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Euro in volatiler Korrektur - Sanktionsmechanismus neu kalibriert!

19.10.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.40 Uhr) bei 1.3905 nachdem im asiatischen Handel Höchstkurse bei 1.4003 und gestern im europäischen Handel Tiefstkurse bei 1.3832 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 81.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.25, während EUR-CHF bei 1.3380 oszilliert.

Der Wachstums- und Stabilitätspakt wird neu kalibriert. Die Sanktionsmechanismen greifen zukünftig automatischer, aber nicht automatisch.

Sechs Monate Karenzzeit, um finanzpolitische Maßnahmen auf nationaler Ebene umzusetzen und zusätzlich eine einfache Mehrheit der Mitgliedsländer ist für Sanktionen erforderlich. Die Maßnahmen sollen ab 2012 verbindlich werden.

Damit ist ein tragbarer Kompromiss zwischen Frankreich und Deutschland erreicht, der eine Verschärfung der jetzigen Mechanismen darstellt und gleichzeitig der nationalen Politik Spielräume lässt. Hier wird ein Resultat erzielt, das den "Laissez-faire" Stil der Vergangenheit in der Verfahrensweise unterbindet. Das ist nicht nur gut, nein, es ist erforderlich. In diesem Punkt stimmen wir Kanzlerin Merkel umfänglich zu.

Herr Lockhart (Fed) sieht ein Risiko, daß die Disinflation möglicherweise zu einer Deflation führen kann. Hier heißt es innehalten.

Wir haben offiziell einen Preisanstieg von 1,1% (Verbraucherpreise) und einen Anstieg der Erzeugerpreise in Höhe von 4,0%. Bedienen wir uns der Daten von John Williams stellen sich die Verbraucherpreise auf mehr als 4%. Das ist keine Disinflation.

Das ist eine hohe Inflation, die nicht ausgewiesen wird und damit zu einer Fehlsteuerung bei Löhnen und Sozialleistungen führt.

Das Resultat daraus ist eine fortgesetzte Erosion des Mittelstands und eine Verarmung der Gesellschaft (nachweisbar über die letzten 10 Jahre, Disparitäten nehmen zwischen arm und reich latent zu). Schlussendlich mag das dann mangels Kaufkraft in der Tat zu einem späteren Zeitpunkt ultimativ disinflationär oder deflationär sein.

Ein Inflationsziel wäre eine sinnvolle Maßnahme sagt Herr Lockhart. Der Ankauf von Finanzaktiva müsste großvolumig ausfallen, um einen fühlbaren Einfluss zu gewährleisten.

Wir nehmen diese Einlassungen zur Kenntnis und erlauben uns darauf zu verweisen, daß die strukturellen Ursachen der Fehlentwicklung (hier Qualität der Statistik oder politische Einflussnahme auf Statistik mit entsprechenden makroökonomischen Folgen) unverändert nicht adressiert werden und eine Politik des "Weiter so!" betrieben wird.

Wir nehmen den Faden der geplanten zusätzlichen quantitativen Maßnahmen vor dem Hintergrund der Einlassungen des US-Finanzministers Geithner erneut in den Fokus, nachdem wir belegt haben, daß die argumentative Grundlage mindestens angreifbar ist. Was steckt also wirklich als Motivation hinter diesen Maßnahmen?

Geithner betonte einmal mehr, daß der chinesische Yuan signifikant unterbewertet sei. Das sei unfair gegenüber allen Handelspartnern Chinas.

Wir stellen erst einmal fest, daß die quantitativen Maßnahmen oder vereinfacht ausgedrückt Monetarisierung der Staatsschulden die USD-Liquidität erhöht. Diese Erhöhung der Liquidität ist nicht anderes als eine indirekte Währungsmanipulation. Das Angebot an USD wird massiv erhöht. Diese Überschußliquidität wurde in den vergangenen Jahren nicht primär in den USA verarbeitet, sondern zu großen Teilen exportiert. Insbesondere die Schwellenländer kamen damit unter unangemessenen Aufwertungsdruck. Schwellenländer haben weniger entwickelte Finanzmärkte, um diese zusätzliche Liquidität zu kanalisieren.

Für das im Raum stehende neue Paket quantitativer Maßnahmen gilt nach unserer Einschätzung ein identischer Modus. Faktisch klagt der US-Finanzminister China der Manipulation an, obwohl die USA selbst aggressiv manipulieren. Die USA exportieren ihre Probleme mit der aktuellen Politik in andere Länder. Die USA haben damit eine destabilisierende Wirkung auf den Rest der Welt über unangemessene Kapitalzufuhr.

Für eine Nation, die die Weltleitwährung stellt, ist das aktuelle Verhalten Ausdruck einer Negation der damit einhergehenden Verantwortung. US-Finanzminister Geithner sagte, daß der USD während unserer Lebenszeit niemals aufhören wird, Reservewährung zu sein. Das nehmen wir vor diesem Hintergrund zur Kenntnis und diskutieren intern den Begriff Hybris.

EU-Gruppenchef Juncker betonte, daß die Finanzminister das Geschehen am Devisenmarkt diskutiert haben. Das ist vor dem Hintergrund der US-Politik auch zwingend geboten. Die Frage ist nur, ob das wirklich wesentliche Thema bearbeitet wurde oder einmal mehr nur helotenhaft eine Position der USA bezüglich China übernommen wird. Man beobachte die Entwicklungen mit hoher Aufmerksamkeit. Man werde diesbezüglich angemessen reagieren. Offensichtlich liegt die Schmerzgrenze des Herrn Juncker irgendwo zwischen 1.40 – 1.42. Das sagt zumindest das Konzert der jüngsten Preisentwicklung aus.

Wenden wir uns den gestrigen Veröffentlichungen aus den USA zu, die einmal mehr ein durchwachsenes Bild boten. Die „TIC-Kapitalzuflüsse“ legten per August massiv auf 128,7 Mrd. USD von zuvor 61,2 Mrd. USD zu. Wir nehmen diese Daten vor der unangemessenen Debatte über Südeuropa und Irland (IWF-Chart. Schuldentragfähigkeit) zur Kenntnis. Der August ist lange her. Seitdem dominiert eine sachlichere Sichtweise.

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Die US-Industrieproduktion sank per September unerwartet im Monatsvergleich um 0,2%. Die Prognose stellte sich auf +0,2%. In der Folge stellte sich die Kapazitätsauslastung auf 74,7% nach zuvor 74,8%.

Die jüngsten US-Einkaufsmanagerindices überraschen positiv. Der "Dip", der hier im September abgebildet wird, ist voraussichtlich ein temporäres Phänomen, das mit der zunehmenden Risikoaversion per Juni-August korreliert ist.

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Der "NAHB-Housing Market Index" setzte per Oktober einen positiven Akzent. Der Index legte von 13 auf 16 Punkte zu. die Prognose stellte sich auf 14 Zähler. Losgelöst von der positiven Tendenz gilt, weiter festzustellen, daß das Indexniveau (50 = neutral) eine ausgeprägte Rezession in diesem Wirtschaftssektor beschreibt.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützung bei 1.3480-1.3510 negiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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