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China erhöht erneut die Zinsen - Ben Bernanke im Fokus

09.02.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute morgen bei 1.3650 (07.50 Uhr), nachdem Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden im US-Handel bei 1.3688 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 82.40 In der Folge notiert EUR-JPY bei 112.45, während EUR-CHF bei 1.3140 oszilliert.,

Gestern setzte die "People’s Bank of China" einmal mehr einen unerwarteten zinspolitischen Akzent. Der Leitzins wurde um 0,25% von bisher 5,81% auf 6,06% angehoben.

Damit reagiert Chinas Zentralbank nach dem Lehrbuch. Um Überhitzungen in der Wirtschaft und sich daraus möglicherweise ergebenden Ungleichgewichten durch zu starke Inflation oder Übertreibungen in der Bewertung wirtschaftlicher Aktiva entgegen zu wirken, werden die zinspolitischen Zügel gestrafft. Hier agiert die PBoC verantwortungsvoll, um einen nachhaltigen Aufschwung zu perpetuieren. Es handelt sich um eine Zinsmaßnahme, die Ausdruck von Stärke der Konjunktur ist.

Nachdem zuletzt Zinsmaßnahmen der PBoC am Markt zu Verunsicherungen und verstärkter Risikoaversion führten, war die Reaktion gestern deutlich moderater. Es ergibt sich der Anschein, dass der Markt mittlerweile begreift, dass diese Zinspolitik darauf abzielt, ein hohes Wachstum zwischen 8% -10% zu perpetuieren und damit nicht die Fehler der Fed unter Greenspan/Bernanke zu wiederholen.

China agiert nach dem Skript des deutschen Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes von 1967. In der Krise wird unterstützt, in Phasen hohen Wachstums wird gekappt. Damit gestaltet man den Konjunkturzyklus gleichmäßiger und vermeidet schlicht weg und ergreifend unnötige Kollateralschäden in den Strukturen der Wirtschaft. So etwas ist weise …

Darüber hinaus darf man die aktuelle Gangart der PBoC auch in die Richtung interpretieren, als dass hier globale Verantwortung nachhaltig gelebt wird. Das lässt sich bezüglich der Zinspolitik nicht für alle wesentlichen Zentralbanken sagen.

Nachdem bereits der deutsche Auftragseingang im Rahmen der hohen Volatilität der Großaufträge per Dezember enttäuschte, ergab sich auch bei der Industrieproduktion Deutschlands für den identischen Zeitraum eine deutliche Verfehlung der Konsensusprognose.

Per Dezember stellte sich ein Rückgang im Monatsvergleich um -1,5% ein. Die Prognose lag bei +0,3%. Der Vormonatswert wurde von -0,7% auf -0,6% revidiert.

Das Ergebnis ist vor dem Hintergrund des gegebenen Auftragsbestands durchaus enttäuschend. Entscheidend war der Rückgang in den Sektoren Konsumgütern (-1,3%), Halbfertiggüter (-3,1), Bau (-24,1%) und Energieproduktion (-0,3%). Im Sektor Kapitalgüter stellte sich dagegen eine Zunahme um 3,3% ein.

Bei den aktuellen Zahlen muss berücksichtig werden, dass es partiell zu Lieferengpässen mangels Lagerbestand kam/kommt und darüber hinaus im Dezember wetterbedingt nachhaltige Logistikprobleme auftraten, die das Produktionsbild störten. Ergo ist bei der Interpretation der Daten Vorsicht geboten.

Der Blick auf den Jahresvergleich ist deutlich versöhnlicher. Hier kam es zu einem Anstieg um 10,2% nach zuvor 11,2%. Ohne den Bausektor stellte sich der Anstieg auf 12,0% nach zuvor 11,4%. Das Wetter hat offensichtlich maßgeblich das Bild gestört, oder?

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Aus den USA kamen positive Nachrichten. Der "NFIB Small Business Survey" per Berichtsmonat Januar lieferte einen Anstieg des Index von zuvor 92,6 auf 94,1 Punkte. Auch in den USA sind kleine Betriebe für die nachhaltige Beschäftigungsentwicklung von besonderer Bedeutung. Ergo verdient dieser Index durchaus Beachtung.

Der Index nähert sich derzeit dem Dezemberwert von 2007 bei 94,6 Punkten. Es stellte sich der fünfte Anstieg in Folge ein. Der Index liegt damit deutlich oberhalb des Durchschnittswert des 4. Quartals 2010 (92,5 Punkte).

Die Investitionsbereitschaft steigt ebenso wie die Absatzerwartungen. Der Subindex, der die Bereitschaft zu Preiserhöhungen abgreift, legte von 15 auf 19 Punkte zu. Dieser Subindex erreichte das höchste Niveau seit September 2008, ein kleiner "Mühlstein" für die Fed? Der Chart belegt, dass die aktuelle Tendenz des Index in die richtige Richtung weist. Der Indexstand ist aber auch Ausdruck dessen, dass der Index sich unverändert auf einem mäßigen Niveau bewegt.

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Heute steht Ben Bernanke einmal mehr im Fokus. Vor dem Haushaltsausschuss des Kongresses darf er sich über die Themen Konjunktur, Arbeitsmarkt und die Defizitlage äußern. Nach seinen kernigen Aussagen in den letzten Tagen bezüglich der Defizitsituation in den USA, die ihn in die Nähe unserer Argumentation brachten, sind wir gespannt, ob die Kernigkeit anhält und ausreicht, politischen Druck auszuüben, um die USA ein Stück weit zukunftsfähiger zu gestalten.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3210 - 1.3240 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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