QE 2 und die Konsequenzen (Teil 1)
20.01.2011 | Ron Hera
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Immer stärker wächst die Überzeugung, dass die asiatische Inflation den dortigen Wirtschaften schaden wird, noch bevor sich die westlichen Länder (die ihre Währungen entwerten) voll und ganz von der Rezession erholt haben, die 2007 begann. Die Dollarentwertung lässt den Wert der chinesischen US-Staatsanleihenbestände sinken, während China gleichzeitig auf die Exporte in die USA angewiesen ist, die sich insgesamt auf 200 Mrd. $ bis 300 Mrd. $ pro Jahr belaufen. Für Exportländer ist QE2 eine in doppelter Hinsicht zerstörerische Politik: Denn die Kapitalzuflüsse wirken inflationär, während die Exporte aufgrund von Währungsaufwertung sinken. Die potentiellen Folgen eines Produktionsrückgangs infolge sinkender Exporte in Verbindung mit dem Platzen einer Preisblase bei Vermögensanlagen wären das Rezept für ein Desaster. Da nun immer mehr Länder beginnen, internationalen Handel auch unter Ausschluss des US-Dollars zu betreiben, könnte sich eine Spaltung der Welt in zwei Lager ergeben. Zum Beispiel führen die USA und Japan Gespräche zum Abschluss eines trans-pazifischen Freihandelsabkommens. Interessanterweise würde QE2 potentiell auch dazu dienen können, bevorzugte Käufer von US-Staatsanleihen gegen US-Dollar "auszuzahlen", bevor der US-Dollar noch weiter sinkt. China, Russland und Brasilien reduzieren schon jetzt ihre Bestände an US-Staatsanleihen und könnten (über ihre Zwischenhändler) zu bevorzugten US-Staatsanleihenverkäufern an die Federal Reserve werden. Aber in Anbetracht der Größe des US-Defizits ist die einfachste Erklärung immer noch, dass die Fed einfach nur die US-Regierung finanziert.
Sich das Wolfsrudel vom Leib halten
QE2 mag vielleicht die US-Exporte ankurbeln und hilfreich für die Schaffung der Grundlagen erneuten Wirtschaftswachstums in den USA sein (man wäre dann nicht mehr hautsächlich auf die Ankurblung der Binnennachfrage angewiesen), aber QE2 steht ebenfalls für die Entwertung des US-Dollars, was auch nahelegt, dass sich Nachfrage nach US-Dollars abschwächen könnte. Mit der aktuellen Lage der US-Wirtschaft kann die Bewertung der US-Schuldpapiere mit AAA faktisch nicht mehr gerechtfertigt werden. Im Februar 2010 warnte Moody’s öffentlich vor einer eventuellen Herabstufung der Bonität von staatlichen US-Schuldverschreibungen. Im Dezember wurde erneut gewarnt, während amerikanische Politiker über die Steuergesetzgebung debattierten, auch im Januar tauchte diese Warnung wieder auf. Solange die US-Wirtschaft kein stärkeres Wachstum zu verzeichnen hat, und solange die US-Regierung ihr Haushaltsdefizit nicht unter Kontrolle bekommt, solange wird auch das Vertrauen in US-Staatsschulden und den US-Dollar weiter sinken.
Nach Ankündigung des QE2-Programms begannen die Umlaufrenditen für US-Staatsanleihen zu steigen, und im Dezember kam es bei den US-Staatsanleihen zu einem beispiellosen Ausverkauf. Man spekulierte darüber, ob jetzt vielleicht die USA das nächste Ziel des “Wolfsrudels" sei, das sich unter anderen aus Leerverkäufern staatlicher Schuldpapiere zusammensetzt, welche gleichzeitig auch als Trader von OTC-Derivaten agieren (Kreditausfallversicherungen und Zinsswaps). Die mit QE2 geschaffene künstliche Nachfrage nach US-Staatsanleihen könnte theoretisch auch den Leerverkauf von staatlichen US-Anleihen abfangen, der Profite im Bereich Kreditausfall und Zinsswaps generieren sollte. Leerverkäufer, die versuchen, die Umlaufrenditen nach oben zu treiben, riskieren damit, dass die Federal Reserve einspringt und die Umlaufrenditen wieder nach unten drückt - QE 2 könnte also dem Wolfrudel zuvorgekommen sein. Die Vereinigten Staaten sind nicht immun gegen die Stärke dieser "räuberischen" Praktiken, denn der Wert der außerbörslich gehandelten (OTC-) Derivate wird derzeit auf über 605 Billionen $ geschätzt (ungefähr das Zehnfache des globalen BIPs).
Chart mit freundlicher Erlaubnis von StockCharts.com
Die künstliche Nachfrage nach US-Staatsanleihen könnte die Umlaufrenditen niedrig halten und damit einer inflationären Geldpolitik den Rücken stärken, aber selbst die Primärhändler der Fed prognostizieren höhere Umlaufrenditen für das Jahr 2011. Doch die Kontrolle der Federal Reserve über die Renditen von US-Staatsanleihen scheint mit Blick auf die Währungsentwertung ihre Grenzen zu haben. Aber selbst wenn die Renditen für US-Staatsanleihen steigen sollten, so könnte QE2 doch immer noch als Mittel dienen, sich das Wolfsrudel vom Leib zu halten.