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Erdbeben in Japan als weiterer Unsicherheitsfaktor

11.03.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Ein starkes Erdbeben hat Teile Japans erschüttert und zu Flutwellen geführt. Diese Naturkatastrophe könnte einen weiteren Anstieg der Risikoaversion an den Märkten und eine Fortsetzung der gestern eingeleiteten Korrektur an den Rohstoffmärkten zur Folge haben. Doch nicht nur über diesen psychologischen Effekt könnten die Rohstoffpreise belastet werden. Japan ist nach China und den USA das weltweit drittgrößte Rohstoffverbrauchsland und bei nahezu allen Rohstoffen auf Importe angewiesen. Japan hatte laut der US-Energiebehörde EIA im Jahr 2009 einen täglichen Ölverbrauch von 4,4 Mio. Barrel, welcher nahezu vollständig durch Importe gedeckt werden muss.

Der Ölbedarf dürfte durch das Erdbeben zumindest vorübergehend niedriger ausfallen. Entsprechend ist der Ölpreis am Morgen unter dem Eindruck der Bilder aus Japan weiter unter Druck geraten und innerhalb weniger Minuten um zwei US-Dollar gefallen. Einem weiteren Preisrückgang stehen die anhaltenden Unruhen in Nordafrika und im Nahen Osten entgegen. Die anhaltenden Kämpfe in Libyen und Berichte über Beschädigungen an der libyschen Ölinfrastruktur sollten einer baldigen Rückkehr zur normalen Produktionsmenge entgegenstehen. Diese beläuft sich derzeit auf weniger als ein Drittel der normalen Produktion.

Die Produktionsausfälle in Libyen von gut einer Mio. Barrel täglich werden derzeit durch Saudi-Arabien ausgeglichen. Dort sind für heute ebenfalls Proteste angekündigt, was zusätzlich für Nervosität an den Märkten sorgen könnte. Saudi-Arabien ist das einzige Land, welches über hinreichend freie Kapazitäten verfügt, um auf Angebotsausfälle reagieren zu können. Die implizite Ölnachfrage Chinas ist Reuters zufolge im Februar um 10,3% gegenüber dem Vorjahr auf 9,54 Mio. Barrel pro Tag gestiegen. Das ist der zweithöchste Monatswert aller Zeiten.


Edelmetalle

Der Goldpreis fiel gestern zwischenzeitlich auf ein 10-Tagestief von 1.404 USD je Feinunze, obwohl das aktuelle Marktumfeld eher preisstützend wirken sollte. So flammt beispielsweise die Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern wieder auf und die Lage in Nordafrika und der arabischen Welt bleibt weiter äußerst angespannt. Für heute ist in Saudi-Arabien ein "Tag des Zorns" ausgerufen. Auch die zuletzt wieder stark gestiegene Risikoaversion der Marktteilnehmer spricht eigentlich eher für einen steigenden Goldpreis. Dass dieser davon bislang nicht profitieren kann, dürfte zum einen am festeren US-Dollar liegen.

Zum anderen könnten spekulative Finanzinvestoren Gewinne mitgenommen haben, nachdem der Goldpreis Anfang der Woche ein Allzeithoch markiert hatte. Heute findet ein außerordentliches Treffen der EU statt, wo schwerpunktmäßig die Lage in Libyen diskutiert werden soll. Am Montag und Dienstag folgt schließlich das Treffen der Finanz- und Wirtschaftsminister der Eurozone, das in erster Linie der Vorbereitung des EU-Gipfels Ende des Monats dient. Dabei dürften wieder die Unstimmigkeiten innerhalb der Eurozone über die Schuldenkrise und den Rettungsschirm zum Vorschein kommen. Sollten keine Fortschritte erzielt werden, könnte sich dies positiv auf den Goldpreis auswirken.


Industriemetalle

Positive Konjunkturdaten aus China gaben den Metallpreisen heute Morgen zunächst Unterstützung, so dass diese einen Teil ihrer Verluste der Vortage wieder wettmachen konnten. Insbesondere die Industrieproduktion und die Investitionen in Sachanlagen fielen im Februar deutlich besser aus als erwartet. Allerdings blieb die Inflation mit 4,9% auf dem hohen Niveau des Vormonats. Auch wenn die Daten eine andauernde restriktive Geldpolitik notwendig machen, dürfte eine Zinserhöhung in China nicht unmittelbar bevorstehen. Sollten die Maßnahmen dennoch verschärft werden, könnte sich dies auf die Rohstoffnachfrage auswirken und die Preise unter Druck bringen. Das schwere Erdbeben in Japan führt bereits schon jetzt wieder zu fallenden Preisen.

Das US-amerikanische Unternehmen Molycorp, einer der größten Produzenten von Seltenen Erden, hat darauf hingewiesen, dass China ab 2015 Netto-Importeur dieser Metalle werden könnte. China ist bislang mit einem Produktionsanteil von 97% quasi der Alleinversorger der Welt. Das Unternehmen nennt das Nachfragewachstum im Reich der Mitte und die Konsolidierung der dortigen Minenindustrie als Gründe und beruft sich dabei auf Aussagen hochrangiger chinesischer Politiker. Das Angebot wird zusätzlich dadurch eingeschränkt, dass Länder wie z.B. China, Japan und Südkorea Reserven an Seltenen Erden aufbauen. Die Preise für Seltene Erden dürften daher weiter steigen.


Agrarrohstoffe

Die Preise für Weizen und Mais gerieten nach der überraschenden Aufwärtsrevision der weltweiten Lagerbestände durch das US-Landwirtschaftsministerium unter Druck. Die weltweiten Weizenvorräte sollen Ende des laufenden Erntejahres laut USDA bei 182 Mio. Tonnen liegen. Das sind vier Mio. Tonnen mehr als bislang erwartet. Die Aufwärtsrevision erklärt sich je zur Hälfte mit einem höheren Angebot und einer niedrigeren Nachfrage. So wurden die Ernteprognosen in Australien und Argentinien leicht nach oben revidiert, während der Verbrauch vor allem in Russland niedriger ausfallen soll als bislang erwartet.

Die Weizenlagerbestände im weltgrößten Exportland USA wurden aufgrund niedrigerer Exporte ebenfalls leicht nach oben revidiert. Offensichtlich hinterlassen die hohen Preise Spuren bei der Nachfrage. Somit stellt sich die Angebotslage bei Weizen weniger angespannt dar als bislang vermutet. Dies bestätigt uns in der Ansicht, dass das Aufwärtspotenzial bei Weizen weitgehend ausgereizt ist. Bei Mais wurde die Schätzung für die globalen Lagerbestände zum Ende des laufenden Erntejahres geringfügig auf 123 Mio. Tonnen nach oben revidiert. Der Markt war aber auf eine nochmalige Abwärtskorrektur eingestellt. Erstmals seit zehn Monaten kam es zu keiner weiteren Abwärtsrevision der US-Lagerschätzung. Diese liegt mit 17 Mio. Tonnen weiterhin auf einem 15-Jahrestief. Wir erachten daher die Preisreaktion bei Mais als überzogen.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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