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Ratingagenturen in ihrem asymmetrischen Element - Euro trotzdem freundlich!

25.03.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.25 Uhr) bei 1.4175, nachdem im US-Geschäft Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4220 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 81.00. In der Folge notiert EUR-JPY bei 114.80, während EUR-CHF bei 1.2885 oszilliert.

EU-Ratspräsident van Rompuy hat die Annahme des neuen EU-Stabilitätspakts verkündet. Bis Juni stehen dem EFSF 440 Mrd. Euro zur Verfügung. Die Einzahlung des Kapitals des ab 2013 folgenden ESM wird über 5 Jahre gestreckt.

Damit steht der Rahmen für die kommenden Jahre. Ein klar definierter Hilfsmodus liefert dem Markt notwendige Transparenz. Die Volumina eröffnen unseren Freunden in London und New York keine Einfallstore, die Spekulation gegen den Euro und seine Integrität kurzfristig erneut loszutreten. Die EU-Kommission wird in den gesamten Budgetprozess frühzeitig eingebunden. Dieser Schritt kann in Richtung Frühwarnsystem interpretiert werden. Sanktionsmechanismen bis zu einer geordneten Staatsinsolvenz sind Mittel einer überzeugenden Disziplinierung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hausaufgaben gemacht wurden. Die Eurozone ordnet ihr Haus gleichzeitig auf zwei Ebenen:

1. Die Defizitländer unterwerfen sich oder werden den massivsten Reformen in der Geschichte der Industrienationen seit dem 4. Quartal 2009 unterworfen. 2. Der Stabilitätspakt wird neu aufgesetzt. Dabei werden die Fehler ausgemerzt, die den ersten Pakt zu einem Papiertiger degradierten.

Der Unterschied zu den USA, aber auch Japan könnte nicht augenfälliger sein. Dort passiert schlicht weg und ergreifend nichts. Darüber hinaus war die Eurozone im Vergleich zu diesen beiden Regionen in den letzten Jahren die Region, die mit Neuverschuldungen zwischen 6,3% - 6,8% weitaus besser reüssierte als die USA (10% -12%) und Japan (9%-10%).

Diesbezüglich ist es schlicht weg und ergreifend erstaunlich, dass sich die Ratingagenturen nur auf europäische Länder in den Herabstufungen einschießen.

Mehr noch, es ist nicht ansatzweise plausibel. Hier ist eine Asymmetrie erkennbar, die einen politischen Beigeschmack forciert. Vollkommene Lethargie bei den größten Sündern wird mit einem hohen Aktionismus gegenüber der Eurozone kombiniert, obwohl die betroffenen Länder der Eurozone Reformen in markanter Form umsetzen.

Die Ratingagentur Fitch hat Portugals Staatsbonität nach der gestrigen Ablehnung des Reformpakets um zwei Stufen auf A- herabgestuft. Der Ausblick wurde auf negativ gesetzt. S&P senkte das Rating Portugals auf BBB.

In den letzten 10 Jahren waren die Ratings der obwaltenden Agenturen Nacherzählungen. Sie waren als Leuchttürme der Finanzmärkte nicht geeignet. In der Nachbetrachtung waren sie eher Strandfeuer. Aktuell bemühen sich diese Agenturen, in dieser Politik Kontinuität zu entwickeln. Wir nehmen die aktuellen Maßnahmen der obwaltenden Agenturen zur Kenntnis und sehen zwingend die Notwendigkeit für eine eigene Ratingagentur der Eurozone, die nicht privatwirtschaftlich (sondern beispielsweise über eine Stiftung) organisiert ist!

Wir freuen uns unverändert, dass China ein belastbarer Partner an der Seite Europas ist. Offensichtlich wissen die Chinesen, die Reformen besser zu würdigen, die wir umsetzen. Sie erkennen offensichtlich, dass in der Eurozone im Gegensatz zu anderen Regionen, die mit Defizitproblemen behaftet sind, Zukunftsfähigkeit geschaffen wird.

Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums Jiang Yu sagte, dass die Risiken der Staatsdefizitkrise einiger Euroländer noch nicht verschwunden seien. Das ist richtig! China hat die Bestände an europäischen Staatsanleihen erhöht, um der Region Hilfestellung zu leisten. Wer in den letzten Jahren der Krise den Spuren der Chinesen folgte, war erfolgreich. "Food for thought!"

Kommen wir zu den gestrigen Veröffentlichungen der Wirtschaftsdaten: Die "Flash-Schätzungen der Einkaufsmanagerindices der Eurozone per Berichtsmonat März lieferten ein ambivalentes Bild. Für den Bereich "Manufacturing" sank der Index von zuvor 59,0 auf 57,7 Punkte. Die Prognose lag bei 58,4 Zählern. Der Index des Sektors Dienstleistung legte von 56,8 auf 56,9 Punkte zu. Hier war die Prognose bei 56,4 Zählern angesiedelt. Beide Indikatoren signalisieren eine Fortsetzung des soliden Wachstums in der Eurozone.

Die US-Arbeitslosenerstanträge per 19. März sanken von zuvor 385.000 auf 382.000 und bestätigen damit die positive Tendenz am US-Arbeitsmarkt. Der Chart belegt, dass sich die Anzahl der Anträge in Richtung Normalität verlagert.

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Der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter per Februar enttäuschte dagegen. Es kam zu einem Rückgang um -0,9%. Erwartet war ein Anstieg um 1,1%. Die Revision des Vormonats von +3,2% auf +3,6% kann an dieser Enttäuschung auch nicht viel ändern. Gleichwohl bleibt anzumerken, dass diese Datenreihe notorisch volatil ist. So wie eine Schwalbe keinen Sommer macht, gilt es hier zunächst Nüchternheit obwalten zu lassen.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3420 - 1.3450 neutralisiert den positiven Bias des Euros.


Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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