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EZB liefert Verbalakrobatik - aber keine Maßnahmen

03.08.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.38 Uhr) bei 1.2188, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im europäischen Handel bei 1.2405 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.20. In der Folge notiert EUR-JPY bei95.30, während EUR-CHF bei 1.2015 oszilliert.

Die mit Spannung erwarteten Äußerungen des EZB-Präsidenten Mario Draghi am gestrigen Donnerstag können letztlich unter dem Motto „Nichtsgenaues weiß man nicht“ eingewertet werden. Nachdem Draghi zuvor in London klare Statements bezüglich der weiteren EZB-Politik abgegeben hatte und die Süddeutsche Zeitung gestern von einerDoppelstrategie zwischen EZB und ESM berichtete, hingen die Früchte sehr hoch.

Sie konnten nicht gepflückt werden, denn die Erwartungen der Märkte konnten trotz der Bekräftigungen in Draghis Aussagen nicht erfüllt werden. Der Tenor blieb gleich: Die EZB wolle alles Notwenige dafür tun, dass der Euro überlebt. Viele Investoren hatten aber damit gerechnet, dass in Frankfurt verkündet werden sollte, mit welchen Schritten die EZB dieses Ziel erreichen will. Hier blieb Draghi aber vage und sprach davon, dass sich die Zentralbank in der zweiten Reihe hinter der Politik sieht.

Dies ist in sofern problematisch, da der europapolitische Zickzackkurs die Eurozone erst in die jetzige Lage manövriert hat und die politischen Haltungen zwischen den Kernländern und Reformstaaten mit zunehmender Dauer der Eurokrise weiter auseinander zu driften drohen. Auch die angebliche Doppelstrategie zum Kauf von Anleihen wird in dieser Form nicht umgesetzt. Der ESM-Schutzschirm soll keine Banklizenz erhaltenund damit seine Handlungsfähigkeit nicht mit einer Bazooka ausgeweitet werden.

Kurz nach Beginn der Pressekonferenz brach der EUR/USD Kurs von 1,2405 innerhalb kürzester Zeit auf unter 1,2200 zusammen. In der Folge notiert der Kurs nach der Talfahrt weiter um 1,2180/-2200. Intern besprechen wir aufgrund der Vorgänge den Begriff preemptive selling. Dieser massive Verkaufdruck auf den Euro war zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Aussagen Draghis nicht nachvollziehbar und lässt den Blick nach Übersee (bes. NYC, aber auch London) wandern, wo historische Shortpositionen mit aggressiven EUR-Verkäufen verteidigt werden.

Weltweit zogen die Bewegungen schwache Aktienmärktenach sich. Die Renditen spanischer und italienischer Anleihen zogen im Anschluss an die EZB-Pressekonferenz an und bewegten sich weiter in Richtung kritischer Levels. Investoren suchten dagegen wieder sichere Häfen in Form von Bundesanleihen, US-Bonds und englischer Staatsanleihen.

A propros UK, die Bank of England verkündete gestern, dass sie ihr Anleihekaufprogramm trotz solider Rezession von 375 Mrd. Pfund nicht aufstocken wird und den Leitzins nicht antastet. Wir gratulieren zu diesem preußischen Sparmodell (Ironie!). Die amerikanischen Notenbanker kaufen durch ihre Operation Twist genannten Maßnahme ebenfalls eigene Anleihen in großem Stil. In diesem Licht erscheinen die Staatsanleihekäufe der EZB nicht nur opportun, sondern als Gebot der Stunde.

Wie wichtig die Einhaltung von offiziellen Statutenist, wird einmal mehr deutlich, da die Mehrzahl von Reuters befragten Ökonomen davon ausgeht, dass die EZB ihr Anleihekaufprogramm SMP erst nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wieder aufnehmen wird. Blicken wir abschließend auf die letzten Konjunkturdaten:

Die Produzentenpreise in der Eurozone fielen im Juni um 0,5%. Im Jahresvergleich ergibt sich eine Zunahme von +1,8%. Aufgrund der lahmenden Konjunktur werden wir in den nächsten Monaten hier weiter abnehmende Werte sehen.

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Diese Woche lagen die Arbeitslosenzahlen wieder über denen der letzten Woche, ohne aber nennenswert aus den bekannten Zahlenbereichen herauszubrechen. Die Zahl mit 365.000 Erstanträgen liegt damit auf Augenhöhe mit dem 4-Wochen-Schnitt von 366.000. Experten wünschen sich hier Ausschläge, um auf die weitere FED OE3-Politik Rückschlüsse ziehen zu können.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.2370 - 00 neutralisiert den negativen Bias des Euros. Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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