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Ratingagenturen sanktionieren Reformen in Europa

11.10.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (08.24 Uhr) bei 1.2855, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im europäischen Handel bei 1.2913 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.00. In der Folge notiert EUR-JPY bei100.30, während EUR-CHF bei 1.2085 oszilliert.

Eigentlich gab es in den letzten Tagen viele ermutigende Mitteilungen rund um die Eurozone:

  • Frau Merkels Besuch in Athen verlief diplomatischerfolgreich
  • Mario Draghi sprach ermunternde Worte über die Gesundung der Eurozone
  • Eurogruppe und IWF äußerten sich einheitlich
  • Portugal soll früher als geplant an die Märkte zurückkehren
  • Der ESM ging Montag an den Start
  • Die EZB darf ab sofort über ihr OTM Programm Anleihen kaufen

Dass der Euro nicht sprunghaft positiv reagiert zeigte schon eine gewisse Zurückhaltung an den Märkten, schließlich war der Euro nach der Ankündigung des OTM Anleihekaufprogramms kurzzeitig im Ralleymodus und wartet seitdem auf einen Hilfsantrag Spaniens. Seither pendelte der Euro in der Range von 1,2980-1,2830 und wartete aufneue Impulse.

Diese wurden gestern Abend geliefert. Aber nicht inder erwarteten Form. Wir zitieren aus der Reuters Meldung von gestern Abend:

... Die US-Ratingagentur S&P hat die KreditwürdigkeitSpaniens herabgestuft. Die Bonität werde nur noch mit BBB-Minus bewertet und damit zwei Stufen niedriger als bisher. Der Ausblick sei negativ, teilte die größte Ratingagentur am Mittwochabend mit. Sollte die politische Unterstützung für die eingeleiteten Reformen schwinden und sich die Hilfeder Euro-Zone als unzureichend erweisen, drohe eine weitere Kürzung der Bonität. Diese befindet sich bereits nur noch knapp über Ramschstatus ...

Diese Entscheidung ist nur konsequent, wenn man ausklammert, dass die Banken mit bis zu 100 Mrd. EUR rekapitalisiert werden können und bisher nur ein Bedarf von nicht einmal 60 Mrd. EUR berechnet wurde. Dieser Sicherheitspuffer und die Aussicht auf Unterstützung der EZB bei der Refinanzierung der Staatsschulden muss bei einer erneuten Bewertung der Bonität ausgeklammert werden. (Ironie)

Durch die harten Reformen ist das Land in einer Situation der Neuorientierung. Die Probleme sind offenkundig. Die Arbeitslosigkeit, besonders bei den Jugendlichen ist schon lange eins der zentralen Probleme des Landes. Durch Arbeitsmarktreformen wird an diesen Ungleichgewichten gearbeitet und alte Verkrustungen aufgebrochen. Es kommt dadurch zu vorübergehenden Verschlechterungen der Wirtschaftslage und des Arbeitsmarktes. Diese haben in den europäischen

Reformländern aber einen investiven Charakter, da hier aktiv gegen Fehlentwicklungen angegangen wird. Andere Länder wie z.B. USA, GB undJapan dagegen lassen jeglichen Reformwillen vermissen und bauen daher neue Schulden mit investivem Charakter auf. Dieser Aspekt wird von den Ratingagenturen bei der Bewertung der Reformländer völlig ausgeklammert.

Wie in der Rubrik letzte Nachrichten veröffentlichtsagte Herr Schäuble gestern: Die Euro-Zone werde auch die Vereinbarung einhalten, das Defizit zwischen 2010 und 2013 zu halbieren. Wer anders liefert Ankündigungen dieser Art in vergleichbarer Qualität? Wir bitten um Zuschriften, falls etwas an uns vorhrüber gegangen ist.

Selbst wenn wir exklusiv die Zahlen in den Fokus nehmen wie z.B. Staatsverschuldung und einer sportlichen Annahme von 90% Verschuldung Spaniens liegen diese Zahlen weit unter denen der oben angesprochenen Länder, die allesamt deutlich besser geratet sind.

Spanien wird nun mit einer Stufe über Ramsch bewertet. Dazu droht durch den negativen Ausblick, der mit auf den Weg gegeben wurde, ein erneutes Downgrade. Schon jetzt ist Spanien in illustrer Runde mit der Türkei, Island und Lettland und - jetzt festhalten -hinter Ländern wie Litauen, Marokko und Panama … (Quelle: http://www.standardandpoors.com/ratings/sovereigns)

Maßnahmen wie vom IWF gefordert ("Wir erwarten Handeln, mutiges Handeln von unseren Mitgliedern“) werden von den Ratingagenturen nicht honoriert, sondern streng sanktioniert!

Länder mit unabhängigen Notenbanken dürfen sich dagegen in der Hängematte ausruhen und "Ratingimmunität“ genießen. So werden die USA bis nach der Präsidentschaftswahl nicht behelligt.

Einige Beispiele: in Europa wurde Belgien nach der Regierungsbildung mit einem Downgrade belohnt und die Neuwahlen in Griechenland wurden als fehlende politische Richtung gebrandmarkt. England setzt eigenmächtig die Kapitalregel seiner Banken herunter und schiebt das Problem der Banken in die Zukunft. Die Liste könnte beliebig weitergeführt werden.

Investitionen in Länder richten sich wesentlich nach der Stimmungslage, die zu einem nicht unerheblichen Teil auch durch die Ratingagenturen beeinflusst wird. Vor diesem Hintergrund verfolgen wir heute aufmerksam die Anleihe-Auktion der Italiener, die im Sog der Spanier voraussichtlich nun stärker zur Kasse gebeten werden dürften als zuletzt.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2600 - 1.2630 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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