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Preisdifferenz am Ölmarkt steigt auf Jahreshoch

09.10.2012  |  Eugen Weinberg
Energie

Anders als die Senkung der globalen Wachstumsprognosen durch die Weltbank gestern hatte die Abwärtsrevision durch den IWF heute keinen negativen Einfluss auf die Rohstoffpreise mehr. Offensichtlich setzt sich die Erkenntnis durch, dass sich die Aussichten auf billiges Geld durch die Zentralbanken bei einer weiteren Wachstumsverlangsamung verbessern, was sich preissteigernd auf die Rohstoffe auswirken sollte. Am Ölmarkt kommen die latenten Angebotsrisiken hinzu. Zu nennen ist hier die drohende Ausweitung des Syrien-Konflikts auf die Türkei und die damit einhergehende Gefährdung wichtiger Öltransitwege. Zudem haben Rebellen im Sudan die Provinzhauptstadt der dortigen Ölförderregion angegriffen, was den gerade ausgehandelten Friedensvertrag zwischen Sudan und Südsudan und damit auch die Wiederaufnahme der seit Jahresbeginn stillstehenden Ölproduktion gefährden könnte.

Der Brentölpreis kann im Zuge dessen auf knapp 113 USD je Barrel steigen. Die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI hat sich inzwischen auf mehr als 22 USD je Barrel ausgeweitet, das höchste Niveau seit fast einem Jahr. Die unterschiedliche Entwicklung der Ölpreise macht sich auch in der Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger bemerkbar. Während die spekulativen Netto-Long-Positionen bei WTI zuletzt zweimal in Folge gesunken sind, kam es bei Brent in der vergangenen Woche zu einem Aufbau um 7,2 Tsd. Kontrakte. Mit einer nennenswerten Verringerung der Preisdifferenz ist erst im kommenden Jahr zu rechnen, wenn es hinreichend Pipelinekapazitäten gibt, um das überschüssige Öl aus dem Mittleren Westen an die US-Golfküste zu transportieren.

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Edelmetalle

Gold kann am Morgen auf 1.780 USD je Feinunze steigen und damit die gestrigen Verluste teilweise wieder wettmachen. Die Aussicht auf unbegrenztes billiges Geld durch die Zentralbanken und die kräftigen ETF-Zuflüsse sprechen für einen baldigen Anlauf auf die Marke von 1.800 USD. Hinzu kommen die anhaltenden Streiks in der südafrikanischen Goldindustrie. Derzeit werden Goldminen von AngloGold, Gold Fields und Harmony bestreikt. Trotz eines seit Jahren zu beobachtenden strukturellen Rückgangs der Goldproduktion war der einstmals weltgrößte Goldproduzent Südafrika im vergangenen Jahr mit einer Produktion von 190 Tonnen noch immer der fünftgrößte Goldproduzent weltweit.

Jede Unze, welche streikbedingt weniger produziert wird, verschärft die Lage zusätzlich, da die ETFs in den letzten vier Wochen die Hälfte des in dieser Zeit weltweit geförderten Goldes absorbierten. Wesentlich bedeutender ist der Marktanteil Südafrikas bei Platin. Hier spitzt sich die Lage weiter zu. Die Streikwelle hat nun auch die Eland-Platinmine von Xstrata erfasst, welche 3,6% der südafrikanischen Platinproduktion ausmacht. Der weltgrößte Platinproduzent Anglo American Platinum hat am Freitag 12 Tsd. illegal streikende Bergarbeiter entlassen, welche daraufhin mit gewaltsamen Protesten gedroht haben. Bei Zusammenstößen mit der Polizei in der Marikana-Mine von Lonmin kamen im August 34 Bergarbeiter ums Leben. Der Platinpreis bleibt vor diesem Hintergrund trotz extremer Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger gut unterstützt.


Industriemetalle

"Totgeglaubte leben länger!" kann man wohl über die Entwicklungen am Stahlmarkt sagen. Noch im September wurden die fallenden Stahl- und Eisenerzpreise in China oft als Hinweis auf eine sehr schwache Nachfrage bzw. die Konjunkturentwicklung im Reich der Mitte interpretiert. Der kräftige Preisanstieg bei Eisenerz und Stahl in den letzten Wochen hat dementsprechend viele Marktteilnehmer überrascht. In China ist der Eisenerzpreis nach einem 27%-igen Anstieg auf den höchsten Stand seit Mitte August gestiegen, der Stahlpreis hat sogar den höchsten Wert seit Mitte Juli erreicht. Ausschlaggebend sind aus unserer Sicht neben den "weichen“ Faktoren wie dem Optimismus aufgrund der Infrastrukturprogramme und weiterer Liquiditätsspritzen auch die physische Einengung des Marktes.

So fallen die Lagerbestände für Baustahl in China schon seit Monaten, auch die für Warmbreitband HRC sind in den letzten Wochen auf Mehrjahrestiefs gefallen. Auch bei Eisenerz zeichnet sich eine Bereinigung ab, nachdem ein großer Teil der Produktion in China unprofitabel wurde. Für die aktuelle Einengung ist aber nicht allein die Angebotsseite verantwortlich: Die Stahlproduktion im September und Oktober dürfte zwar weiter gefallen sein, nachdem sie schon im August im Monatsvergleich um 4,8% zurückging. Auch die robuste Nachfrage dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben. Triebfeder war u.E. allerdings vor allem die Exportnachfrage wegen der hohen Preisdifferenz zum Weltmarkt. Damit ist es noch zu früh, um eine Entwarnung für den Stahlmarkt zu geben.


Agrarrohstoffe

Der Blick der Märkte ist auf die Veröffentlichung der neuen Prognosen zu Angebot und Nachfrage bei wichtigen Agrarprodukten durch das US-Landwirtschaftsministerium am Donnerstag gerichtet. Im Vorfeld wird bereits spekuliert, dass die Schätzung für die weltweite Weizenproduktion in der Saison 2012/13 nochmals reduziert werden dürfte. Dafür spricht, dass die Schätzung des australischen Prognoseinstituts ABARES für die Weizenproduktion des Landes mit 22,5 Mio. Tonnen deutlich unter den bisher vom USDA geschätzen 26 Mio. Tonnen liegt. Umgekehrt wird erwartet, dass die US-Ernte an Mais und Sojabohnen möglicherweise besser ausfällt als bisher gedacht. So schätzt der Durchschnitt der von Bloomberg befragten Analysten, dass das USDA bisher die Sojabohnenernte um fast 5% unterschätzt. Bei Mais sehen sie geringfügigen Reduktionsbedarf.

Das Analysehaus Informa dagegen schätzt sowohl die US-Sojabohnen- als auch die Maisernte um 8% bzw. knapp 4% höher ein als es das USDA bisher tut. Dies drückte zuletzt die Preise leicht. Wie unsicher die Schätzungen für das weltweite Angebot noch sind, zeigt die Bandbreite der erwarteten Flächenumschichtung in Südamerika. Sojabohnen dürften als Gewinner aus der Konkurrenz um Fläche hervorgehen. Allerdings schätzt die Buenos Aires Cereal Exchange, dass deshalb die Maisfläche um 12% eingeschränkt wird, während das Agrarministerium nur eine kleine Einschränkung erwartet. Für das Exportpotenzial des zweitgrößten Maisexporteurs ist die Klärung dieser Frage sehr wichtig.




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