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R.I.P. “alte” EZB

08.09.2012  |  Klaus Singer
Nun ist es also "amtlich". Der ehemals leitende Mitarbeiter von Goldman Sachs Europe und heutige EZB-Chef Draghi hat die Trennung von Geld- und Fiskalpolitik in Europa endgültig abgeschafft. Die EZB wird unter ihrem neuen Programm "Outright Monetary Transactions" (OMT) unbegrenzt Staatsanleihen von PIIGS-Ländern kaufen.

"Die Finanzmärkte brachen - v.a. wegen "unbegrenzt" - in Jubel aus. Aktien stiegen kräftig an, Gold und Silber verteuerten sich noch etwas weiter, PIIGS-Bonds waren stark gesucht, der Euro erstarkte gegen den Dollar.

"Die Finanzmärkte bejubeln den Tod der Bundesbank," titelte die "Welt". Mag ja sein, dass die Bundesbank ein Hort für Geldwertstabilität ist (relativ gesehen...). Aber in Wahrheit bejubeln sie den Tod der EZB als unabhängige, in erster Linie der Preisstabilität in der Eurozone verpflichtete Institution.

Nun gut, diese "alte" EZB gab es schon lange nicht mehr, vielleicht gab es sie nie so, wie es in den europäischen Verträgen vorgesehen war. (Das wäre auch nichts Besonderes, denn dort steht viel, was schon lange nicht mehr gilt.) Aber nun ist die Patientin nach langem Siechtum unter den Händen von zunächst Chefarzt Trichet und dann Draghi verstorben.

Und alle sind froh.

Gejubelt haben nicht nur die "Märkte", gejubelt hat auch die Politik. Je weiter südlich, je lauter. Nördlich der Alpen fanden die Feiern eher im Hinterzimmer statt. Vor der Presse gab es sogar Bedenken zu hören. So z.B. von Herrn Trittin, der gerne Finanzminister werden möchte und kürzlich seine Aufwartung bei den "Bilderbergern" machte: Merkel habe mit ihrer Blockadehaltung in der Frage eines Schuldentilgungspakts Draghi keine andere Wahl gelassen, als eine Vergemeinschaftung der Schulden durch die Hintertüre einzuführen. Wäre durch die Vordertüre besser gewesen?

Die Politiker sind ein Problem los, sie brauchen den Bürgern nicht mehr zu erklären, warum sie noch weitere Rettungsmilliarden brauchen (und dann noch weitere). Ihre Wiederwahl ist daher nicht länger gefährdet, sie können ja nichts dafür, was die „unabhängige“ EZB entscheidet.


OMT - kurz zusammengefasst:

- Konditionalität: Die EZB kauft unter OMT nach eigenem Belieben Bonds von den Ländern der Eurozone, die sich unter den oder die Brüsseler Rettungsschirme stellen. Dabei ist nicht zwingend ein volles Makroprogramm vorgeschrieben, auch vorsorgliche Maßnahmen können schon für EZB-Käufe ausreichen, wenn ein solches Programm die Möglichkeit von Bondkäufen am Primärmarkt einschließt.

- Die EZB kann unter ihrem OMT unbegrenzt Staatsanleihen mit Laufzeiten von hauptsächlich einem bis drei Jahren ankaufen, sie kann die Käufe auch dann durchführen, bzw. fortsetzen, wenn die betreffenden Länder Zugang zum Kapitalmarkt haben. Die Käufe werden beendet, wenn entweder die Ziele erreicht sind oder das betreffende Land seinen Auflagen nicht nachkommt.

- Die EZB wird bei den unter OMT gekauften Bonds keine Seniorität beanspruchen (pari passu).

- Die EZB wird die durch Bondkäufe geschaffene zusätzliche Geldmenge an anderer Stelle abschöpfen (sterilisieren).

- Wie bisher wird die Entwicklung der summarischen Bestände an Bonds samt Marktwert wöchentlich veröffentlicht. Die durchschnittlichen Laufzeiten und die auf einzelne Länder heruntergebrochenen Bestände werden monatlich offen gelegt.

- Die Bestände aus dem SMP-Programm bleiben bis zur Fälligkeit bei der EZB.




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