehen und den "Freunden" eine schmerzhafte Lektion zu erteilen.

Hinsichtlich unserer Geschichte, die uns aus dem Blickwinkel Sommer 1945 zum größten Gewinner Europas gemacht hat und darauf basierte, dass uns Europa die Hand reichte, wäre es eine Schande, hier zu versagen und der Eurozone unsere Hand in der Not zu verweigern. Wir sind im Endspiel um die Eurozone - in einem Finale wie bei der Olympiade gilt es, alles zu geben! Halbe Sachen können dann nur einer Niederlage dienlich sein.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.2370 - 00 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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