Obama-Party mit schnellem Ende - Märkte mit Katerstimmung
08.11.2012 | Folker Hellmeyer
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Die Märkte gaben nach dem frühen Wahlerfolg von Barack Obama zum Einstieg Gas und tendierten allesamt positiv. Der Euro gewann gegenüber dem US-Dollar, Edelmetalle wurden gesucht und der DAX zeigte sich ebenfalls robust (+50 Punkte). Gegen Mittag drehte sich die Stimmung aber rapide und die Märkte zeigten ihre Skepsis. Der Euro bewegte sich nach Kursen um 1.2850 schnellen Schrittes auf bis zu 1.2735 bevor der Kurs am Nachmittag um 1.2755 pendelte. Was war passiert?
Nachdem die US-Wahl zuvor im Fokus stand, wurden amVormittag schwache europäische Zahlen aus Deutschland und Spanien zur Industrieproduktionveröffentlicht.
In Spanien fiel die Industrieproduktion im Vergleich zum Vorjahresmonat um -7,0%. Die spanische Industrie ist seit September 2011 jeden Monat geschrumpft.
In Deutschland wurde ebenfalls ein Produktionsrückgang festgestellt, der mit -1,8% allerdings nicht so schwach wie in Spanien ausfiel, aufgrund der besonderen Bedeutung Deutschlands als Lokomotive Europas aber ebenfalls für starke Ernüchterung sorgte. Bisher wurde die einheimische Industrie von der Binnennachfrage gestützt, die nunaber in die Knie zu gehen droht. Die zuletzt schwachen Einkaufsmanagerindices und enttäuschendenZahlen zu Neuaufträgen zeichnen momentan ein graues Bild der Industrie.
Die Anleger reagierten prompt und schicken den DAX auf die Verliererstrasse. Nachdem am Vormittag noch Werte über 7.400 Punkten markiert wurden, ging es später aufgrund der angesprochenen Zahlen in Richtung von 7.230 Zähler.
Auch in den USA reagierten die Anleger verhalten. Der Dow Jones zeigte sich angeschlagen und markierte gestern den höchsten Tagesverlust in diesem Jahr.
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Die Einzelhandelsumsätze in der Eurozone bleiben schwach. Nach dem positiven Vormonat, in dem gestiegene Umsätze gemeldet wurden (+0,2%), konnte der positive Trend nicht fortgesetzt werden. Der Wert lag mit -0,2% im Rahmen der Analystenerwartungen. Die Eurokrise macht sich weiter stark in dieser Zahl deutlich. Spanien lieferte besonders schwache Zahlen, nachdem anfangs der Woche neue Rekordarbeitslosenzahlen veröffentlicht wurden.
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Leichten Auftrieb konnte dem Euro dann am späten Abend die Meldung aus Griechenland geben, die vermeldete, dass das Parlament ein neues Spar- und Reformpaket durchgewunken hat. Im Kern sind milliardenschwere Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen sowie Aufweichungen des Kündigungsschutzes vorgesehen. Dieses Paket in Höhe von 13,5 Mrd. EUR stellt eine Bedingung dafür dar, dass das neue Haushaltsgesetz am Wochenende verabschiedet werden kann und somit der Weg zur Zahlung der nächsten Hilfstranche über 31,5 Mrd. EUR geebnet wird.
Ohne diese Zahlung wäre das Land innerhalb kurzer Zeit zahlungsunfähig. Am Montag schon könnten die europäischen Finanzminister Griechenland Entgegenkommen signalisieren, wenn sie dem Land zwei Jahre mehr Zeit zur Erreichung seinerSparziele einräumen. Es würde ein wichtiges Zeichen an die Bürger des Landes sein, die vielfachsehr stark von den bisherigen Sparmaßnahmen getroffen wurden. Verschärfend hinzu kommt die problematische Konjunkturlage in dem Land, das sich seit Jahren in der Rezession befindet und sich auf Sicht nicht herauslösen wird.
Die Geldpolitik steht heute im Fokus der Märkte. Die EZB wird heute Mittag verkünden, ob sie weiter an der Zinsschraube dreht und noch mehr billiges Geld in den Markt gibt. Da die positiven Effekte einer solchen Operation aber zu diesem Zeitpunkt zweifelhaft sind, wird sich die EZB wahrscheinlich bedeckt halten und keine Maßnahmen in diese Richtung verkünden. Gestern wurden jedoch einige Punkte von Mario Draghi angesprochen, die aus deutscher Sicht besondere Beachtung verdienen.
Die EZB stellte fest, dass die Investoren nach Europa und Südeuropa zurückkehren. Wir haben diesen Umstand bereits erwähnt (gesunkene Target2-Salen der Bundesbank) und sehen dies als positiven Effekt aus den Reformen und gesunkenen Risikoaufschlägen auf die Anleihen der Peripherieländer. Der Weg in die richtige Richtung sei beschritten, aber noch ein langer Weg, so Draghi.
Problematisch in diesem Zusammenhang sind die Anzeichen, dass die Konjunktur in Deutschland anfängt zu schwächeln und sich auszubreiten droht.
Draghi verteidigte das Anleihekaufprogramm der EZB,in dem kurzlaufende Bonds der Reformländer gekauft werden können, sofern sich diebegünstigten Länder dem Sparprogramm des Rettungsschirms ESM unterwerfen.
Die Angst der Bundesbank besteht vor allem darin, dass die Grenzen zwischen Geld- und Fiskalpolitik verschwimmen und keine weiteren Reformen umgesetzt werden, wenn sich die Renditeniveaus in einem tragbaren Niveau einpendeln.
Die EZB verkündete, dass man kein spezielles Renditeniveau anstrebe, aber bereit ist gegebenenfalls Anleihen in unbegrenztem Umfang zu erwerben.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Idee der gemeinsamen Einlagensicherung, in der deutsche Sparer für ausländische Banken haften müssten. Draghi ließdurchblicken, dass er nicht um jeden Preis eine gemeinsame Einlagensicherung installieren möchte (Pooling von Einlagensicherungssystemen). Hier signalisiert er dem Bundesbankpräsidenten Weidmann ein Entgegenkommen, der dieses "Pooling" strikt ablehnt.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.2580 - 1.2900 eröffnet neue Opportunitäten.
Viel Erfolg!
© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank
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