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Der Kater nach der Wahlparty

08.11.2012  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Freude über den Wahlausgang in den USA folgte die schnelle Ernüchterung. Der Hoffnung auf eine Fortsetzung der ultra-lockeren Geld- und Fiskalpolitik sind Sorgen vor einem Scheitern der demnächst anstehenden Verhandlungen zum sog. fiscal cliff gewichen. Zudem gab es negative Konjunkturnachrichten aus der Eurozone. Der Brentölpreis geriet nach einem anfänglichen Anstieg auf 111,6 USD je Barrel massiv unter Druck und fiel unter 107 USD je Barrel. Der WTI-Preis markierte mit 84 USD je Barrel ein 4-Monatstief. Beide Ölpreise verzeichneten jeweils den größten prozentualen Tagesverlust in diesem Jahr, nachdem sie am Tag zuvor noch deutlich gestiegen waren.

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Für zusätzlichen Druck sorgte der Lagerbericht des US-Energieministeriums. Die US-Rohölbestände sind demnach in der vergangenen Woche um 1,8 Mio. Barrel gestiegen, was vor allem auf eine deutlich niedrigere Raffinerieauslastung zurückzuführen ist, da viele Raffinerien an der US-Ostküste wegen Hurrikan Sandy geschlossen waren. Trotz der geringeren Rohölverarbeitung der Raffinerien stiegen die US-Benzinvorräte überraschend um 2,9 Mio. Barrel, weil die Benzinnachfrage noch stärker fiel als das Benzinangebot, was die Benzin- und damit auch die Ölpreise belastete. Die Benzinvorräte befinden sich damit wieder auf einem zu dieser Jahreszeit üblichen Niveau.

Die US-Destillatebestände konnten erstmals seit acht Wochen wieder geringfügig steigen, liegen aber weiterhin 19% unter dem langjährigen Durchschnitt. Bemerkenswert war der erneute Rückgang der Rohölbestände in Cushing um 428 Tsd. Barrel auf den niedrigsten Stand seit April. Dies spielte gestern zwar keine Rolle, sollte den WTI-Preis aber unterschwellig unterstützen.


Edelmetalle

Gold kann sich den starken Verlusten der Energieträger entziehen und hält sich trotz eines festen US-Dollars bei rund 1.720 USD je Feinunze. In Euro gerechnet steigt das gelbe Edelmetall aufgrund der Aufwertung der US-Währung zwischenzeitlich auf ein 4-Wochenhoch von 1.355 EUR je Feinunze. Damit zeigt Gold relative Stärke und wird seinem Charakter als wertstabile Anlage sowie sicherer Hafen gerecht. Unterstützt wurde Gold gestern von robusten ETF-Zuflüssen. Die von Bloomberg erfassten Gold-ETFs verzeichneten einen Anstieg ihrer Goldbestände um mehr als 4 Tonnen auf ein neues Rekordhoch von 2.592 Tonnen. Das griechische Parlament hat letzte Nacht dem für weitere Finanzhilfen wichtigen Sparpaket wie erwartet zugestimmt - allerdings nur hauchdünn.

Damit hat Griechenland die Staatspleite zwar vorerst abgewendet, jedoch bröckelt zusehends die Regierungskoalition. Das dadurch weiter zunehmende politische Risiko dürfte die Nachfrage nach Gold hoch halten. Der Fokus der Marktteilnehmer dürfte sich heute auf die EZB-Sitzung richten. Unsere Volkswirte gehen davon aus, dass die Leitzinsen unverändert bleiben. Vielmehr dürfte das Anleihekaufprogramm OMT in den Mittelpunkt rücken. Viel Neues dürfte es in der Pressekonferenz letztendlich aber nicht geben. Die anderen Edelmetalle konnten sich trotz ihres industriellen Charakters ebenfalls relativ gut behaupten. Mit einem Minus von lediglich 1% war Palladium der größte Verlierer.


Industriemetalle

Heute beginnt in China der 18. Nationale Kongress der Kommunistischen Partei. Im Zuge dessen werden 7 der 9 Mitglieder des ständigen Ausschusses des Politbüros, dem höchsten Organ der Partei, ausgetauscht. Darunter befinden sich auch Staatspräsident Hu Jintao und Premierminister Wen Jiabao. Wir gehen davon aus, dass große Anstrengungen unternommen werden, damit der Start der neuen Regierung mit überzeugenden Konjunkturdaten einhergeht. Hierzu dürften wahrscheinlich weitere Infrastrukturprojekte angekündigt werden, welche über die schon bekannten hinausgehen. Dies sollte sich in einer robusten Nachfrage nach Metallen widerspiegeln.

Das staatliche chinesische Research-Institut Antaike schätzt, dass Chinas Bleimarkt im nächsten Jahr ein Angebotsdefizit aufweisen wird. Dieses soll aus einer stark steigenden Nachfrage um 8,9% auf 4,91 Mio. Tonnen resultieren.

Vor allem die Batterieproduktion, die für 80% der chinesischen Bleinachfrage steht und bis 2015 jährlich um durchschnittlich 15% auf 266 Mio. Kilovoltamperestunden steigen soll, trägt dazu bei. Das erwartete Angebotsdefizit könnte zu einem Abbau der Lagerbestände und höheren Importen führen, was den Bleipreis unterstützen sollte. Dieser ist bereits in den letzten beiden Wochen um knapp 10% auf fast 2.200 USD je Tonne gestiegen. Damit wies Blei zuletzt die beste Preisentwicklung von allen Metallen auf und hat zudem einen Großteil seiner vorangegangenen Verluste wieder wettgemacht.


Agrarrohstoffe

Indien könnte im laufenden Erntejahr mehr Zucker produzieren als erwartet. Laut einer Umfrage unter mehr als 800 Zuckerproduzenten, welche für gut 90% des Angebots stehen, dürften im zweitgrößten Produzentenland 25,5 Mio. Tonnen Zucker produziert werden. Die indische Regierung geht bislang von 23,5 Mio. Tonnen aus, der Verband der indischen Zuckermühlen von 24 Mio. Tonnen. Aufgrund der unterdurchschnittlichen Monsunsaison dürfte die Zuckerproduktion in Indien zwar noch immer etwas niedriger ausfallen als im Vorjahr. Dies wird allerdings nicht ausreichen, den dritten globalen Angebotsüberschuss in Folge zu verhindern.

Neue Prognosen veröffentlicht die Internationale Zuckerorganisation in der kommenden Woche. Heute Abend gibt die Zuckerindustrievereinigung UNICA des weltgrößten Zuckerproduzenten Brasilien Daten zur Zuckerrohrernte und Zuckerproduktion in der zweiten Oktoberhälfte bekannt. Bis Mitte Oktober betrug der Ernte- bzw. Produktionsrückstand in der wichtigsten Anbauregion Center-South noch 4% gegenüber dem Vorjahr. Sollte diese Lücke inzwischen geschlossen worden sein, könnten die Zuckerpreise weiter nachgeben. Aktuell notiert Zucker bei 19 US-Cents je Pfund und damit auf einem 2-Monatstief. Kurzfristig spricht wenig für eine Preiserholung. Mittel- bis langfristig rechnen wir aufgrund des Risikos von Ernteenttäuschungen mit einer Rückkehr über die Marke von 20 US-Cents je Pfund.




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