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G-20 gut für Schwellenländer - Währungsthema adressiert, aber nicht gelöst …

25.10.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute im frühen Geschäft (07.50 Uhr) bei 1.4050 nachdem am Freitag im europäischen Handel Tiefstkurse bei 1.3859 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 80.75. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113,45, während EUR-CHF bei 1.3635 oszilliert.

Äußerst erfolgreich verlief die Verhandlung über die Machtachsenverschiebung im IWF zu Gunsten der Schwellenländer während der aktuellen G-20 Finanzministertagung in Südkorea. Die Quoten wurden um mehr als 6% zu Gunsten starker Schwellenländer angepasst. Europa wird zwei "Board Seats" zu Gunsten der Schwellenländer aufgeben.

Mit den jetzt verabredeten Veränderungen, die noch verabschiedet werden müssen, kommt es zu der größten Anpassung der Machtverhältnisse in der Geschichte des IWF. Die Umsetzung wird voraussichtlich ein Jahr in Anspruch nehmen. Die zehn größten Teilnehmer werden dann USA Japan, die vier größten europäischen Wirtschaftsnationen, China, Indien, Brasilien und Russland sein.

Die G-20 Veranstaltung hat in Korea keinen Akkord in Bezug auf den Währungsmarkt auf die Beine gestellt. Grundsätzlich wird am Prinzip freier Märkte festgehalten. Kompetitive Abwertungen sollen vermieden werden.

Das Prinzip freier Devisenmärkte sei jedoch laut Kanadas Finanzminister Flaherty nicht geeignet das derzeitige Problem der Ungleichgewichte zu lösen. Flaherty betonte, daß weitere quantitative Schritte seitens der Fed den USD unter Druck bringen würden.

Implizit steht bei zu hoher "Volatilität" das Thema Einflussnahme auf der Agenda. Der Grundtenor, daß Schwellenländer Aufwertungen zulassen sollen, bleibt erhalten.

Wir haben uns sehr gefreut, daß unser Wirtschaftsminister Brüderle eine klare Position eingenommen hat. Wirtschaftsminister Brüderle betonte, daß der eingeschlagene Weg der Fed weitere Lockerungen der Geldpolitik vorzunehmen, der falsche Weg sei, die Wirtschaft zu stimulieren. Man könne darin den Versuch der Manipulation des USD-Kurses sehen. Brüderle verwies darauf, daß er diese Haltung nicht alleine einnehme. Insbesondere die Vertreter der Schwellenländer teilen diese Sichtweise, die aber auch innerhalb der Industrienationen Freunde hat, unter anderem dem kanadischen Finanzminister Flaherty.

Um etwas Sachlichkeit in die Debatte der Aufwertung der Währungen der Schwellenländer zu bringen, bieten wir Ihnen heute einen Blick auf Langzeitcharts des brasilianischen Real, der indischen Rupie und dem chinesischen Yuan gegen unsere Weltleitwährung USD.

Wir beginnen mit dem brasilianischen Real. Der USD notierte in der Spitze per Oktober 2002 bei 4,014 Real. Er stellt sich aktuell auf 1.7050. Ergo ergab sich im Laufe von acht Jahren eine Aufwertung in Höhe von 57,5%. Muss man sich da beschweren Herr Geithner?

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Wenden wir uns der indischen Rupie zu. Hier ergibt sich eine andere Konstellation. Hier hat die Finanzkrise 2008/2009 den von 2001 bis 2007 andauernden Anpassungsprozess um circa 19% (von 48 auf 39) konterkariert.

Seit März 2009 stellte sich jedoch ein zügiger Anpassungsprozess von 52,13 auf aktuell 44,00 ein. Ausgehend von 2001 liegt die Aufwertung bei nur gut 8%. Gegenüber dem Höchstkurs per März 2009 liegt die Anpassung bei gut 15,5%. Hier ist eine klare Dynamik seit Spitze der Krise erkennbar, die den laufenden Diskurs der Debatte ausgehend von den USA nicht rechtfertigt!

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Kommen wir schlussendlich zum Yuan. Seit 2001 ergab sich ausgehend von USD/CNY bei 8,27 eine Aufwertung auf aktuell 6,65. Das ist eine Anpassung um 19,5%. Die Aufwertung ergibt sich faktisch jedoch erst ab Juli 2005. Mithin liegt der Aufwertungspfad während der letzten 5 Jahre bei circa 20% oder 4% pro Jahr. Dabei wurde die virulente Phase der Finanzkrise zur Anpassung ausgespart.

Der Chart belegt eindrucksvoll, die erfolgte Anpassung. Bedenkt man gleichzeitig, welche Anstrengungen China im Rahmen der Krise zur Stabilisierung der Rohstoffmärkte und Rohstoffländer, zur Stabilisierung Russlands, Osteuropas und der Eurozone neben den fiskalischen Maßnahmen, die im Verhältnis zum eigenen BIP den Spitzenwert global lieferten, unternommen hat, wirkt die von den USA geführte Debatte nahezu grotesk!

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Fakt ist, daß von den betroffenen Ländern den nationalen Interessen angepasste Währungspolitiken umgesetzt wurden, die den veränderten ökonomischen Bedingungen sehr wohl Rechnung tragen.

Die Tatsache, daß das IFO-Institut prognostiziert, daß China im Jahre 2011 der zweitgrößte Exportmarkt Deutschlands nach Frankreich wird, belegt, daß nicht der Yuan das Problem ist. Nein, es ist die Komposition der US-Wirtschaft. Wenn der Kapitalstock des produzierenden US-Gewerbes erodiert, dann lässt es sich halt schwer exportieren ….

Die Konjunkturpessimisten haben es derzeit schwer. Die seit Monaten aus London und New York für Deutschland kolportierte Schwäche der Wirtschaft (unter anderem von Capital Economics und Moody’s) ist schlicht weg und ergreifend nicht erkennbar. Im Gegenteil wird es immer besser, zumindest, wenn man den Ergebnissen des IFO-Index folgt.

Der IFO-Index überraschte am Freitag positiv mit einem nicht erwarteten Anstieg von zuvor 106,8 auf nun 107,6 Punkte. Die Konsensusprognose lag bei 106,5 Zählern. Damit hat sich der Markt das dritte Mal in Folge bei dem Vorzeichen des IFO-Index geirrt. Chapeau! Der Index, der die aktuelle Lage bewertet (Anstieg von 109,8 auf 110,2), als auch der Erwartungsindex (von 103,9 auf 105,1) legten beide zu.

Der Gesamtindex stieg auf den höchsten Wert seit Anfang 2007 und belegt damit weiterhin die profunde Erholung als auch die Fortsetzung der konjunkturellen Expansion.

Die Ergebnisse des IFO-Index unterscheiden sich dramatisch von den Resultaten des ZEW-Index. Offensichtlich gibt es Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertretern der Realwirtschaft (IFO) und den bei dem ZEW-Index befragten Finanzmarktteilnehmern. Es entsteht derzeit der Eindruck, als ob die Realwirtschaftler mehr von Wirtschaft verstehen, als die befragten Finanzmarktteilnehmer.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützung bei 1.3480-1.3510 negiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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