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Moody’s entzieht ESM und EFSF das Spitzenrating - Eurozone muss eigene Wege gehen!

03.12.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.55Uhr) bei 1.3025, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2969 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 82.30. In der Folge notiert EUR-JPY bei 107.20, während EUR-CHF bei 1.2060 oszilliert.

(Reuters) Die Ratingagentur Moody's hat den Euro-Rettungsschirmen ESM und EFSF die Bestnote entzogen. Die Bonitätswächter stuften sie am späten Freitagabend um eine Note auf Aa1 von Aaa herab. Grund für die Senkung des Ratings sei die jüngste Herabstufung von Frankreich.

Wir sind nach wie vor sehr erstaunt, dass Moody’s als auch die anderen Agenturen die durch die Reformen veränderten Potentialwachstumsraten der europäischen Länder nicht angemessen berücksichtigt. Mehr noch sind die Neuverschuldungsraten der Reformländer belastet durch die kontraktive Wirkung der Reformen auf das aktuelle Wachstum. Dennoch sind die Neuverschuldungsraten und Primärhaushalte in den europäischen Reformländern als auch der Eurozone deutlich besser als die von Herabstufungen ausgenommenen USA, UK und Japan. Ob die Nichtbeachtung dieser Fakten Ausdruck von Sachlichkeit und Fairness ist, sei dahin gestellt.

Der Ausblick blieb negativ, womit eine weitere Herabstufung droht. Gerade bei dem Ausblick gilt es die positiven Folgen der Reformen zu berücksichtigen. Wir werden dezidiert verfolgen, ob bei Reformen in den USA dieser Maßstab identisch an die USA angelegt wird!

Der Chef der beiden Rettungsschirme ESM und EFSF, Klaus Regling, nannte die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Herr Regling hat unsere volle Unterstützung.

Moody's trage dem außergewöhnlichen festen institutionellen Rahmen, der politischen Rückendeckung sowie der Kapitalstruktur nicht ausreichend Rechnung. Das kommt in der Tat erschwerend hinzu.

Wir freuen uns über die Einlassungen von Herrn Noyer, da diese Äußerungen in die sachlich angemessene Richtung weisen.

Wir müssen uns von der Determinationsachse NY/London emanzipieren, die maßgeblich für die Verwerfungen an den Finanzmärkten in den letzten 22 Jahren verantwortlich zeichnet. Das gilt für viele Themen, beispielsweise Bilanzierungsstandards, Finanzmonopoly (Entstehung der Bankenaristokratie) oder auch Revirement der Deregulierung. Das von Herrn Noyer angesprochene Thema ist von wesentlicher Bedeutung.

(Reuters) - London sollte nach Ansicht von EZB-Ratsmitglied Christian Noyer nicht länger der Finanzplatz für den Euro sein. Es gebe keine logischen Gründe, dass sich das Finanzzentrum der Euro-Zone im nicht Euro-Land Großbritannien befinde, sagte der französische Notenbank-Chef im Gespräch mit der "Financial Times". Der größte Teil der Euro-Geschäfte sollte innerhalb der Eurozone abgewickelt werden. Dies hänge mit den Möglichkeiten der Zentralbank zusammen, Liquidität zur Verfügung zu stellen und die Aufsicht seiner eigenen Währung zu gewährleisten.

Exakt, die Eurozone muss ihre eigenen Wege gehen. Es macht keinen Sinn, den Finanzplatz London durch Funktionen des Euros zu alimentieren und subventionieren, während wesentliche Protagonisten dieses Finanzplatzes den Untergang der Eurozone herbeireden, herbeimanipulieren (u.a. Gerüchte 1. August 2011) und herbeispekulieren wollen und die britische Regierung den politischen Integrationsprozess latent stört.

Wir freuen uns auch, dass Deutschland bereits in diesem Jahr voraussichtlich mit einem ausgeglichenem Haushalt reüssieren kann. In seiner aktualisierten Mittelfristprojektion gehe das Finanzministerium davon aus, dass Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen zusammengenommen 2012 ohne Defizit blieben, bestätigte eine Sprecherin am Sonntag in Berlin einen Bericht des "Spiegel". Per 2013 und 2014 stehen Überschüsse auf der Agenda. Das gilt natürlich nur, sofern sich „unsere Freunde“ in London und New York nicht ultimativ durchsetzen.

Das globale Konjunkturbild hellt sich seit Ankündigung des Staatsanleihekaufprogramms der EZB sukzessive auf, die eine Ausweitung der Spekulation auf den Zerfall der Eurozone stoppte.

Damit bestätigt sich unsere These, dass die konjunkturellen Dynamikverluste in der Weltwirtschaft nicht Ausdruck von Sättigungseffekten in der Zyklik waren, sondern Folgen des aus der Defizitkrise der Eurozone resultierenden politischen Risikos.

Chinas Industrie ist einer Umfrage zufolge im November erstmals seit 13 Monaten wieder gewachsen. Laut endgültigen Daten der Großbank HSBC kletterte der Einkaufsmanagerindex für November auf 50,5 Punkte von 49,5 Punkten im Oktober. Damit bestätigten sich die Ende November veröffentlichten vorläufigen Daten. Es ist das erste Mal seit Oktober 2010, dass der Wert von 50 Zählern ab dem Wachstum signalisiert wird, überschritten wurde. Was für China gilt, gilt für die Weltwirtschaft.

Wenden wir uns den am Freitag veröffentlichten Wirtschaftsdaten zu:

Die Verbraucherpreise der Eurozone verzeichneten per November laut erster Schätzung einen Anstieg um 2,2% (Prognose 2,4%) nach zuvor 2,5%. Wir freuen uns über den Rückgang, wir sind jedoch bezüglich unserer Konjunkturerwartung nicht bereit, daraus einen Trend zu definieren.

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Die Arbeitslosenrate der Eurozone legte von 11,6% auf 11,7% per Oktober zu und markierte damit einen neuen historischen Höchstwert. Der Arbeitsmarkt ist spätzyklisch. Die Chance auf eine konjunkturelle Verstetigung der Reformländer nimmt zu. Traktion am Arbeitsmarkt liegt noch in weiterer Ferne.

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Die persönlichen Einkommen waren per Berichtsmonat Oktober im Monatsvergleich unverändert. Die Prognose lag bei +0,2% nach zuvor +0,4%. Der private Konsum sank unerwartet um -0,3% nach zuvor +0,4%.

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Der Einkaufsmanagerindex aus Chicago legte per November von zuvor 49,9 auf 50,4 Punkte zu. Die Prognose lag bei 50,5 Zählern.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2820 – 50 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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