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Euro zurück auf der Konsolidierungsschiene - Risikospreads belasten!

08.11.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute morgen bei 1.3955 (07.40), nachdem im asiatischen Handel Tiefstkurse bei 1.3920 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 81.15. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.25, während EUR-CHF bei 1.3455 oszilliert.

Ein Katalysator der aktuell schwächeren Verfassung ist in der Aufschlagausweitung für unsere Freunde aus Südeuropa und Irland zu sehen. Die Ausweitung ist markant und steht im diametralen Widerspruch zu den Erkenntnissen des IWF, die hier ausgiebig thematisiert wurden. Zunächst werfen wir einen Blick auf die Spreads (GR=grün, Portugal=rot, Spanien=schwarz, Türkei=ocker):

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Nun werfen wir einen Blick auf das Tableau des IWF:

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Nun werfen wir einen Blick auf die US-Neuverschuldung in den ersten 35 Tagen des neuen Fiskaljahres, das am 01.10.2010 begann. In diesen 35 Tagen (04.11. letztes verfügbares Datenmaterial) stellte sich die Neuverschuldung in den USA auf 161,8 Mrd. USD, nachdem im zuvor gehenden Fiskaljahr ein Schuldenberg in Höhe von 1.651,8 Mrd. USD aufgehäuft wurde.

Folgende Fragestellungen sind für den Finanzmarkt angemessen:
  • Was ist der Unterschied zwischen Kosmetik und Strukturreform?
  • Wo wird dem Defizitthema ernsthaft begegnet?
  • Welches Land entzieht sich als Manager der Weltleitwährung jedweder Verantwortung sowohl fiskalisch als auch bezüglich der Liquiditätspolitik?

Fraglos setzt die Beantwortung dieser Fragen ein hohes Maß an intellektueller Potenz voraus. Da die spekulativen Attacken immer wieder aus London und New York neues "Futter" erhalten, lässt dieser Umstand Rückschlüsse zu. Oder haben die Attacken gar ein politisches "Geschmäckle"?

Ben Bernanke hat die jüngste Liquiditätsmaßnahme der Federal Reserve nach der harschen Kritik von Bogota über Berlin bis nach Peking verteidigt. Er sagte, daß es im Interesse der weiteren Erholung der Weltwirtschaft sei, daß die US-Wirtschaft als Folge der Maßnahmen erstarke. Das würde auch den USD stärken.

Falls Herr Bernanke diese Einlassungen nicht nur daher redet, sondern davon überzeugt ist, belegt er damit, daß ihm unverändert nicht bewusst ist, daß es sich bei der US-Problematik nicht um ein primär zyklisches, sondern um ein strukturelles Problem dreht. Das wäre für eine Person, die einen derartig wichtigen Posten einnimmt, sehr verstörend.

Die Hinwendung zu einer "Asset-Driven Economy" ("Endlich Klartext", Seite 101 - 107) unter Greenspan bei Vernachlässigung der Pflege des Kapitalstocks im produzierenden Gewerbe sind die maßgeblichen Problemfelder. Diese Beratung der US-Zentralbank und US-Regierung ist kostenfrei!

US-Treasury Secretary Geithner sagte, daß die US-Wirtschaft in einer deutlich besseren Position als vor 12 Monaten sei. Dennoch stehe die US-Wirtschaft vor substantiellen Herausforderungen.

Letzteres stimmt. Ersteres ist ein zweischneidiges Schwert. Es mag etwas besser sein. Der Preis, mit dem das erkauft wurde, unter anderem 1.651,8 Mrd. USD Staatsdefizit, muss jedoch in der Betrachtung berücksichtigt werden. Dann sieht die Bilanz mindestens nüchterner aus … Er sei glücklich, bestätigen zu können, daß ein starker USD im Interesse der USA sei. Man werde den USD nicht nutzen, um sich kompetitive Vorteile zu sichern. Die Kapitalzuflüsse in die Schwellenländer stünden in dem Zusammenhang zu hohen Wachstum in diesen Regionen. Diese Einlassungen sind provokant. Es mag sein, daß die USA nicht am USD-Kurs im freien Markt herumschrauben. Tatsache ist aber, daß die Liquiditätspolitik der Fed das Angebot an USD massiv erhöht und sich das sehr wohl am Devisenmarkt auswirkt. Die Kapitalzuflüsse in die Schwellenländer derartig monokausal darzustellen, ist unangemessen. Der Geithner ist schon so ein Schlingel ….

Wir freuen uns andererseits, daß die Bereitschaft in Asien ausgeprägt ist, Verantwortung zu leben.
  • China hat im letzten Jahr geholfen, das Russland/Osteuropa/Eurozone Problem zu entschärfen.
  • China hat in diesem Jahr Griechenland zur Seite gestanden.
  • China erwägt nun Investitionen in Portugal.

Die APEC-Finanzminister nehmen eine verantwortungsvolle Haltung ein. In dem abschließenden Kommunique nach deren Sitzung wurde am Wochenende betont, daß man sich stärker in Richtung eines vom Markt bestimmten Währungssystems entwickeln werde. Man werde Abstand vor kompetitiven Abwertungen halten. Chapeau!

Wenden wir uns den Veröffentlichungen letzten Freitags zu. Die Daten aus der Eurozone haben in der Tendenz bezüglich der Erwartungshaltung teilweise massiv enttäuscht.

So sanken die Einzelhandelsumsätze per September um -0,2%. Die Prognose war bei einem unverändertem Wert angesiedelt. Wir weisen darauf hin, daß der Einzelhandel nicht vergleichbar ist mit dem gesamten Konsum, sondern nur eine Teilmenge darstellt. Dennoch sind diese Werte wenig erbaulich.

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Der deutsche Auftragseingang verfehlte per September die bei +0,5% angesiedelte Prognose mit einem Einbruch um -4,0% deutlich. Der Vormonatswert wurde von +3,4% auf +3,5% revidiert. Diese Datenreihe atmet mit der Vergabe von Großaufträgen, die eine erhebliche Volatilität zur Folge haben. Ergo messen wir dem aktuellen Ergebnis keine Trendqualitäten zu, sondern interpretieren es, als volatiles Geräusch in einem positiven konjunkturellen Gesamtkonzert. Im ahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 13,9% nach zuvor 21,2% ein. Der Rückgang auf Jahresbasis ist wesentlich auf Basiseffekt zurückzuführen.

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Der US-Arbeitsmarktbericht per Oktober setzte für den USD unerwartete positive Akzente. Die Quote verharrte bei 9,6%.

Wesentlicher war, daß die Beschäftigung um 151.000 Jobs zunahm. Die Prognose lag bei 60.000. Darüber hinaus wurden die beiden Vormonate massiv revidiert. Ergo ergab sich per September nicht ein Rückgang um -95.000, sondern nur um -41.000 und per August lag der Rückgang nicht bei -57.000 Jobs, sondern nur bei -1.000.

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Diese Entwicklung in den USA bestätigt unsere globale positive Konjunktureinschätzung. Nachdem die Einkaufsmanagerindices aus diversen Regionen der Welt bereits anzogen, zeigt sich jetzt in vielen harten Daten Traktion.

Das gilt auch für die US-Wirtschaft, die am Ende des internationalen Konjunkturzugs reüssiert. Die Zunahme der privatwirtschaftlichen Beschäftigung (aktuell +159.000 nach zuvor +107.000) darf hier als Beleg gewertet werden.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Erst ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.3680 - 1.4180 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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