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Irland gibt auf europäischen Druck hin nach - Euro gewinnt leicht an Boden!

18.11.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute morgen (07.40 Uhr) bei 1.3595, nachdem Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden im frühen europäischen Handel bei 1.3605 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 83.20. In der Folge notiert EUR-JPY bei 113.10, während EUR-CHF bei 1.3430 oszilliert.

Irland war gestern weiter bestimmender Faktor am Devisenmarkt. Der Druck aus den übrigen Reformländern, aber auch aus Deutschland, auf Irland nahm massiv zu, Hilfen anzunehmen. Irland ist nach diesem nachhaltigen Druck diverser Mitgliedsländer der Eurozone nun bereit, über Hilfen mit EU, EZB und IWF ernsthaft und Ziel orientiert zu verhandeln, um dem spekulativen „Fieber“ gegen Irland und in der Folge gegen weitere Reformländer der Eurozone entgegen zu wirken.

Im Mittelpunkt stehen Hilfen für die irischen Banken und nicht für den irischen Haushalt. Das ist auch richtig so.

Wir haben hier in den letzten Tagen immer wieder begründet, daß das Budgetproblem in Irland nicht virulent ist. Da werden Bankhilfen wie Abschreibungen und Verluste behandelt, Liquiditätsreserven von 30 Mrd. Euro übersehen und die Tatsache, daß Irland bis Mitte 2011 durchfinanziert ist, schlicht weg ignoriert. Diese Umstände belegen, daß die Analysekompetenz im Finanzmarkt offensichtlich nicht ausgeprägt ist oder andere Kräfte obwalten.

Finanzmärkte haben hier eigene Realitäten geschaffen. Das ist Fakt. Darauf gilt es dann schlussendlich politisch zu reagieren. Das findet derzeit statt.

Hier wird einmal mehr belegt, daß Märkte zwar immer einen Gleichgewichtspreis liefern. Dieser Gleichgewichtspreis muss jedoch nichts mit sachlicher Diskontierung zu tun haben. Ergo ist die Markteffizienztheorie einmal mehr konterkariert. Das gilt umso mehr, als daß das „US-Auge“ in dieser Frage offensichtlich blind ist. Ergo ist eben auch die zweite Annahme der modernen Volkswirtschaftslehre, daß es einen „Homo Oeconomicus“ gibt, nur bedingt wahr.

Einige der opportunistischen Marktteilnehmer erwarten, daß nach dem Irland Thema nun Portugal und dann Spanien vom Markt gezwungen werden sollen, unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Nach der Absurdität in der Behandlung Irlands, kann heute nichts ausgeschlossen werden. Von Seiten der EZB wird hier bereits vorgearbeitet. Herr Mersch (EZB-Direktorium) erklärte, daß es absolut absurd sei, davon auszugehen, Spanien könne in die Insolvenz gehen. Das ist sicherlich sachlich richtig. Ob derartige Sachlichkeit verfängt, ist aber ein anderes Thema.


In dieser aktuellen Auseinandersetzung müssen Fragen aufgeworfen werden:

Die Tatsache, daß der primäre Defizitsünder USA, der nichts in Richtung Budgetkonsolidierung unternimmt, von dem Radarschirm des Finanzmarkts nicht erfasst wird und auf aktive Reformländern ohne Ansehen der Sachlage eingeschlagen wird, kann mindestens zwei Gründe haben.


Erstens und „unsachlich“, aber mit Spaßfaktor:

Die USA haben die „Stealth“-Technologie für Defizite entwickelt und meine Kollegen können diese Problematik von daher nicht erkennen. Hier würde es sich also um das Thema „Stealth Deficit“ handeln.

Wir schaffen hier gerne Abhilfe. Nach 46 Tagen im laufenden Fiskaljahr liegt die Neuverschuldung bei exakt 233,5 Mrd. USD oder bereits bei circa 1,6% des US-BIP oder bei circa 60% der Gesamtverschuldung Griechenlands. Noch Fragen Kienzle - Nein, Hauser!


Zweitens und sachlich:

Die entscheidenden Taktgeber am Finanzmarkt in London und New York (alles Teilnehmer der globalen Bankenaristokratie, siehe „Endlich Klartext“) haben sich hier positioniert und ziehen ihre Agenda rigoros durch. Hier geht es nicht um makroökonomische Verantwortung (volkswirtschaftliche Funktionen der Banken), sondern solitär um mikroökonomisches Vergnügen (siehe z.B. Goldman - Griechenland = Spiel auf zwei Seiten). Dabei nutzen sie ihre Medienmacht und ihre Kapitalisierung/Liquidität als auch ihre Mobilisierungsopportunitäten in nachgeordneten verwalteten Finanzaktiva (Fonds, Hedge Fonds etc.).

So etwas passiert halt, wenn man das Prinzip des Polypols seitens der internationalen Aufsicht aufgibt und globale Player zulässt, die schlussendlich nur eine Verantwortung gegenüber sich selbst haben und leben. Hier besteht akuter Handlungsbedarf. Es gibt nicht nur das Thema „Too big to fail“, sondern auch das Thema „Counterproductive market impact“!

Das politische Thema hatten wir hier bereits in den Vortagen aufgegriffen. Es ist mit dem letzten Thema als weitere Alternative beliebig kombinierbar.

In einigen Diskussionen wurde die Frage diskutiert, ob es sich wirklich um spekulative Interessen bei diesem Thema handelt. Dabei wurde eingeworfen, daß der Verkaufsdruck oder die Absicherungsaktivitäten am CDS-Markt Ausdruck der Nervosität und Bilanzschwäche der Anleger sei und nichts mit Spekulanten zu tun hätte. Dieses Argument ist charmant. Als spekulativer „Player“ ist es mein Ziel, genau diese Reaktion bei den Marktteilnehmern zu provozieren. Ich mache Dritte zu meinen Soldaten. Es ist eine Form des „Marketing“. Ergo ist der Umstand, der hier beschreiben wird, kein Gegenargument, sondern er bestätigt die hier eingebrachte These.


Wenden wir uns den veröffentlichten Wirtschaftsdaten zu:

Die US-Verbraucherpreise legten per Oktober im Monatsvergleich um 0,2% (Prognose 0,3%) zu. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 1,2% (Prognose 1,3%) nach zuvor 1,1% ein. Einige Kollegen sind wegen des Rückgangs der Kernrate (= Preise ohne Spaß …. Benzin, Alkohol, Tabak, Lebensmittel) auf Jahresbasis von zuvor +0,8% auf +0,6% bereit, den Begriff Deflationsrisiko zu diskutieren. Wir empfehlen diesen Protagonisten die Lektüre zu der Preisentwicklung von John Williams „Shadow Government Statistics“.

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US-Neubaubeginne verfehlten die Erwartungen umfänglich. Auf annualisierter Basis kam es zu einem Rückgang um 11,7% von 588.000 (revidiert von 610.000) auf 519.000. Die Prognose lag bei 600.000. Baugenehmigungen nahmen auf annualisierter Basis von 547.000 auf 550.000 zu. Die Prognose war bei 570.000 angesiedelt.

Ergo zeigt sich hier unverändert ein ausgeprägt schwaches Bild in diesem Sektor der US-Wirtschaft. Eine Trendwende ist hier weiter nicht ansatzweise erkennbar. Der Chart, der die letzten 50 Jahre abbildet, verdeutlicht diese Tatsache in eindrucksvoller Manier.

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Zusammenfassend ergibt sich derzeit ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.3850 - 1.3880 dreht den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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