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Merkel macht den Weg für Draghi frei

20.08.2012  |  Klaus Singer
Nachdem der S&P 500 sich unter dem Zwischenhoch aus Anfang Mai bei 1405 in immer enger werdender Tagesspanne festgesetzt hatte, brachte am zurückliegenden Donnerstag Frau Merkel die Erlösung. Sie äußerte sich so, dass die "Märkte“ annahmen, sie unterstütze die Pläne von EZB-Draghi, Anleihen von notleidenden PIIGS-Ländern zu kaufen. Ihr Bundesbank-Präsident hält weiterhin dagegen, aber wen interessiert das schon.

Nach meiner Sommerpause das gleiche Bild wie davor: Politik und "Märkte“ befinden sich in einer solch großen Abhängigkeit zueinander, dass man eigentlich der sowieso schon alles bis zur Banane regelnden Europäischen Kommission auch gleich die Aufgabe übertragen kann, täglich vor Handelsbeginn zu verkünden, wo die Finanzmärkte am Abend zu schließen haben.

Ökonomische Daten, die eher auf weiter nachlassende Wachstumsperspektiven hindeuten, werden ignoriert. Im Zweifel helfen ein paar Zahlenspielereien weiter. So am zurückliegenden Mittwoch. Die US-Einzelhandelsumsätze kamen für Juli saisonal bereinigt doppelt so stark herein wie erwartet - plus 0,8% statt 0,4%. Die unbereinigten Zahlen hingegen sanken gegenüber dem Vormonat um 0,9%. Wie Zerohedge analysiert hat, wurde im Juli zum ersten Mal in dieser Dekade der saisonale Korrekturwert nicht subtrahiert, sondern addiert. Hätte man das frühere Berechnungsverfahren weiter angewandt, wäre ein Minus gegenüber dem Vormonat von 1,3% herausgekommen (siehe Chart!).

Auch hier dasselbe nach, wie vor der Sommerpause: "Trau keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast.“

Verschiedentlich wird EZB-Draghi in der Presse als "Super-Mario“ bezeichnet. Er ist einer der finanzpolitisch mächtigsten Männer, wenn nicht auf der Welt, so auf jeden Fall in Europa. Und da hat es natürlich Gewicht, dass er Ende Juli in London sagte: "Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir - es wird ausreichen.” Seit diesen Tagen warten die "Märkte“ auf etwas Großes. Und wenn dieses „Große“ neben Recht und Gesetz steht - auch egal. Denn seit diesem Ausspruch geht die Finanzwelt davon aus, dass Draghi, das von Trichet gestartete, von Draghi eingefrorene Bond-Kaufprogramm der EZB wieder aufleben lässt.

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verbietet im Artikel 123 die direkte Staatsfinanzierung durch die EZB. Draghi wird Mittel und Wege finden, dieser Vorschrift formal Genüge zu tun - schließlich steht da nur, dass "der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln“ verboten ist. Der Sinn dieser Vorschrift war aber wie in den entsprechenden Passagen in den Maastrichter Verträgen, zu verhindern, dass sich Mitgliedsstaaten überschulden. Unter keinen Umständen darf ein solches Land "erausgehauen“ werden - das ist der Sinn dieser Vorschriften ("No Bailout“ Art. 125 AEUV).

Dieser „Sinn“ gilt auch für die EZB. Draghi wird aber nicht zögern, gegen diesen "Sinn“ zu verstoßen - und alle Politiker der Eurozone werden sich freuen, wenn ihre Zentralbank an ihrer Stelle tätig wird. Dadurch ersparen sie sich möglichen Ärger mit ihren Bürgern, sie können ja nichts dafür, was die “unabhängige” EZB tut.

Der frühere Chefvolkswirt der EZB, Issing, sieht mit den Pläne von Draghi die Geldwertstabilität mittelfristig massiv gefährdet. In der EZB-Bilanz könnten sich Staatspapiere mit minderem Wert häufen. "Müssen die Papiere abgeschrieben werde, stehen dafür am Ende die Steuerzahler gerade,“ sagt der Goldman Sachs nahestehende Issing und nennt Behauptungen, die EZB könne später die ausgegebene Liquidität problemlos wieder einsammeln, "leichtfertiges Gerede“. Es gebe zwar wirksame Instrumente zur Sterilisierung, das große Geldeinsammeln sei aber finanzpolitisch schwierig. Auch das frühere EZB-Ratsmitglied Stark erneuerte seine Kritik an den geplanten Anleihekäufen.



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