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Inflation - Druck aufs Geldfass

30.09.2012  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Die Geldfässer der Finanzsektoren der meisten Industrieländer sind durch die explodierte Zentralbankgeldmenge randvoll. Die Geldflut im Finanzsektor sorgt dort für Inflation, wie an den luftigen Aktienkursen und anderen Assetpreisen gut zu sehen. In der Realwirtschaft ist davon bisher nicht viel angekommen, ihr Geldfass ist relativ wenig gefüllt.

Wenn die Notenbanken mit ihren QE-Programmen, den LTROs und dem OMT per "harter Inflationierung" oder "vornehmer" per finanzieller Repression dauerhafte Erleichterung bei der Staatsverschuldung bewirken wollen, müssen sie dafür sorgen, die Kanäle zwischen den beiden Geldfässern durchgängig zu machen.

Der Kreditkanal: Wenn Geschäftsbanken Kredite vergeben, schaffen sie dadurch Geld. Das Potenzial hierzu ist angesichts der bei den Notenbanken geparkten Überschussreserven enorm. Wenn die Wirtschaftssubjekte jedoch keine Kredite nachfragen, sondern eher damit beschäftigt sind, ihre (übermäßige) Verschuldung abzubauen, ist dieser Kanal weitgehend verstopft. Dann funktionieren die vielzitierten Transmissionsmechanismen der Geldpolitik nicht, die Notenbanken können die Zinsen immer weiter senken, die Kreditvergabe wird dadurch jedoch kaum positiv beeinflusst.

Der Assetkanal: Wenn z.B. Versicherungen und andere Institutionen außerhalb des Bankensystems über das OMT-Programm der EZB Staatsanleihen aus ihren Büchern an die EZB verkaufen, erhalten sie dafür Mittel. Wenn diese etwa in Immobilien angelegt werden und damit deren Preise (und anschließend die Mieten) steigen, trägt das dazu bei, die Inflationsrate zu erhöhen. Ein mittelbarere Variante ist die folgende: Das durch die lockere Geldpolitik niedrige Zinsniveau erleichtert u.a. durch niedrige Kosten der Lagerhaltung die Spekulation mit physischen Rohstoffen. Wenn das dazu führt, dass die Rohstoffpreise dauerhaft steigen, wirkt das über die Produktionskette letztlich inflationär.

Ein sich selbst tragender Aufschwung der Realwirtschaft, eben die oben genannte hinreichende Bedingung einer hohen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, wäre die einfachste Möglichkeit, Inflation zu erzeugen. Doch hier besteht zurzeit wenig Hoffnung. Genau deshalb sind QE3 und OMT aufgelegt worden. Man handelt schlicht nach dem Prinzip, den Druck im Geldfass des Bankensystems so lange zu erhöhen, bis selbst durch die verengten Kanäle zum Geldfass der Realwirtschaft genügend Liquidität strömt, um die Inflation anzuheizen.

Technisch ist es den Notenbanken möglich, Inflation und Inflationserwartungen zu bekämpfen. Paul Volcker, ehemals Fed-Chef, hat Ende der 1970er Jahre die kurzfristigen Zinsen trotz schwacher Konjunktur stark angehoben und so Liquidität eingesammelt. Allerdings gehört dazu der Mut des Unabhängigen, denn eine solche Politik ist schmerzhaft. Diese "Schmerzen“ werden umso größer, je länger sich die Wirtschaft, insbesondere die Finanzindustrie an die Liquiditätsflut gewöhnt hat.

Die unbeabsichtigten Konsequenzen einer solchen Geldpolitik machen es immer schwerer, das Rad zurückzudrehen. Neben diesen im Artikel "Von QE zu UC" diskutierten "Seiteneffekten“ spielt insbesondere in der Eurozone auch die Verflechtung der außerordentlich expansiven Geldpolitik mit der Bankenwelt eine große Rolle. "De facto werden zahlreiche unsolide Banken künstlich am Leben gehalten. Die EZB schleppt sozusagen Banken durch, die sonst nicht überleben könnten," sagt Otmar Issing im Interview mit der "Welt".

Die EZB hat den Bankensektor mit Liquidität überschüttet und dabei auch die Regeln für ihre Kredite aufgeweicht. Sie hat nicht unterschieden zwischen illiquiden Banken mit vorübergehenden Problemen und insolventen, nicht zukunftsfähigen Instituten. Solche mit einer schwachen Kapitaldecke ausgestatteten Banken können kaum Kredite an Unternehmen zu vergeben. Aber sie können Staatsanleihen erwerben, weil nach Basel II / Basel III Staatsanleihen als risikofreies Investment gelten, die eine Bank kaufen kann, ohne Eigenkapital dagegen stellen zu müssen. So haben viele südeuropäische Banken zuletzt wieder verstärkt Staatsanleihen ihrer Länder gekauft haben. Wenn sich zwei Nicht-Schwimmer aneinander klammern, wird daraus noch kein Schwimmer - im Gegenteil, so entsteht ein brisantes Geflecht.

Friedrich August von Hayek hatte festgestellt, die Inflation zu stoppen ist weniger ein "technisches" denn "politisches" Problem. Indem sich die EZB immer mehr zum Diener der Politik macht –z.B. ist auch die Bankenrettung eine staatliche Aufgabe und keine der EZB-, wird es immer unwahrscheinlicher, dass dieselbe EZB frühzeitig ihren Kurs ändert und die schließlich durch die verengten Kanäle in die Realwirtschaft strömende Geldmenge wieder einsammelt.




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