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EU-Kommission spricht von Wende in der Krise - S&P übt Kritik

06.12.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.54 Uhr) bei 1.3055, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im asiatischen Handel bei 1.3046 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 82.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 107.65, während EUR-CHF bei 1.2105 oszilliert.

Man muss sich schon wundern wenn man die Gegebenheiten der letzten Wochen mal Revue passieren lässt. Die Attacken gegen den Euro konnten durch die Ankündigung der EZB zur Not Staatsanleihen der Krisenstaaten zu kaufen wirksam eingedämmt werden. Die späteren Anleiheauktionen verliefen positiv, die Risikoaufschläge der Kreditausfallversicherungen pendelten sich auf akzeptablen Levels ein. Die Nervösität an den Märkten sank drastisch. Risikoaktiva wurde wieder gesucht. Investoren fassen neuen Mut.

Die Situation rund um die Eurozone hat sich in den vergangenen Wochen summa summarum merklich entspannt. Die Situation um den Brandherd Griechenland ist unter großen politischen Kraftanstrengungen (vorerst) beordnet worden. Das Rückkaufprogramm Griechenlands überraschte positiv. Einige Reformländer wie z.B. Irland und Italien lieferten in den vergangenen Tagen neue Erfolgsmeldungen. Die Reformen, die wir in den letzten Monaten gesehen haben sind historisch einmalig und laut EU-Kommission ist der Wendepunkt in der Eurokrise bereits erreicht. Die Wettbewerbsfähigkeit wird erfolgreich wieder hergestellt …

Die Entwicklung u.a. der Zahlen der Lohnstückkosten und Haushaltsdefizite sprechen eine deutliche Sprache und sollten vor dem Hintergrund der Neuausrichtung der Reformländer honoriert werden.

Das Defizit für die Eurozone soll für das Jahr 2012 bei 3,0% und 2013 bei 2,5% liegen. Großbritannien dagegen verfehlt sein Sparziel, wird im Haushaltsjahr 2012/2013 6,9% neues Defizit aufbauen. Von Japan und den USA möchten wir an dieser Stelle gar nicht erst anfangen, denn hier liegen die Defizite weit über der Eurozone. Und das obwohl in diesen Ländern keine Reformen umgesetzt werden.

Als es in Europa brannte kam die Feuerwehr in Form der EZB. Jetzt wird ein Politikwechsel eingeleitet - weg vom schnellen Brandlöschen hin zum Aufbau neuer tragfähiger Strukturen. Die Architekten feilen gerade an einer belastbaren Lösung für die Zukunft der Eurozone. Nachdem die Eurokrise gerade mühevoll bereinigt wird und sich die Konstruktion der Eurozone als fehlerbehaftet herausgestellt hat, möchte man bei den neuen Strukturen nicht Getriebener des Marktes sein, sondern ein tragfähiges Gerüst erschaffen.

Die Meinungen in der Politik über eine Bankenunion liegen zurzeit (noch) weit auseinander. Man lobt aber die konstruktive Form der Gespräche beider Seiten und wird zu gegebener Zeit eine tragbare Lösung finden. Europa wird von Standard and Poor´s (S&P) für vermeintlich zu wenig Geschwindigkeit bei der Umsetzung fundamental wichtiger Meilensteine kritisiert.

Der unserer Meinung seriöse Umgang mit einem kranken Patienten wird unverständlicher Weise von S&P als nachlassender Reformeifer ausgelegt. Wir sind irritiert über diese Aussagen. Schließlich sind hier Lernkurven in der Politik sichtbar und positiv einzuwerten, denn Fehler der Vergangenheit sollen sich nicht wiederholen.

Ebenfalls nicht nachvollziehen können wir die Kritik an dem Anleihekaufprogramm. Alleine die Ankündigung der EZB mit ihrer unbegrenzten Feuerkraft Anleihen zu kaufen reichte aus um den Markt zu beruhigen. Ein Armdrücken mit diesem Gegenspieler traut sich niemand zu. Warum sollte die EZB zu diesem Zeitpunkt Anleihen kaufen, obwohl die letzten Auktionen positiv verlaufen sind und die Länder ihre Refinanzierungen für 2012 bereits abgeschlossen haben und sich bereits Geld für 2013 leihen, da das Umfeld gerade günstig ist.

Wir stehen der Meinung diametral gegenüber und finden, dass die aktuelle Situation wenig mit "Hängematte" zu tun hat, sondern vielmehr eine überfällige Beruhigung der nervösen Lage der letzten Monate darstellt.

Die vom Institut Markit befragten Einkaufsmanager sehen ebenfalls die Lage entspannter. Die gestern gemeldeten Zahlen für den November fielen positiv aus- die Flash Schätzungen wurden überboten. Interessanter Weise liegen die Werte für die Eurozone (46,7) und Deutschland (49,7) immer noch unter Großbritannien 50,2 obwohl es dort bereits eine solide Rezession gibt. Oder sind die Einkaufsmanager von der Insel einfach optimistischer?

Weitere Daten von gestern:

Die Einzelhandelsumsätze in der Eurozone fielen per September um 1,2%. Auch im Vormonat fielen die Umsätze um -0,6% (revidiert von -0,2). Besonders in Deutschland zeigten sich die Käufer im September wenig in Kauflaune (-2,8). Positiv überraschten die Zahlen aus Frankreich, wo die Umsätze wuchsen (+0,4). Die Ausgaben sind maßgeblich mit der Arbeitsmarktsituation in den Euro-Ländern verknüpft, die sich seit 2011 von unter 10% auf inzwischen 11,7% erhöht hat.

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Der ADP Arbeitsmarktbericht für die privat Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft stieg im November um 118.000 und blieb damit unterhalb der Erwartungen (125.000). Im Vormonat lag der Wert noch bei 158.000.

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Überraschend stieg der ISM-Index für den Teilbereich außerhalb des verarbeitenden Gewerbes auf 54,7 nach 54,2 zuvor. Damit stieg der Index in den letzten fünf Monaten vier Mal. Die Teilbereiche Neubestellungen (58,1 nach 54,8) und Geschäftstätigkeit (61,2 nach 55,4) waren besonders ausgeprägt. Übereinstimmend mit den ADP-Zahlen fiel der Wert für die Beschäftigung mit 50,3 schwächer aus als zuletzt mit 54,9.

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Die Auftragseingänge der Industrie waren im Oktober überraschend positiv ausgefallen. Ihr Wert wurde mit +0,8% für den Oktober festgestellt. Experten erwarteten einen gleichbleibenden Auftragseingang. Der Vormonat wurde auf 4,5% nach 4,8% revidiert, was jedoch immer noch den stärksten Zuwachs seit März 2011 darstellt.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2820 - 50 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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