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Stimmung trübt sich ein, Gewinnmitnahmen belasten

15.03.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise geben weiter nach. Brentöl handelte zwischenzeitlich bei 111 USD je Barrel und damit auf einem 2½-Wochentief. WTI wird weiterhin unter der Marke von 100 USD je Barrel gehandelt. Noch immer stehen die Ölmärkte unter dem Eindruck der Meldungen aus Japan. Diese haben an den Märkten zu einem deutlichen Anstieg der Risikoaversion geführt. Spekulative Finanzanleger dürften vor diesem Hintergrund Longpositionen auflösen.

Die spekulativen Netto-Long-Positionen hatten vor der Naturkatastrophe ein Rekordniveau erreicht, so dass Korrekturpotenzial bestand. Die Auswirkungen der Naturkatastrophe auf den physischen Ölmarkt sind dagegen nicht eindeutig. Durch das Erdbeben und den Tsunami sind zwar einige Raffinerien zerstört worden. Entsprechend niedriger ist derzeit die Rohölverarbeitung. Dem steht allerdings ein höherer Bedarf an Diesel zur Stromerzeugung gegenüber, nachdem zahlreiche Atomkraftwerke abgeschaltet werden mussten. Es ist daher davon auszugehen, dass der Ölbedarf Japans eher zu- als abnehmen wird.

Ebenso uneindeutig sind die Meldungen aus Nordafrika und dem Nahen Osten. Mittlerweile soll die libysche Armee die wichtigen Ölhäfen Ras Lanuf und Brega von den Rebellen zurückerobert haben. Die staatliche Ölfirma NOC hat die Arbeiter bereits dazu aufgerufen, auf die Ölfelder zurückzukehren. Dass sich die Öllieferungen Libyens damit normalisieren, scheint angesichts der Zerstörungen an der Infrastruktur ausgeschlossen. Neue Unsicherheit bringt dagegen der Einmarsch saudi-arabischer Truppen in den Nachbarstaat Bahrain, um auf Bitte der dortigen Regierung die Proteste niederschlagen zu helfen. Der Unruheherd Nordafrika und Naher Osten bleibt somit ein unterstützender Faktor für den Ölpreis.


Edelmetalle

Trotz der wachsenden Gefahr einer atomaren Katastrophe in Japan und eines kurzzeitig deutlich schwächeren US-Dollars fällt der Goldpreis. Dieser gibt heute Morgen unerklärlicherweise zwischenzeitlich um 1% auf 1.408 USD je Feinunze nach. Auch in Euro gerechnet sinkt der Goldpreis auf ein 10-Tagestief von 1.012 EUR je Feinunze. Zuflüsse in Gold-ETFs, die den Preis unterstützen könnten, sind aktuell nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, berichtete gestern den zweiten Tag in Folge über Abflüsse von knapp 2 Tonnen. Möglicherweise lassen sich einige Anleger derzeit Gold physisch ausliefern.

Das gestrige Treffen der Finanzminister der Euroraum-Länder brachte erneut die Unstimmigkeiten der Teilnehmer ans Tageslicht. So gelang es nicht, sich darauf zu verständigen, wie die weiteren Mittel für den EU-Rettungsschirm (EFSF) bereitgestellt werden sollen. Für den 21. März wurde daher ein weiteres Treffen anberaumt, da die Regierungschefs auf dem drei Tage später stattfindenden EU-Gipfel eine überzeugende und umfassende Lösung der Schuldenkrise vorlegen wollen. Die Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed dürfte die Märkte heute kaum beeinflussen, zumal eine Fortsetzung des Anleihekaufprogrammes außer Frage steht.


Industriemetalle

Die Stimmung an den Rohstoffmärkten wird heute Morgen von der deutlich gestiegenen Risikoaversion der Marktteilnehmer gedrückt, die sich in schwachen asiatischen Aktienmärkten widerspiegelt. Insbesondere der japanische Aktienmarkt ist regelrecht eingebrochen, nachdem die Gefahr einer radioaktiven Katastrophe wächst. Allerdings ist von einer Panik an den Rohstoffmärkten noch nichts zu spüren. Die Metallpreise geben im Schnitt um 1% nach. Gestern noch fokussierten sich die Marktteilnehmer auf die langfristigen "positiven" Folgen der Katastrophe, die einen deutlich steigenden Bedarf an Metallen und Stahl zum Wiederaufbau des Landes nach sich ziehen dürfte. Darüber hinaus wurden in Japan Stahlfabriken und andere metallproduzierende Anlagen wie z.B. Zinkschmelzereien vorübergehend geschlossen, so dass das lokale Angebot begrenzt ist. Allerdings dürfte aufgrund von Produktionsunterbrechungen bspw. im Automobilsektor kurzfristig auch die Nachfrage stark negativ betroffen sein.

An der Börse Shanghai (SHFE) wird seit heute der Handel mit Blei-Futures simuliert. Dies ist als Vorbereitung zur Einführung des Handels mit Blei an der SHFE zu sehen. Blei wird nach Aluminium, Kupfer und Zink das vierte Metall sein, das an der SHFE in Zukunft gehandelt werden kann. Dies erhöht die Wettbewerbsfähigkeit des Börsenplatzes Shanghai und ist ein logischer Schritt, da China weltweit sowohl der größte Produzent als auch der größte Konsument von Blei ist.


Agrarrohstoffe

In den letzten Tagen ist der Baumwollpreis wieder unter die Marke von 2 USD je Pfund gefallen. Neben der allgemein negativen Stimmung an den Märkten drücken auch positive Angebotsaussichten bei gleichzeitig belastenden Nachrichten von der Nachfrageseite auf die Preise. Der größte indische Baumwollexporteur - das Land insgesamt ist zweitgrößter Lieferant auf dem Weltmarkt - rechnet mit der zweiten Rekordernte in Folge, nachdem die hohen Preise zu einer erhöhten Neuanpflanzung führen sollten.

Auch die Baumwollvereinigung Indiens rechnet für 2011/12 mit einem Plus bei der Anbaufläche von 15-20%. Gleichzeitig sind die chinesischen Importe an Baumwolle angesichts der rekordhohen Preise im Februar gegenüber dem Vormonat um 53% eingebrochen und lagen damit um 17% unter dem Vorjahreswert. Im Januar allerdings hatte sie um 31% über dem Vorjahreswert gelegen. Nach Schätzung des International Cotton Advisory Committee soll in der ab August startenden Saison 2011/12 die weltweite Produktion an Baumwolle von 24,9 Mio. Tonnen in der laufenden Saison um 11% auf den Rekordwert von 27,6 Mio. Tonnen steigen. Die weltweite Anbaufläche soll auf den höchsten Stand in 17 Jahren steigen. Nach einem quasi ausgeglichenen Markt in 2010/11 könnte es somit 2011/12 zu einem Angebotsüberschuss kommen, der eine Aufstockung der niedrigen Lagerbestände erlauben würde. Aktuell bleibt Baumwolle noch sehr knapp.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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