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Unbefristetes "QE3" befeuert Rohstoffpreise

14.09.2012  |  Eugen Weinberg
Das Wettgelddrucken der Zentralbanken ist eröffnet. Gestern hat Fed-Chairman Bernanke ein unbefristetes Anleihekaufprogramm verkündet, nachdem vor einer Woche EZB-Präsident Draghi bereits dasselbe getan hat. Die Aussicht auf faktisch unbegrenzte Liquidität dürfte die Anleger in Sachwerte flüchten lassen, wozu neben Aktien auch Rohstoffe zählen. Der S&P 500 ist gestern auf den höchsten Stand seit knapp fünf Jahren gestiegen. Der CRB-Rohstoffindex notiert aktuell auf dem höchsten Stand seit sechs Monaten. Vor zwei Jahren stiegen die Rohstoffpreise nach der Ankündigung von "QE2" innerhalb von vier Monaten um 30%. Selbst wenn ein Teil des Preisanstieg um knapp 20% seit Ende Juni auf Zentralbankspekulationen zurückzuführen ist, besteht somit noch immer Spielraum für weitere Preiszuwächse. Damit koppeln sich die Rohstoffpreise bis auf wenige Ausnahmen allerdings auch immer mehr von den Fundamentaldaten ab.


Energie

Die Ankündigung der Fed hat die Rohölpreise auf mehrmonatige Höchststände steigen lassen. Brent erreichte mit 117,5 USD je Barrel den höchsten Stand seit Anfang Mai. Der WTI-Preis nähert sich erstmals seit 4½ Monaten wieder der Marke von 100 USD je Barrel. Daneben sorgen Angebotsrisiken für psychologische Unterstützung. Heute ist in den arabischen Ländern mit neuen anti-amerikanischen Protesten zu rechnen, nachdem vor zwei Tagen in Libyen der US-Botschafter getötet und gestern in Jemen die US-Botschaft gestürmt wurde. Diese für die Ölversorgung so wichtige Region ist somit von stabilen Verhältnissen weit entfernt, was sich in einer dauerhaften Risikoprämie widerspiegeln dürfte.

Die Ölproduktion in der Nordsee soll im Oktober um 25% auf knapp 2 Mio. Barrel pro Tag steigen und somit die wartungsbedingten Ausfälle im September wieder wettmachen. Dies spricht für eine Verringerung der Preisdifferenz zwischen Brent und WTI. Angesichts der Zentralbankmaßnahmen und der Angebotsrisiken dürfte sich der Preisanstieg fortsetzen, obwohl der Ölmarkt reichlich versorgt ist und keine Angebotsknappheit besteht.


Edelmetalle

Angefacht von "QE3" setzten die Edelmetallpreise gestern zum Höhenflug an, der heute Morgen andauert. So steigt Gold auf knapp 1.780 USD je Feinunze und damit den höchsten Stand seit Ende Februar. In Euro gerechnet steigt das gelbe Edelmetall zwischenzeitlich auf 1.368 EUR je Feinunze und handelt nur noch gut 6 EUR unter seinem Allzeithoch von vor einem Jahr. Der Preisanstieg von Gold in Euro wurde allerdings durch die starke Abwertung des US-Dollar, der gegenüber dem Euro auf den tiefsten Stand seit vier Monaten gefallen ist, gebremst.

Ein Überschreiten des letztjährigen Rekordhochs scheint im aktuellen Umfeld aber nur noch eine Frage der Zeit. Denn das Öffnen der Geldschleusen der Notenbanken dürfte zu höherer Inflation und zur Abwertung der Währungen führen, wovon Gold profitieren sollte. Deutlich überproportional legt Silber zu, das bei fast 35 USD je Feinunze notiert. Auch Platin und Palladium steigen auf neue mehrmonatige Höchststände. Die Preisrallye der Edelmetalle dürfte sich weiter fortsetzen.


Industriemetalle

Die Ankündigung der US-Notenbank Fed, ein neues Anleihekaufprogramm ("QE3") aufzulegen, beflügelt auch die Metallpreise. Diese legen heute Morgen in der Breite um bis zu 4% zu und erreichen so neue mehrmonatige Höchststände. Wir sehen zwar mittel- bis langfristig weiteres Aufwärtspotenzial, allerdings könnte es zwischenzeitlich immer wieder mal zu Gewinnmitnahmen kommen.

Nach dem zuletzt starken Preisanstieg von Zinn - der Zinnpreis ist seit Ende Juli um 17% auf 21.200 USD je Tonne gestiegen – haben viele Zinnhersteller in Indonesien, dem weltweit größten Zinnexporteur, ihre Produktion wieder aufgenommen. Laut Angaben des Verbands der indonesischen Zinnproduzenten sind aktuell wieder rund 70% der Schmelzkapazitäten ausgelastet. Im vergangenen Monat, während der Zinnpreis zwischenzeitlich unter 18.000 USD je Tonne handelte, waren es zeitweise weniger als 30%. Dies hat dazu geführt, dass Daten des indonesischen Handelsministeriums zufolge die Zinnexporte im August auf nur noch 5.646 Tonnen und damit den niedrigsten Wert seit Januar gefallen sind.

Zu einer Verknappung am Weltmarkt scheint es dadurch allerdings bislang nicht gekommen zu sein. Denn trotz des jüngsten Anstiegs der gekündigten Lagerscheine auf ein Rekordhoch von fast 8.000 Tonnen, was als Indikator einer anziehenden Nachfrage angesehen werden kann, verharren die LME-Lagerbestände seit nunmehr zwei Monaten nahezu unverändert bei knapp 11.700 Tonnen.


Agrarrohstoffe

Der Baumwollpreis ist im Zuge des WASDE-Berichts eingebrochen. Das ist zunächst ungewöhnlich, da die Verbrauchserwartung für 2012/13 nur geringfügig stärker zurückging als die Produktionserwartung. So schätzt das US-Landwirtschaftsministerium, dass der Angebotsüberschuss nun 6,48 Mio. Ballen anstatt 5,95 Mio. Ballen beträgt. Der Grund für den massiven Preisabfall um über 3,5% auf zwischenzeitlich unter 73 US-Cents je Pfund war eine deutliche Revision aus dem Vorjahr. Unter anderem wurde die weltweite Produktion im Zeitraum 2011/12 um knapp 1,5 Mio. Ballen angehoben, was zum größten Teil auf Indien zurückzuführen ist. Zudem war der weltweite Verbrauch im abgelaufenen Erntejahr 1,1 Mio. Ballen geringer als erwartet.

Diese sorgte dafür, dass die Anfangsbestände in dieser Ernteperiode bei 69,88 Mio. anstatt wie im August prognostiziert bei 67,80 Mio. Ballen liegen, die Endbestände nun bei 76,52 Mio. anstatt 74,67 Mio. Ballen. Das globale Lager-Verbrauchs-Verhältnis soll im Zuge dessen 2012/13 mit 53,15% auf den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnung im Jahre 1960 steigen. Das grundsätzliche Bild eines reichlich saturierten Baumwollmarkts hat sich somit verfestigt. Damit ist von fundamentaler Seite weiterhin wenig Spielraum für die Preise nach oben. Wenn die Preise heute dennoch steigen, ist dies auf die allgemeine positive Marktstimmung zurückzuführen.

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