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Interview mit Dr. Kurt Richebächer

06.01.2003  |  Dr. Kurt Richebächer
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Frage: Warum hört man so was nicht von den Mainstream-Volkswirtschaftlern?

Richebächer: Nicht nur die Volkswirtschaftler, sondern die Politikmacher der USA und die Öffentlichkeit leugnen die Schwere der volkswirtschaftlichen und finanziellen Situation.


Frage: Aber warum?

Richebächer: Das Hauptproblem ist das fehlende Verständnis und ein blindes Vertrauen in die Omnipotenz der Federal Reserve.


Frage: Nun, die Fed hat die Zinssätze aggressiv gesenkt. Das hat in der Vergangenheit gewirkt, oder?

Richebächer: Dieser Rückgang unterscheidet sich dramatisch von allen anderen Rezessionen nach dem zweiten Weltkrieg. Er wurde nicht durch ängstliches Geld, sondern durch unerträgliche Ausgabenexzesse ausgelöst, welche ein überdehntes Finanzsystem zurücklassen.


Frage: Sie meinen, die niedrigen Zinssätze wirken nicht?

Richebächer: Zum ersten mal seit dem Zweiten Weltkrieg sind die US-Volkswirtschaft und sogar der Aktienmarkt zusammengebrochen, und das vor dem Hintergrund der aggressivsten Zinssatzsenkungen durch die Federal Reserve und dem wuchernsten Geldmengen- und Kreditwachstum aller Zeiten. Die Kräfte, welche die US-Volkswirtschaft diesmal herabdrücken, unterscheiden sich radikal von denen der letzten Rezessionen.


Frage: In welcher Hinsicht?

Richebächer: Die Implosion der Gewinne ist der offensichtlichste und wichtigste Aspekt.


Frage: Die Fed hat die Zinssätze gesenkt, um die Ausgaben zu erleichtern. Sie sagen, die niedrigen Zinssätze würden nicht wirken, aber das Volk nutzt doch den Vorteil der niedrigen Zinssätze, um weiter auszugeben, oder etwa nicht?

Richebächer: Das stimmt. Amerika bekämpft die Rezession mit einfach noch mehr Konsumexzessen.[/i]


Frage: Können die Konsumenten das Schiff über Wasser halten?

Richebächer: Das Verbrauchervertrauen fällt bereits. Noch wichtiger, die Volkswirtschaftlichen Eckdaten für die letzten paar Monate lassen einen schlußfolgern, daß der Amerikanische Verbraucher sich bereits zurückzieht.


Frage: Davon hört man nichts.

Richebächer: Niemand will es wahrhaben. Ein Grund könnte sein, daß einfach nichts mehr in Sicht ist, um die US-Wirtschaft zu fördern.


Frage: Aber das Einkommen der Verbraucher wächst doch, oder nicht?

Richebächer: Nein, das Wachstum ist zum Stillstand gekommen, und ein Großteil des Wachstums kam durch die Steuersenkung.


Frage: Also könnten die Konsumentenausgaben auch stagnieren?

Richebächer: Vor allem wenn die Verbraucher fortfahren, ihre Ersparnisse neu aufzubauen, was seit kurzem erst mit drei bis vier Prozent des frei verfügbaren Einkommens geschieht. Dies wird in Zukunft möglicherweise zunehmen. Das ist die Art von Dingen, welche die Kreditkaufexzesse des Booms beenden werden.


Frage: Warum?

Richebächer: Jeder Zuwachs in den Ersparnissen übt eine Gegenkraft auf das Wirtschaftswachstum aus, drückt die Gewinne.


Frage: Nun, bis jetzt hat der Verbraucher nicht spürbar nachgelassen.

Richebächer: Er hat den Tag der Abrechnung verschoben, indem er sich mit mehr Schulden belädt. Viele dieser Schulden werden nicht zurückgezahlt werden können.


Frage: Sie sagen, das Volk habe Vertrauen in seine Währungsbehörden. Das sei ein Grund für sie, weiter Geld auszugeben.

Richebächer: Dieser Glaube ist äußerst verblüffend. Er verdrängt die Tatsachen. Er basiert darauf, daß die Federal Reserve ohne Sinn und Verstand Geld und Kredit erzeugt, und daß der Verbraucher ohne Sinn und Verstand Geld leiht und ausgibt. Niemand scheint die außergewöhnlichen Exzesse dieser beiden zu verstehen und wie sie für die jetzige volkswirtschaftliche und finanzielle Misere verantwortlich sind.


Frage: Da stimme ich Ihnen zu. Die Leute sehen keine Vorboten dieser Entwicklung.

Richebächer: Es wird Zeit, daß sie es tun. Die Wirtschaftsnachrichten werden schlimmer und schlimmer. Niemals zuvor hat die Welt solch eine massive Vernichtung von Aktienvermögen gesehen, und niemals zuvor haben die Unternehmensgewinne und Kapitalausgaben der Unternehmer solch scharfe Einbrüche erlebt.


Frage: Sie sehen die Unternehmergewinne als einen Schlüssel der ganzen Krise, oder?

Richebächer: Wir haben in den früheren Boom-Jahren fortwährend vor der unüblich schwachen Gewinnperformanz der Volkswirtschaft gewarnt. Als sie 2001 scharf verlangsamte, entwickelte sich daraus praktisch eine Gewinnimplosion. Die Gewinnmargen sind die niedrigsten seit der Depression in den 30ern. Zudem ist nichts in Sicht, was diese zunehmende Gewinnerosion umkehren könnte.


Frage: Was sind die Konsequenzen?

Richebächer: Generaldirektoren haben gegenüber dem Gewinndesaster kapituliert. Ihre Lösung ist eine radikale Kürzung ihrer Investitionsausgaben.




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