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Realzinsen und Gold (Teil 11)

05.12.2012  |  Adam Hamilton
Zu Beginn des säkularen Goldbullenmarktes sahen die Querdenker unter den Investoren den Realzins als einen der Hauptgründe für den Preisanstieg des Edelmetalls an. Vor elf Jahren, als der Goldpreis noch bei weniger als 300 Dollar lag, spotteten die Mainstream-Investoren über die Idee, es könnte jemals eine beträchtliche Nachfrage nach Gold zu Investitionszwecken geben. Aber negative Realzinssätze schaffen einen starken Anreiz für Investoren, die ihr Geld in Anleihen angelegt hatten, einen erheblichen Teil ihres Portfolios in diesen einzigartigen Vermögenswert zu investieren, damals wie heute.

In der Welt der Finanzen bedeutet "real" nichts anderes als "inflationsbereinigt". Es spiegelt die tatsächliche Kaufkraft von Kapital wider, und nicht dessen Nenn- oder Nominalwert. Und die tatsächliche Kaufkraft ist schließlich das, worauf es ankommt. Die Sparer investieren ihr hart erarbeitetes Vermögen, um ihre zukünftige Kaufkraft zu erhöhen. Sie verzichten heute auf Konsum, um den Nutzen ihres Kapitals zu erhöhen und in Zukunft mehr konsumieren zu können.

Um erfolgreich zu sein, muss ein Investor also Gewinne machen, die über der Inflationsrate liegen. Wenn die Zentralbank eines Landes das Geldangebot erhöht, steigen durch die vergrößerte Geldmenge die Preise der im Vergleich dazu relativ knappen Güter und Dienstleistungen. Diese durch die Geldmenge bedingten, allgemeinen Preisanstiege nennt man Inflation, weil dabei das Geldangebot ausgeweitet wird (von lat. inflatio - "Ausweitung"). Die Inflation senkt heimtückisch die Renditen der Investoren und verringert so deren Kaufkraft.

Für Aktieninvestoren ist die permanente Gefahr der Inflation kalkulierbar. Die jährlichen Renditen der erfolgreichen Aktien, die man wohlüberlegt gekauft hat, als ihre Kurse noch relativ niedrig standen, sind normalerweise zweistellig. Deshalb ist es nicht besonders schwer, der Inflation am Aktienmarkt immer einen Schritt voraus zu sein. Für Anleiheninvestoren ist die Inflation jedoch eine ernstzunehmende Bedrohung. Mit hohen Zinssätzen wetteifert sie geradezu darum, welche von beiden die zerstörerischsten Auswirkungen auf wachsendes Kapital hat.

Die Gründe dafür sind leicht zu verstehen: Die Anleiherenditen sind festgelegt und viel niedriger als die Renditen am Aktienmarkt. Wenn man in Anleihen investiert, die Renditen in Höhe von 5% abwerfen, das allgemeine Preisniveau aber jährlich um 3% ansteigt, vermehrt sich das Kapital jährlich nur um 2%. Erstaunlicherweise sind solch karge Gewinne für die meisten dieser Investoren akzeptabel, da sie der vermeintlichen Sicherheit dieser Anlageform mehr Wert beimessen als der Wertsteigerung ihres Kapitals. Ihre Erwartungen sind also niedrig.

Doch manchmal passiert es, dass sich die realen Renditen im negativen Bereich befinden - nämlich dann, wenn die Inflationsrate höher ist als die jährlichen Renditen. Das bedeutet, dass Investoren, die Geld in Anleihen angelegt haben, in Wirklichkeit ärmer werden! Negative reale Renditen sind nicht normal, sie entstehen nur durch zu starke Einmischung der Zentralbanken. Wenn die Zentralbanken die Zinssätze manipulieren, also den Preis des Kapitals künstlich auf zu niedrigem Niveau halten, sind negative effektive Rendite die Folge. Und die sind der Ruin der Anleiheninvestoren.

Wenn man Anleihen mit Renditen von nur 1% hält, die Inflationsrate aber 3% beträgt, schrumpft die Kaufkraft des eigenen Kapitals jährlich um 2%. Warum sollte man an diesem Punkt überhaupt noch Anleihen kaufen? Wenn eine angeblich sichere Anlageoption langsam aber sicher Kapital zerstört, ist es für den vernünftigen Investor an der Zeit, sich woanders umzusehen. Und hier kommt Gold ins Spiel. Negative reale Renditen haben schon immer zu den beeindruckendsten Bullenmärkten für das Edelmetall geführt.

In normalen Zeiten, wenn Anleihen positive effektive Renditen abwerfen, ist der wichtigste Kritikpunkt gegen Gold, dass es keine Gewinne generiert. Warum Gold kaufen und nichts verdienen, wenn man stattdessen auch Anleihen kaufen kann, die das Vermögen vergrößern? Dieses Argument verschwindet jedoch, sobald die realen Renditen negativ werden. Keine Renditen sind zweifellos besser als negative. Noch wichtiger ist aber, dass Inflation und negative Realzinssätze einen Anstieg des Goldpreises verursachen, der die Inflationsrate bei weitem übersteigt.

Inflation und negative Realzinssätze waren schon immer untrennbar miteinander verbunden. Als ich im Juli 2001 den ersten Artikel dieser Serie schrieb, leitete ich ihn mit dem Zitat eines Mitarbeiters der Fed ein: "Die Versuche der Fed, die Wirtschaft in den 1970er Jahren durch extrem niedrige Realzinssätze anzukurbeln, führte zu stetig steigenden Inflationsraten, die erst in den 1980er Jahren unter Kontrolle gebracht werden konnten - zu einem hohem Preis."

Haben Sie auch gerade ein Déjà-vu? Kommt ihnen der Versuch der Fed, die Wirtschaft mit extrem niedrigen Realzinssätzen anzukurbeln, bekannt vor? Kein Wunder - genau das passiert seit der Finanzkrise von 2008 im Übermaß! Und eine der Auswirkungen war leicht vorherzusagen: das Steigen der Goldpreise. Wenn die Fed die Sparer dafür bestraft, dass sie ihr wertvolles überschüssiges Einkommen verleihen, wechselt ein wachsender Teil von ihnen klugerweise zum Schutz bietenden Gold.

Im ersten Diagramm sind die Realzinssätze und der Kursverlauf von Gold während des letzten Jahrzehnts dargestellt, also während des säkularen Goldbullenmarktes. Die schwarze Linie ist die Grundlinie der Anleiherenditen, also der nominalen Renditen der US-Staatsanleihen (Treasuries) mit einjähriger Laufzeit. Die weiße Linie zeigt die jährlichen Änderungen des Verbraucherpreisindexes der USA, des von den meisten Menschen akzeptierten Inflationsanzeigers. Wenn man die Inflation vom Nominalzins abzieht, erhält man die blaue Linie - den Realzins.




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