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EZB-Sitzung bleibt ohne Marktimpulse

09.11.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.37 Uhr) bei 1.2775, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2718 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.55 In der Folge notiert EUR-JPY bei 101.60, während EUR-CHF bei 1.2060 oszilliert.

Die EZB hat auf ihrer gestrigen Sitzung wie erwartet nicht an der Zinsschraube gedreht und den Leitzinssatz unverändert bei 0,75% belassen. Allerdings halten sich die Währungshüter weiter die Möglichkeit offen, die Zinsen bei einer ihrer nächsten Sitzungen noch weiter herunter zu setzen.

Die Wirkung weiterer Zinssenkungen sind höchst umstritten, da billiges Geld auch jetzt schon in großem Umfang verfügbar ist, aber nicht in erhofften Dimensionen in der Realwirtschaft ankommt. Zum Einen fehlen in den meisten EU-Ländern aufgrundder konjunkturellen Schwäche und Verunsicherung Investitionsanreize, zum Anderen sind die Banken aufgrund verschärfter Kapitalvorschriften restriktiver bei ihrer Kreditvergabe geworden.

Die EZB rechnet weiterhin mit einer schwachen Wirtschaftsentwicklung in Europa. Die letzten Zahlen zeigten, dass der bisher nicht betroffene Kern der Eurozone (Deutschland) ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Für das gesamte Jahr 2013 geht man von einer weiterhin schwachen Wirtschaft aus. Analysen zeigen, dass erst im Jahr 2014 mit einer deutlich verbesserten Situation gerechnet wird. Momentan laufen Investitionen in Südeuropa gerade wieder an (erkennbar an den Target2-Salden), insgesamt ist die Situation aber weiterhin verfahren. Die letzten Konjunkturindikatoren waren schwach (Ifo, Exporte, Einkaufsmanagerindices usw.). Europa bleibt in der momentanen Konstellation der belastende Risikofaktor für die Weltwirtschaft.

Daher freuen wir uns über die Daten aus China, wo die Industrieproduktion unerwartet wieder gestiegen ist (s.Rubrik letzte Nachrichen). Die Werkbank der Welt als wichtiger Handelspartner ist eng verbunden mit dem Wohl oder Weh der Eurozone.

Ein interessanter Punkt der Pressekonferenz war dieMeldung, dass die EZB sofort Anleihen von Krisenstaaten kaufen kann und bereit steht. Allerdings gilt als entscheidende Bedingung, dass die begünstigen unter den ESM schlüpfen müssen. In diesem Fall müssten die Länder sich dem harten Spardiktat unterwerfen. Dies fällt besonders dem heiß gehandelten Kandidaten Spanien schwer, da der Premier Rajoy bei seiner Wahl ein Versprechen in diese Richtung abgegeben hatte das Land nie unter einen Rettungsschrim zu schicken.

Griechenland dagegen kann auf keine weitere Hilfe der EZB bauen. Draghi sagte, die EZB "sei im Großen und Ganzen durch.“ Direkte Hilfen könnte dieEZB aufgrund ihrer Statuten, die direkte Staatsfinanzierung verbieten, nicht gewähren. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass gestern keine direkten Hinweise auf die weitere Geldpolitik gegeben wurden und die Verbalakrobatik nicht besonders viele neue Aspekte lieferte.

Die EZB hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten gehandelt. Die Politik ist jetzt gefordert. Anfang der nächsten Woche erwarten wir den Bericht der Troika zur Lage in Griechenland. Dort muss am kommenden Sonntag über den Sparhaushalt für 2013 abgestimmt werden. Es wird wahrscheinlich eine ähnlich enge Abstimmung werden wie bei der Abstimmung über das Sparpaket diese Woche (151 Stimmen benötigt, 153 erhalten). Die Situationin Griechenland bleibt weiterhin virulent.

Im Angesicht dieser wegweisenden Agenda hat sich der Euro/Dollar-Kurs seit der Obama-Wahl am Mittwoch kaum bewegt und pendelt um 1,2720-80. Der Dollar kann sich nicht entscheidend durchsetzen, weil dort die Angst vor dem Fiscal Cliff hervorsticht. Können sich Demokraten und Republikaner nicht einigen, treten zu Jahresbeginn automatische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Kraft. Dieses "Cliff“ würde dieUS-Wirtschaft an den Rand der Belastbarkeit bringen, sofern keine Einigung erzielt werden kann.

Wir erinnern uns an die Anhebung der Schuldengrenze Mitte 2011, wo die USA erst in allerletzter Sekunde ein Desaster abwenden konnten. Vorsorglich hat S&P bereits angekündigt, dass dieses Szenario kein größeres Risiko darstellt und eine Lösung sehr wahrscheinlich ist ... In der Eurozone wurden Staaten in deutlich komfortableren Situationen rigide herabgestuft und notieren heute knapp über Ramschniveau. Diese Ungleichbehandlung ist spektakulär und wird in unseren Medien totgeschwiegen.

Eine positive Nachricht zur Eurozone möchten wir nicht unerwähnt lassen. Spanien konnte gestern seine Kreditaufnahme für 2012 endgültig schließen. Das Land konnte knapp 5 Mrd. Euro über verschiedene Laufzeiten einsammeln. Die Nachfrage für eine 20-jährige Anleihe ist mit dem 2,1 fachen des Emissionsvolumen besonders positiv zu nennen, wobei der Zins mit 6,3% relativ hoch war. In den kürzeren Laufzeiten waren die Renditen rückläufig im Vergleich zur vorherigen Auktion.

Die US-Zahlen zum Arbeitsmarkt und zur Handelsbilanz lieferten gestern keine neuen Impulse: Die Arbeitslosen-Erstanträge in den USA stellten sich für die vergangene Woche auf 355.000. In der Woche zuvor lag die Zahl bei 363.000. Die Zahlen bleiben konstant über 350.000 ab der die Arbeitslosenquote sinken würde. Dank Omaba wissen wir ja, dass Amerika das Beste noch vor sich hat. Wir bleiben also zuversichtlich im Hinblick auf die Arbeitslosenzahlen der USA.

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Ferner wurden aus den USA die neuen Handelsbilanzzahlen veröffentlicht. Das Defizit war mit 41,5 Mrd. Dollar ein gutes Stück kleiner als mit 45,0 Mrd. Dollar von vielen Experten erwartet wurde, ist aber dennoch weit von einer ausgeglichenen Positionentfernt. Das Defizit ist damit auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2010. Es wurde dabei maßgeblich von steigenden Exporten (+3,1%) beeinflusst. Die Importe hielten mit +1,5% dabei nicht mit.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.2580 - 1.2900 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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