Die wahre Lehre vom Geld: Vor 100 Jahren erschien Ludwig von Mises' "Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel"
27.11.2012 | Presse
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Optimale Geldmenge Wenn Geld nur eine Funktion hat, und zwar die Tauschmittelfunktion, so folgt daraus, dass eine Vermehrung der Geldmenge keinen volkswirtschaftlichen Nutzen stiftet.
Ein Ausweiten der Geldmenge vermindert nur die Kaufkraft des Geldes (im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge unverändert geblieben wäre) und verschlechtert so die Tauschmittelfunktion des Geldes.
Die volkswirtschaftliche Geldmenge muss also gar nicht wachsen, wie das heute von der Mainstream-Volkswirtschaftslehre gefordert wird. Vielmehr ist jede gerade in der Volkswirtschaft verfügbare Geldmenge gewissermaßen "ausreichend" oder "angemessen".
Inflation
In "Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel" hatte Mises die Wertbestimmung des Geldes, seine Kaufkraft, in die Grenznutzentheorie integriert. Dadurch konnte er zeigen, dass eine Ausweitung der Geldmenge das bewirkt, was heutzutage als inflationär bezeichnet wird: Geldwertschwund.
Steigt die Geldmenge in den Händen der Wirtschaftsakteure, so sinkt, und zwar notwendigerweise, der Grenznutzen der zusätzlich verfügbaren Geldeinheit. Warum? Mit der zusätzlich erhaltenen Geldeinheit kann nur ein Bedürfnis gestillt werden, das weniger dringlich ist, als die Bedürfnisse, die mit dem bisher kleineren Geldvorrat erfüllt werden konnten.
Steigt die verfügbare Geldmenge, so muss das das Verhalten der Menschen beeinflussen; der Grenznutzen des Geldes nimmt ab. Weil sie nunmehr "kaufkräftiger" sind als vorher, werden sie verstärkt Güter nachfragen gegen Hingabe von Geld.
Die selbstverständliche Folge ist, dass die Preise der Güter entweder steigen – das ist der "sichtbare Effekt" der Geldmengenausweitung. Oder aber, die Preise der Güter sinken weniger stark als sie sinken würden, wenn die Geldmenge nicht ausgeweitet worden wäre; oder die Geldmengenerhöhung hält die Preise unverändert (obwohl sie andernfalls gefallen wären), das wäre dann der "nicht-sichtbare Effekt" der Geldmengenausweitung.
Und noch etwas zeigte Mises: Nämlich dass es so etwas wie stabiles Geld nicht gibt, nicht geben kann, und dass die Begriffe Inflation und auch Deflation wissenschaftstheoretisch problematisch sind.
Geld unterliegt, wie jedes andere Gut auch, der subjektiven Wertschätzung der Marktakteure. Weil Menschen fortlaufend ihre Werteskala verändern – weil neue Produkte auf dem Markt erscheinen, oder aber weil sich ihre Präferenzen ändern –, bleibt auch die Wertschätzung des Geldes nicht unberührt.
Stabiles Geld im Sinne einer im Zeitablauf unveränderlichen Kaufkraft ist denkunmöglich. Das ist eine überaus wichtige Erkenntnis. Das "Ideal des stabilen Geldes" ist ja ein Hauptargument zur Legitimierung von Staatseingriffen in das Geldwesen – doch die "Stabilisierungspolitiken" der Zentralbanken zielen auf etwas ab, was gänzlich unmöglich ist.
Eine Ausweitung der Geldmenge ist niemals neutral!
Ein Ausweiten der Geldmenge führt, und auch das stellte Mises in "Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel" heraus, notwendigerweise zu Umverteilungswirkungen; sie ist niemals "neutral".
Diejenigen, die die neu geschaffene Geldmenge als erste erhalten, sind die Begünstigen. Sie können nämlich noch zu unveränderten Preisen kaufen.
Wenn die neue Geldmenge nach und nach von Hand zu Hand gereicht wird, steigen auch die Preise, so dass die Letzten, die die neue Geldmenge erhalten, die Geprellten sind.
Sie können nur noch zu erhöhten Preisen kaufen. Diejenigen, die gar nichts von der neuen Geldmenge erhalten, sind die großen Verlierer.
Kritik an der Quantitätstheorie
Mises übte auch Kritik an der herrschenden Interpretation der Quantitätstheorie. Sie besagt, vereinfachend gesprochen, dass eine Erhöhung der Geldmenge früher oder später zu einem gleich hohen Anstieg der Preise führt.
Mises hingegen zeigte, dass die Beziehung von Geldmengen- und Preisanstieg keineswegs proportional sein muss. Vielmehr können die Preise auch stärker oder aber auch weniger stark ansteigen als Reaktion auf eine Geldmengenerhöhung.
Mises betonte, dass ein Ausweiten der Geldmengen unterschiedliche Akteure zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlichem Ausmaß betrifft. Eine Ausweitung der Geldmenge führt also nicht nur zu einer Erhöhung der Preise, sondern zu einer interpersonellen Umverteilung – die bei der einfachen Interpretation der Quantitätstheorie außen vor bleibt.