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Griechen liefern - Finanzminister reden - Jeder Tagzehrt an Lage der Reformländer

12.11.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (08.16 Uhr) bei 1.2712, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2690 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.43 In der Folge notiert EUR-JPY bei 100.95, während EUR-CHF bei 1.2060 oszilliert. Griechenland hat auf parlamentarischer Ebene alles geliefert, das vor der internationalen Gemeinschaft gefordert wurde.

Dennoch ist das Griechendrama nicht beendet. Der Bericht der Troika steht immer noch aus. Herr Weidmann, Präsident der Bundesbank, fordert eine sachliche und nicht politische Bewertung der Situation, ob Griechenland in der Lage sein wird, die angepeilten Zielzonen vertretbarer Staatsverschuldung zu erreichen.

Wir warnen davor, den Modellrechnungen der Wissenschaft zu sehr zu vertrauen, insbesondere wenn man langfristig nach vorne schaut. Der Trackrecord dieser Modelle sollte zur Vorsicht mahnen, ansonsten gäbe es jetzt ja kaum noch US-Staatsanleihen … Wichtiger ist es, den GMv (Gesunder Menschenverstand) zu nutzen.

Ergo lassen wir Fakten sprechen. In den letzten drei Jahren hat es Griechenland vermocht, die Neuverschuldung ausgehend von 15,4% des BIP per 2009 auf 6,8% des BIP per 2012 zu reduzieren. Eine solche Reduktion um 8,6% in drei Jahren ist noch keinem Land in der Geschichte der modernen Finanzmärkte gelungen. Das gilt um so mehr, als dass in diesem Zeitraum die Wirtschaftsleistung um circa 20% eingebrochen ist. Ohne Reformen wäre die Neuverschuldung wegen sinkender Steuereinnahmen und steigender Sozialausgaben explodiert.

Das Primärdefizit liegt per 2012 in Griechenland bei -1,0%, während das der USA bei -6,1% liegt. Das Problem Griechenlands ist heute primär konjunkturell und weniger strukturell geprägt. Diese Zusammenhänge werden nach meiner Auffassung zu wenig bei der Beurteilung der Lage Griechenlands berücksichtigt.

Bleiben wir bei den Fakten. Über die Reformländer hat sich durch die aggressive Spekulation "unserer Freunde" eine Lähmung der Investitionstätigkeit ergeben. Diese Lähmung führt dazu, dass die veränderten Lohnkosten und veränderten Strukturen nicht von den Märkten und den Teilnehmern der Realwirtschaft angemessen goutiert werden. Auchdas ist ein wesentlicher Hintergrund der prekären Arbeitsmarktsituationen in den Reformländern, allen voran Griechenland und Spanien. Jeder Tag, der verstreicht, ohne dass diese Zusammenhänge im erforderlichen Maß von der Politik verstanden und realisiert werden, wird ein Stück Kapitalstock der Eurozone vernichtet und Zukunftsfähigkeit billig geopfert.

Es ist am Ende des Tages auch ein Respektlosigkeit gegenüber den Menschen in den Reformländern, deren Opfer nicht anerkannt werden. Wir freuen uns sehr, dass der Chefvolkswirt der Allianz unsere positive Einstellung zu der Eurozone teilt. Wir verweisen auf den letzten Platow-Brief.

Aus China erreichen uns vermehrt positive Nachrichten bezüglich der zu erwartenden Konjunkturentwicklung. Die Finanzlage der Banken inChina hat sich nach offiziellen Angaben wieder gebessert. Das könnte ein weiteres Signal dafür sein, dass die Geldhäuser wieder mehr Kredite an Unternehmen ausgeben können und das Wirtschaftswachstum im Land erstmals nach sieben Quartalen nicht mehr rückläufig ist.

Wir sind erfreut, denn China ist eine der Schlüsselökonomien der Weltwirtschaft.

Japan ist es definitiv nicht mehr. Dennoch betrübt uns die Entwicklung des BIP. Das BIP ist per 3. Quartal im Quartalsvergleich den Erwartungen entsprechend um -0,9% gesunken. Das Vorquartal wurde von +0,2% auf +0,1% revidiert. So etwas passiert, wenn man reformresistent ist.

Aus den USA erreichen uns positive Konjunkturdaten.Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan legte per November (vorläufiger Wert) von zuvor 82,6 auf 84,9 Punkte zu. Analysten hatten eine Zunahme auf 83,0 Punkte erwartet. Damitwurde der höchste Wert seit Mitte 2007 markiert.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.2580 - 1.2900 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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