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Deutschland und Frankreich reichen sich die Politikerhand

16.11.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.53 Uhr) bei 1.2760, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2733 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 81.00. In der Folge notiert EUR-JPY bei103.35, während EUR-CHF bei 1.2042 oszilliert.

Die Eurokrise bleibt weiter virulent. Wir haben dieBilder aus Madrid und Lissabon vor Augen wo tausende Bürger gegen die Sparpolitik ihrer Regierungen protestierten und es vereinzelt wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Die Eurorettung kann trotz aller geld- und fiskalpolitischen Anstrengungen nur erfolgreich verlaufen, wenn die Bevölkerungen der betroffenen Ländern die angestrebten Reformen auf sich nehmen und weiter bereit bleiben Opfer zu bringen. Aufgrund der ökonomischen Relevanz, die Aussagen von Politikern in dieser brisanten Zeit haben freuen wir uns über die letzten Nachrichten, die uns zum Thema Europa erreicht haben.

Finanzminister Schäuble äußerte sich beim Führungstreffen Wirtschaft der "Süddeutschen Zeitung“ zur Eurokrise. Dabei traf er mit seinen Äußerungen die wesentlichen Punkte unserer Meinung nach sehr genau.

"Wir müssen neue Formen der Regelsetzung in der globalisierten Welt setzen". Wie wir vor einiger Zeit in unserem Report schon beschrieben hatten, sehen wir in der bestehenden Regelsetzung ein nicht mehr zeitgemäßes Korsett fürein integriertes Europa und schon gar nicht für den globalen Wettbewerb in dem Europa in Wettbewerb zu den anderen großen Wirtschaftsräumen steht.

Gerade auch die fehlende Flexibilität bei den Instrumenten zur Bekämpfung der Krise erweist sich immer wieder als große Bremse.

Das bisherige Vorgehen der Politik bezeichnete Schäuble als "Durchwursteln“. Genau hier liegt ein Kernproblem der Eurokrise. Die Strukturreformen kosten Zeit, Geld und Konjunktur. Nur durch sie ist es aber möglich Schritt für Schritt flankiert durch umsichtige EZB-Politik die Schuldenprobleme dauerhaft in den Griff zu bekommen.

Durch unrealistische Erwartungshaltungen gegenüber den Reformländern baute sich in den vergangenen Monaten im Vorfeld häufig eine Erwartungsblase auf, die dann in Enttäuschungen und Vertrauensverlust in die Eurozone umschlug. Unddas, obwohl nachweislich historisch einmalige Reformerfolge in Europa umgesetzt werden konnten.

Durch dieses „Durchwursteln“ wurde jegliche Investitionstätigkeit in den Reformländern abgewürgt was in der Folge dramatische Konjunktureinbrüche nach sich zog.

Immer neue Sparrunden wurden verabschiedet ohne dass die Wettbewerbskraft ausreichend gestärkt wurde. Auch niedrigste Zinsen reizten die Investoren nicht in Länder zu investieren, deren Zugehörigkeit zum Euro in Frage stand. Banken zeigen sich durch zunehmende Kapitalregeln risikoavers und scheuen Kreditvergaben. Nur die flexibel agierende EZB mit ihrer Ankündigung zur Not unbegrenzt Staatsanleihen zu erwerben konnte die Situation entspannen.

Gerade Griechenland wurde in den vergangenen Monaten alle paar Wochen wie die berühmte Sau durch die Presse getrieben. Zuletzt war die Schuldenqoute des Landes im Jahr 2020 der Zankapfel zwischen Eurogruppe und IWF. Die Sinnhaftigkeit solcher Acht-Jahres-Prognosen ist nicht nur mehr als zweifelhaft sondern ökonomisch schlicht unsinnig, wie uns die Vergangenheit gelehrt hat. Lernkurven dagegen gibt es auf deutscher Seite. Nachdem die deutsche Regierung im Ausland nicht selten zum Hassobjekt stilisiert wurde, lehntSchäuble die Oberlehrerrolle Deutschlands ab. Man gebe einander nicht Zensuren, sondern arbeitet daran, zusammen als Motor Europa mit den Partnern voranzukommen.

Genau diese Thematik behandeln wir regelmäßig und werden nicht müde auf die Zusammenhänge hinzuweisen. Deutschlands Exporte gehen mehrheitlich nach Europa bzw. die Eurozone. Die Mehrheit der deutschen Arbeitsplätze ist mit dem Export verbunden. Ohne ein starkes Europa geht es Deutschland schon bald nicht mehr so gut wie jetzt. Deutschland hat in der Vergangenheit überproportional von den Konjunkturprogrammen in den anderen Ländern profitiert. Es muss daher unser oberstes Ziel sein die Eurokrise beizulegen und die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Hierzu kann Frankreich ebenfalls seinen Teil beitragen. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone hat wirtschaftliche Probleme und dringenden Reformbedarf wenn es seine ambitionierten Ziele bei Neu- und Gesamtverschuldung erreichen möchte.

Der Ministerpräsident Ayrault bemüht sich für die Reformwillen des Landes zu werben. "Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, damit wir das Ziel erreichen, Wachstum zu bekommen"

Frankreich möchte aus der Krise herauswachsen. Wir sind skeptisch, ob der französische Weg in dieser Form geeignet ist die Strukturprobleme zu lösen. Positiv bewerten wir, dass das Land sich bewegt ohne direkt am Pranger zu stehen. Andere Länder brauchten in der Vergangenheit den ultimativen Druck, bevor man überhaupt bereit war über schmerzhafte Reformen zu sprechen.

"Niemand kann sich abkoppeln." Die Eurozone ist eine Schicksalsgemeinschaft, die es verdient gegen aggressive Spekulation und unfundierte Gerüchte mit allen Mitteln verteidigt zu werden. Der Fokus in der nächsten Woche liegt auf dem Finanzministertreffen Dienstag, auf dem Lösungen gebraucht werden, die Griechenland ein Stück weit helfen.

Die Konjunkturzahlen gestern waren pro Euro geprägt. Die Zahlen aus den USA wurden durch höhere Gewalt "verhagelt“ …

Die Schätzung des BIP im 3 Quartal für die Eurozonewurde mit -0,1% etwas besser als erwartet veröffentlicht. Experten gingen im Vorfeld von -0,2% aus. Damit wäre die Eurozone technisch in der Rezession angekommen, da das BIP im zweiten Quartalmit -0,2% ebenfalls rückläufig war. Am Vormittag wurden bereits positive BIP-Daten aus Frankreich, Italien und Deutschland veröffentlicht, die allesamt die Erwartungen toppen konnten und somit das aggregierte BIP leicht positiv beeinflussen konnten.

Für Deutschland und Frankreich wurden jeweils +0,2% vermeldet. Noch vor Kurzem wurde mit rückläufigen Zahlen gerechnet. Italien lag mit -0,2/-2,4% ebenfalls oberhalb der Erwartungen -0,5/-2,9% dennoch hinterließ die Eurokrise hier eine tiefe Konjunkturdelle in den zurückliegenden Monaten.

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Trotz der Rezession in der Eurozone liegt die Inflation weiterhin über dem Zielwert der EZB. Der Wert fiel per Berichtsmonat Oktober auf 2,5% nach 2,6% im September.

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Wenig Überraschendes ergab sich bei den US-Verbraucherpreisen für den Oktober. Der Preisanstieg zum Vormonat lag bei +0,1%, auf Jahresbasis stieg der Wert von 2,0% auf 2,2%.

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Die Arbeitslosen- Erstanträge für die vergangene Woche schnellten von 355.000 auf 439.000 hoch. Dies stellt den größten Anstieg an Erstanträgen seit dem großen Hurrikan Katrina 2005 dar. Der Wert ist allerdings stark durch den Hurrikan Sandy beeinflusst und daher nicht extrapolierbar.

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Der NY Fed manufacturing Index bleibt in der Negativzone. Der Novemberwert mit -5,2 ist nunmehr der vierte Monat in Folge wo der Wert unterhalb derNullschwelle fixiert wurde die die Grenze zu Wirtschaftsaufschwung darstellt.

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Der Hurrikan hinterließ auch Spuren beim Phily Fed Index. Der Wert wurde im positiven Bereich erwartet, kam aber mit -10,7. Besonders wenig war die wirtschaftliche Aktivität ausgeprägt, was nicht verwundert, da viele Orte für einige Tage ohne Strom auskommen mussten. Der Markt regierte auf diese Zahl und brachte die 1,2800 EUR/USD-Schwelle für einen kurzen Augenblick in Sichtweite, konnte diese Hürde aber nicht erklimmen.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.2580 - 1.2900 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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