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Chinas Rolle wird prominenter …

04.10.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.35 Uhr) bei 1.3755, nachdem im asiatischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3808 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 83.60. In der Folge notiert EUR-JPY bei 115.00, während EUR-CHF bei 1.3460 oszilliert.

Chinas Premier Wen Jiabao kündigte während seines Staatsbesuchs in Griechenland an, daß China beabsichtigt, Griechenland nachhaltig zu unterstützen. Sowohl der Ankauf von Staatsanleihen als auch ein Investitionsprogramm (3,6 Mrd. Euro) stehen auf der Agenda. Wen Jiabao betonte während seines Griechenlandbesuchs, daß sein Besuch an Griechenland und an die EU ein Signal des Vertrauens sei, die internationale Finanzkrise zu überwinden.

Chinas Rolle wird immer prominenter. Die Chinesen übernehmen internationale Verantwortung in einem ungewohnten Maße! Dabei treten sie mit ihrer Politik auch gegen die spekulativen Interessen der Finanzplätze London und New York an. Das ist bemerkenswert, da man sich nicht helotisch den Interessen dieser Klientel unterwirft. Wir wünschen anderen Protagonisten insbesondere in Kontinentaleuropa diesbezüglich etwas mehr Rückgrat.

Per Anfang 2009 hat China Rußland mit einem Energievertrag massive Liquidität in Milliardenhöhe in die Kassen gespült, so daß die spekulativen Attacken gegen Rußland und Osteuropa und in der Folge gegen Österreich und damit die Eurozone, die maßgeblich aus London und New York getragen waren, zügig zum Erliegen kamen.

Jetzt tritt China erneut an der Seite der EU auf und stellt sich damit wieder gegen die spekulativen Kräfte, die maßgeblich in London und New York domizilieren. Griechenland wird auf die Beine geholfen. Hinsichtlich der fundamentalen Situation stellt Griechenland fraglos die Achillesferse der Eurozone dar. Das chinesische Programm sollte nicht unterschätzt werden. Es sagt mehr aus, als nur die nackten Beträge verraten könnten. Diese Politik hat einen strategischen Hintergrund.

Die Interessen Chinas bewegen sich auf zwei Ebenen. Es gibt ein ausgeprägtes Interesse daran, eine Verunfallung der Weltwirtschaft oder einen systemischen Infarkt zu vermeiden, um damit die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen. Andererseits kann China durch diese Art der Intervention in Zwangslagen Dritter günstig strategisches Terrain gewinnen, ob Energieeinkauf zu günstigen Konditionen (Rußland 02/2009), ob Staatspapiere mit hohem Aufschlag (Griechenland 2010), ob Beteiligungen zu Ausverkaufspreisen (Hafen Piräus 2010) oder ob Rohstoffe zu Ausverkaufspreisen (virulente Phase der Krise 2009).

Die Aufreihung verdeutlicht, daß China weiß, wann etwas günstig ist. Sie bedeutet auch, daß die Mehrheit im Westen das offensichtlich nicht weiß!

Können wir im Kapitalismus unter Umständen etwas von China lernen? Wieso haben wir im Westen Bilanzierungsstandards, die auf Sprint trimmen, wenn Wirtschaft doch Marathon ist? „Food for plenty of thought!“

Ein weiterer Gedanke ist hier angebracht. Die Politik Chinas zielt nicht solitär nur auf Griechenland. Sie zielt auf die gesamte EU. Das ist gut, da dieser chinesische Ansatz den Interessen der Spekulation aus London und New York zuwider läuft.

Diese Spekulation hatte das implizit ableitbare Ziel, die Erfolge in Europa klein zu schreiben. Einige prominente „Think Tanks“ (u.a. Capital Economics, Moody’s) schossen sich nicht nur auf Südeuropa ein, sondern sie prognostizierten seit Monaten eine markante Abschwächung der Wirtschaft der Eurozone und sogar rezessive Wirtschaftslagen. Lernkurven aus der tatsächlichen Situation heraus waren latent Fehlanzeige. Mangel an Lernkurven steht grundsätzlich für eine politische Agenda. Aus spekulativen Interessen eine veritable Wirtschaftserholung und Reformerfolge zu zerreden, gilt es Einhalt zu gebieten. Hat die Finanzwirtschaft nicht schon genug Schaden in der Realwirtschaft angerichtet?

Die Arbeitslosenrate der Eurozone verharrte den vierten Monat in Folge bei 10,1%. Die Anzahl der Arbeitslosen war geringfügig niedriger mit 15,87 nach zuvor 15,89 Millionen. Die Divergenz zwischen Nord- und Südeuropa bleibt ausgeprägt. Die Reformländer passen ihre Geschäftsmodelle an, was zu einer temporären Zunahme der Arbeitslosigkeit führt.

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Die persönlichen Einkommen nahmen in den USA per August um 0,5% zu. Im Jahresvergleich lag der Anstieg bei 3,3%. Der private Verbrauch legte im Monatsvergleich um 0,4% und im Jahresvergleich um 2,7% zu. Sie Sparquote stellte sich auf 5,8% nach zuvor 5,7%.

Die Daten weisen in Richtung Nachhaltigkeit, da sie eine Genesung der Bilanzen der privaten Haushalte andeutet.

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Die US-Bauausgaben überraschten positiv mit einem Anstieg um 0,4% per August. Hintergrund sind maßgeblich öffentliche Bauaufträge. Per August sank die private Nachfrage um 0,9%. Mithin ist die Freude ob des Ergebnisses nicht ungetrübt. Darüber hinaus ergibt sich gegenüber dem August 2009 ein Rückgang in diesem Sektor um 10%.

Der Blick auf den beigefügten Chart verdeutlicht die unverändert prekäre Situation.

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Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan sank im Monatsvergleich unspektakulär von 68,9 auf 68,2 Punkte. Die aktuelle Lage wurde mit 79,6 nach zuvor 78,3 Punkten bewertet. Die Erwartungskomponente sank dagegen von 62,9 auf 60,9 Zähler. Eine nachhaltige Aufhellung der Stimmung ist in den USA nach wie vor nicht erkennbar!

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Der ISM-Index sank in den USA per September von zuvor 56,3 auf 54,4 Punkte. Die Prognose war bei 54,7 angesiedelt.

Der Produktionsindex verlor von 59,9 auf 56,4 Zähler. Der Auftragsindex ging von 53,1 auf 51,1 zurück. Der Beschäftigungsindex fiel von 60,4 auf 56,5 Punkte.

Ergo belegen die Subindices die Abschwächung umfänglich. Gleichwohl bliebt zu beachten, daß der aktuelle Indexstand deutlich über 50 Punkten weiterhin solide Expansion impliziert.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützung bei 1.3280-1.3310 negiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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